Borussia Dortmund und die Düsseldorfer EG haben den Rüstungskonzern Rheinmetall als Sponsor gewonnen. Die Deals haben zu kontroversen Diskussionen geführt. Ist das Ganze moralisch verwerflich? Oder mutig und zeitgemäß? Wir haben mit einem Experten über das Thema gesprochen.
Viel falsch machen kann man eigentlich nicht. Denn ganz grundsätzlich ist ein Sponsor für einen Verein eine gute Sache. Er bringt dem Klub Geld, im Idealfall auch noch weitere Mehrwerte. Und in manchen Fällen entwickeln Geldgeber sogar Kult-Potenzial. Es kommt aber auch vor, dass sie echte Sorgenkinder werden, weil der Schuss nach hinten losgeht. Wie jetzt bei Fußball-Bundesligist Borussia Dortmund und Eishockey-Klub Düsseldorfer EG aus der DEL. Denn die beiden Vereine haben Rheinmetall als Sponsor gewonnen.
Finanziell lukrativ – beim BVB ist die Rede von 20 Millionen Euro für die kommenden drei Jahre vom neuen "Champion Partner" –, moralisch aber mindestens problematisch. Die negativen Reaktionen und die Kritik ließen nicht lange auf sich warten. Für beide Klubs gab es Schelte. Was in gewisser Weise abzusehen war. Womit sich die Frage stellt, warum diese Klubs den Deal eingehen, wenn negative Reaktionen doch im Grunde unvermeidbar sind?
Für den Medienexperten Prof. Dr. Michael Schaffrath von der Technischen Universität München ist das "ein weiterer Beleg für die komplett entfesselte Kommerzialisierung des Fußballs und 'sprengt', um im Bild zu bleiben, alle bisher vorstellbaren Vermarktungsgrenzen. Moneten statt Moral lautet die Devise, um ebenfalls komplett entfesselte Gehaltsforderungen des kickenden Personals zu befriedigen", wie er im Gespräch mit unserer Redaktion deutlich machte.
Kein Mehrwert für BVB und DEG
Obwohl die Zusammenarbeit monetär in einer anderen Liga spielt, kassierte auch die DEG für den zunächst auf ein Jahr ausgelegten Deal mit dem neuen "Premium-Partner" Kritik. "Rheinmetall ist ein traditionsreiches Unternehmen sowie einer der wichtigsten und größten Arbeitgeber der Region. Für uns ist es daher eine Selbstverständlichkeit, dass Rheinmetall den Kreis unserer Partner erweitert", begründete Harald Wirtz, Geschäftsführer der DEG Eishockey GmbH, den Schritt. Neben dem Sponsoring soll es zu gemeinsamen sozialen Projekten kommen. Wie die aussehen, muss sich noch zeigen.
Einen echten Mehrwert für Klub und Fans sieht Schaffrath neben den Einnahmen trotzdem nicht. "Welcher Mehrwert sollte das sein? Ich kann hier kein Potenzial jenseits des finanziellen Benefits erkennen. Rheinmetall bringt Dortmund und Düsseldorf Geld und beide scheinen - jenseits aller moralischen Wertvorstellungen - dieses gut oder sogar dringend gebrauchen zu können", so der Experte.
Zahlreiche Negativ-Beispiele
Es gibt aus dem Sport inzwischen zahlreiche Beispiele, dass man mit Sponsoring viel falsch machen kann. So war die Partnerschaft des FC Bayern mit Qatar Airways jahrelang ein Politikum, immer wieder gab es teils massive Proteste der Anhängerschaft, bis die Zusammenarbeit im vergangenen Jahr endete. Was zeigt: Eine Zusammenarbeit kann dauerhaft negativ belastet sein und sich dann auch negativ auf den ganzen Klub und sein Verhältnis zu den Fans auswirken. Ein Sponsoring-Abkommen zwischen Dortmund und einem Rüstungskonzern habe sogar nochmals eine ganz andere negative Qualität, so Schaffrath. "Denn der Zweck - Geld zu kassieren - sollte nicht immer jedes Mittel - Werbung für einen Panzerhersteller - heiligen. Oder anders formuliert: für mich ist das eher eine ziemlich 'unheilige' Allianz!"
Der Experte geht davon aus, dass es Rheinmetall selbst bei dem Deal weniger um das Aufpolieren des eigenen Kriegs-Image geht, sondern um die Steigerung des Bekanntheitsgrades im Ausland. Wichtiges Indiz dafür: Der Zeitpunkt der Bekanntgabe kurz vor dem Champions-League-Finale gegen Real Madrid. "Ein auf den ersten Blick cleverer Schachzug, um internationale Aufmerksamkeit zu generieren, aber auf den zweiten Blick ein ziemlich durchsichtiges Manöver", so Schaffrath.
Nun muss man dazu sagen, dass es in der Öffentlichkeit nicht nur Kritik gab, sondern auch positive Meinungen. Das Thema Krieg sei nicht zuletzt durch die jüngsten Konflikte nicht wegzudiskutieren, er gehöre zum Leben dazu und damit nun mal auch Unternehmen wie Rheinmetall, argumentieren Befürworter der Zusammenarbeit. Bei der DEG kommt hinzu, dass Rheinmetall aus Düsseldorf kommt, und Fürsprecher betonen hier, dass es im Rahmen einer Zeitenwende inzwischen normal sei, dafür zu werben, dazu noch mit einem Unternehmen aus der Stadt.
Möglicherweise mutig und zeitgemäß?
Ein Sponsoring also, das mutig und zeitgemäß ist? Hier scheiden sich die Geister. Natürlich leiste Rheinmetall einen wichtigen Beitrag zur Verteidigungsfähigkeit der Ukraine im Krieg gegen Russland, so Schaffrath, "was möglicherweise auch unserer nationalen Sicherheit dient, wie manche Politiker immer wieder behaupten. Aber diesen verheerenden Angriffskrieg dazu zu nutzen, um über den Sport den Rüstungsgeschäften und Waffenlieferungen eine breite nationale sowie internationale Akzeptanz zu verschaffen, konterkariert aus meiner Sicht zentrale Grundwerte des Sports, der sich doch für Frieden und Völkerverständigung einsetzen sollte". Ein Krieg solle gar nicht erst zum Normalfall werden, betont Schaffrath: "Und gleichzeitig möchte ich mich nicht an Werbung für Panzer und Artilleriegeschosse beim Fußball gewöhnen."
Beim BVB sieht man das wenig überraschend etwas anders. BVB-Chef Hans-Joachim Watzke wies zur Verteidigung der umstrittenen Partnerschaft darauf hin, dass Sicherheit und Verteidigung Eckpfeiler der Demokratie seien. "Deshalb halten wir es für die richtige Entscheidung, uns sehr intensiv damit zu beschäftigen, wie wir diese Eckpfeiler schützen." Man freue sich auf die Zusammenarbeit und öffne sich "als Borussia Dortmund ganz bewusst für einen Diskurs".
Experte: Watzke liegt falsch
Damit liege Watzke falsch, betont der Experte. "Welchen Diskurs will Watzke denn angestoßen sehen? Der Sport im Allgemeinen und der Fußball im Speziellen können sich aufgrund ihrer gesellschaftlichen Bedeutung nicht aus politischen Themen heraushalten und müssen Position beziehen. Das Friedenszeichen in jedem Anstoßkreis der Bundesliga-Stadien ist ein solches politisches Statement", so Schaffrath. Doch die künftige Bandenwerbung für einen Panzer-Hersteller im Dortmunder Stadion passe nicht dazu und widerspreche dem sogar massiv, so Schaffrath. Wie auch der eigene Grundwertekodex des Klubs, in dem man sich unter anderem gegen Gewalt positioniert.
Gladbach lehnte wohl ab
Kann man den jüngsten Medienberichten glauben, gibt es aber einen Klub, der es anders macht. Fußball-Bundesligist Borussia Mönchengladbach hat demnach angeblich ein Angebot von Rheinmetall als Trikotsponsor abgelehnt. "Aus Überzeugung", wie es heißt. Sollte das stimmen, so Schaffrath, "verdient das meinen größten Respekt, weil dieser in der vergangenen Saison lange Zeit abstiegsbedrohte Verein viel dringender Einnahmen generieren muss als die gleichnamige Borussia aus Dortmund, und trotzdem nicht jedem Sponsor Tür und Tor öffnet", sagt der Experte.
Zehn Millionen Euro habe Rheinmetall den Gladbachern geboten, heißt es. Man muss dazu wissen: Gladbach hat mit "Reuter" einen anderen Sponsor gefunden. Ein Online-Händler für Badprodukte, der erfolgsabhängig rund elf Millionen Euro pro Jahr zahlt. Und aus Mönchengladbach kommt.
Über den Gesprächspartner
- Prof. Dr. Michael Schaffrath leitet den Arbeitsbereich für Medien und Kommunikation am Department Health and Sport Sciences der Technischen Universität München. Die Forschungsschwerpunkte des Kommunikationswissenschaftlers sind Sportjournalismus, Sport-PR, Sport im Radio, Sportkommentierung im Fernsehen sowie Journalismus und Doping.
Verwendete Quellen
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