Vor wenigen Wochen machte die Meldung die Runde, dass das IFAB (International Football Association Board) in Kürze die Einführung einer Blauen Karte im Profifußball bekannt geben würde. Auf den massiven Gegenwind folgte binnen kürzester Zeit das Dementi vom Weltverband Fifa. Dennoch ist das Thema noch längst nicht vom Tisch.

Eine Analyse
Dieser Text enthält eine Einordnung aktueller Ereignisse, in die neben Daten und Fakten auch die Einschätzungen von Daniel Kugler sowie ggf. von Expertinnen oder Experten einfließen. Informieren Sie sich über die verschiedenen journalistischen Textarten.

Wer im Fußball über die Stränge schlägt und sich nicht an die Regeln hält, wird mit einer Gelben oder Roten Karte sanktioniert. So war zumindest in den vergangenen Jahrzehnten der gewohnte Ablauf. Womöglich kommt in Zukunft jedoch auch noch eine Blaue Karte hinzu, mit der Zeitstrafen vergeben werden können.

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Wie die englische Tageszeitung "The Telegraph" vor wenigen Wochen berichtete, sei die Regeländerung von den Regelhütern des IFAB (International Football Association Board) bereits verabschiedet worden. Zunächst würde diese aber noch nicht auf höchstem Niveau zum Einsatz kommen, sondern in unteren Ligen getestet werden. Eine Verkündung der Regelrevolution stünde kurz bevor, hieß es in dem Bericht weiter, bereits im vergangenen November hätte man sich für den Schritt entschieden.

Doch dann kam alles anders. Wenige Stunden nach Veröffentlichung der Hammer-Meldung reagierte der Fußball-Weltverband Fifa und dementierte jegliche Spekulationen über die feststehende neue Regelung: "Die Fifa möchte klarstellen, dass Berichte über die sogenannte Blue Card im Spitzenfußball falsch und verfrüht sind. Solche Versuche sollten sich, sofern sie umgesetzt werden, auf Tests auf verantwortungsvolle Weise auf niedrigeren Ebenen beschränken."

Ferner verwies die Fifa darauf, diese Position auch in Zukunft bekräftigen zu wollen, "wenn dieser Tagesordnungspunkt auf der IFAB-Jahreshauptversammlung am 2. März besprochen wird."

Kritik an Einführung von blauer Karte für Zeitstrafen ist gewaltig

Vom Tisch ist die Regelung damit also nicht. Das mediale Echo auf die Ursprungsmeldung war jedoch omnipräsent und fiel größtenteils verheerend aus. Auch zahlreiche Ex-Spieler und aktuelle Trainer ließen ihrer Abneigung zur vermeintlich neuesten Änderung im Fußball freien Lauf.

"Atlético Madrid spielt dann nur mit sechs Spielern?", fragte etwa Mesut Özil, der Weltmeister von 2014, ironisch auf "X" (ehemals Twitter). "Das klingt im ersten Moment nicht nach einer fantastischen Idee", kommentierte Liverpool-Trainer Jürgen Klopp gegenüber Medienvertretern die Meldung des "Telegraph", dass der englische Verband erwägen soll, den FA Cup als "Experimentierrahmen" freiwillig zur Verfügung zu stellen. Und der 56-Jährige wurde noch deutlicher und schoss in der Folge entschieden gegen die IFAB: "Eigentlich kann ich mich nicht daran erinnern, wann die letzte fantastische Idee von diesen Jungs kam - wenn sie überhaupt je eine hatten", wurde Klopp deutlich.


Chelsea-Trainer Mauricio Pochettino gab derweil zu, dass er sich mit einer Einschätzung zur Blauen Karte "schwer" tun würde. "Im Moment haben wir nicht viele Informationen darüber. Ich denke aber, dass das noch mehr Diskussionen auslösen und für die Schiedsrichter, Spieler und Fans noch komplizierter wird", sah der Argentinier jedoch bereits mögliche neue Probleme durch die Regeländerung am Horizont aufziehen: "Im Moment ist es keine gute Idee, aber wir werden sehen, was passiert, wenn wir die Gelegenheit haben, zu sehen, wie es funktioniert."

Aber es gibt auch klare Fürsprecher für die mögliche Revolution, etwa Bundesliga-Trainer Pellegrino Matarazzo von der TSG Hoffenheim: "Ich fände es tatsächlich gut, so eine gewisse Flexibilität zu haben. Eine Gelb-Rote Karte ist sehr hart und oft entscheidend im Spiel. Auch im Anschluss eine Sperre zu haben, ist schon eine harte Strafe. (…) Aktuell habe ich eher ein gutes Gefühl dabei. Ich würde es begrüßen und werde es auch verfolgen."

Wie sähe eine Blaue Karte in der Praxis aus?

Auch wenn über eine Ausweitung der Kartenregelung und konkrete Zeitstrafen im Fußball schon lange diskutiert wird, zeigt die deutliche Positionierung zahlreicher Protagonisten deutlich: Die Fifa hat bei ihrer neuesten angestrebten Revolution offenbar vorab kaum Feedback von Beteiligten eingeholt.

Wie die Fifa aber bereits andeutete, wird das Thema auch durch den massiven Gegenwind nicht ad acta gelegt, sondern die Verkündung wohl zunächst nur auf Eis gelegt, bis die große Aufregung abgeebbt ist.

Aber wie sähe der Einsatz der Blauen Karte in der Praxis aus?

In der Ursprungsmeldung hieß es, dass damit Spieler mit einer Zeitstrafe von zehn Minuten sanktioniert werden sollen. Konkret würde die geplante Neuerung etwa dann in Kraft treten, wenn Spieler ein taktisches Foul begangen haben, um damit einen aussichtsreichen Angriff des Gegners zu verhindern.

Ein weiterer Anwendungsbereich wäre demnach, wenn sich Fußballer dem Schiedsrichter gegenüber herablassend verhalten. Ferner wurde im vorliegenden Bericht ausgeführt, dass zwei blaue Karten ebenso zu einer Roten führen würden, wie eine Blaue und eine Gelbe.

Anfang März werden die Regelhüter des IFAB nach eigener Aussage erneut über den geeigneten Testrahmen diskutieren und den idealen Zeitpunkt für die Einführung der Kartenrevolution im Profifußball eruieren.

Findet die blaue Karte in naher oder ferner Zukunft Einzug ins Fußball-Regelwerk, wäre dies die erste neue Karte im Katalog seit der Einführung von Gelb und Rot bei der Weltmeisterschaft 1970. Die Gelb-Rote Karte mit kürzerer Spielsperre wurde 1991 eingeführt.

Blaue Karte und Zeitstrafen: Diese Tests gab es bereits

Ganz ohne Erfahrungsberichte im Bereich von Zeitstrafen steht der Weltverband nicht da. Wie der "Kicker" berichtet, wurde in unteren Spielklassen vor nicht allzu langer Zeit auch in Deutschland damit experimentiert.

Demnach hätte der Bayerische Fußball-Verband (BFV) in der Saison 2022/23 im Amateurfußball bereits Zeitstrafen bei Erwachsenen zeitweise eingeführt und zog nach der Versuchsreihe ein positives Fazit.

Die Maßnahme wäre von "Vereinen, Schiedsrichtern und Spielern positiv angenommen" worden, hieß es dazu vom BFV, auch weil sie einen Rückgang an Platzverweisen und somit auch von Spielsperren nach sich gezogen hätte.

Kommt neben der Blauen Karte auch eine Regel aus dem Rugby?

Neben der Blauen Karte könnte es bald eine weitere signifikante Regeländerung im Profifußball geben.

Denn wie in der Ausführung des "Telegraph" weiterzulesen ist, soll das IFAB dazu bereits eine Neuerung abgesegnet haben, nach der nur die Spielführer beider Mannschaften mit den Schiedsrichtern über deren Entscheidungen reden dürfen.

Mit dieser Maßnahme solle das häufige Reklamieren diverser Akteure auf dem Platz mit den Unparteiischen deutlich eingeschränkt werden, wie es etwa im Rugby der Fall ist.

Verwendete Quellen:

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