Der HSV ist abgestiegen und das ist irgendwie blöd, Stefan Kießling ist der lebendig gewordene Coitus interruptus und die Bayern sind die ärmsten Schweine überhaupt. Zum letzten Mal in dieser Saison: unsere (wie immer nicht ganz ernst gemeinten) Lehren des Spieltags.

Eine Glosse

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1. Lehre: Irgendwie doch doof mit dem HSV

Na gut, wir geben es zu. Die Autorin dieses Textes hat vor dem 32. Spieltag gedroht, dem Fußball den Rücken zu kehren und sich dem Ratgeber-Journalismus zu verschreiben, sollte es dem Hamburger SV erneut gelingen, die Klasse zu halten. Und eventuell war diese Aussage auch noch garniert mit einigen nicht ganz jugendfreien Kraftausdrücken.

Aber mal ganz ehrlich und ohne jede Bundesliga-Romantik: So, wie der HSV in den vergangenen Jahren herumgeduselt hat, wie unfassbar schlecht diese Mannschaft teilweise aufgetreten ist, wie schmierenkomödienartig das ganze Drumherum oft war - dieser Verein ist zurecht abgestiegen.

Aber trotzdem: Irgendwie will sich keine Genugtuung einstellen, kein Endlich-sind-sie-weg-Gefühl.

Wir sind mal ganz tief in uns gegangen und haben gleich mehrere Gründe für unseren Zwiespalt feststellen können.

Erstens: Wir sind Gewohnheitstiere. Eine Bundesliga ohne den HSV gab es noch nie. Das ist ein bisschen so, als würde man Frodo aus Herr der Ringe streichen. Der nervt zwar genau wie der HSV gewaltig, aber ohne ihn geht halt auch nichts.

Zweitens: Die Fans. Wir blenden an dieser Stelle bewusst die 150 Volltrottel aus, die so gerne Rauchzeichen senden, dass sie ernsthafte Karrieren als Indianerhäuptlinge in Erwägung ziehen sollten.

Stattdessen denken wir an tausende Anhänger, die die Mannschaft schon auf dem Weg ins Stadion feierten, die das letzte Training vor dem 34. Spieltag besuchten und der Mannschaft gut zuredeten.

Und die, als der Abstieg feststand, die Spieler beklatschten anstatt sie auszubuhen. Wir werden euch vermissen!

Drittens: Dann irgendwie doch lieber Wolfsburg. Eigentlich möchten wir nur ungern mit der Mode gehen und auf den VfL Wolfsburg eindreschen, aber in diesem Fall hätten wir im Nachhinein nicht unbedingt etwas dagegen gehabt, wenn es den VfL mit dem direkten Abstieg erwischt hätte. Klingt fies, aber Tradition schlägt immer noch vieles (siehe dazu auch Grund eins und zwei).

2. Lehre: So feiern nur die Bayern

Der FC Bayern ist ganz arm dran. Seitdem sie als Deutscher Meister feststehen, haben sie eigentlich keinen Spaß mehr.

Aus der Champions League sind sie ausgeschieden, der DFB-Pokal ist zwar nett, aber so ein Finaleinzug reißt in München auch niemanden mehr von den Sitzen und die Meisterschaft darf erst am letzten Spieltag gefeiert werden.

Die frühe Meisterschaft ist ein Fluch, denn eigentlich können die Bayern im Anschluss nur noch verlieren. Das hat sich auch am Wochenende wieder gezeigt.

Das letzte Liga-Spiel der Saison geht mit 1:4 gegen den VfB Stuttgart in die Binsen, danach wird die Schale überreicht und ganz Deutschland regt sich darüber auf, dass die Meisterfeiern des FCB jedes Jahr noch langweiliger werden.

Dabei ist es doch nur menschlich, dass man auch die unbändigste Freude über das Erreichen eines großen Ziels maximal ein paar Tage, jedoch sicher nicht über Wochen hinweg konservieren kann.

Daran ändern auch das Überreichen einer übergroßen Salatschüssel, etwas Konfetti und ein paar verschüttete Biere nichts. Letztere sind - seien wir mal ehrlich - sogar eher ein weiteres Ärgernis als Grund zur Freude.

Aber es kommt noch schlimmer für den bemitleidenswerten Deutschen Meister: Aufgrund des Pokalfinals dürfen die Bayern erst am 20. Mai mit ihren Fans feiern.

Und sollte der FCB in Berlin gegen Eintracht Frankfurt verlieren, man will sich gar nicht vorstellen, wie fad die Meisterfeier dann erst ausfällt ...

3. Lehre: Und Kießling bleibt der ewig Unvollendete

Stefan Kießling ist der lebendig gewordene Coitus interruptus. Und das meinen wir wirklich nicht despektierlich, dafür respektieren wir Kießling und alles, was er in seiner Karriere erreicht hat, viel zu sehr.

Aber es ist schon wirklich ein bisschen traurig, dass "Kieß" in Sachen Titel nie zum Schuss gekommen ist.

Er wurde mit Leverkusen Vize-Meister und Vize-Pokalsieger. Als die Nationalmannschaft 2014 die Weltmeisterschaft holte, war Kießling nicht im Kader, weil Jogi Löw irgendwie nie so richtig warm werden wollte mit ihm.

Und dass obwohl der Leverkusener über Jahre zu den besten und konstantesten deutschen Stürmern gehörte.

Nun hat er mit dem Spiel gegen Hannover 96 seinen Abschied gefeiert und was sollen wir sagen: Es war schön, es war emotional, aber es hätte besser laufen können.

Denn einmal mehr wurde Kießling heiß gemacht und kam dann nicht zum Schuss, genauer gesagt zum Elfmeterschuss.

Der wurde nämlich drei Sekunden nach Kießlings Einwechslung und nachdem der sich schon mit "den dicksten Eiern" (Zitat Kießling in der "Sportschau") darauf vorbereitet hatte, den Strafstoß zu schießen, zurückgenommen. Danke, Videobeweis. (Dass die Entscheidung, den Elfmeter zurückzunehmen, korrekt war, möchten wir an dieser Stelle gerne ignorieren.)

Ach ja, und am Ende verpasste Leverkusen auch noch die Qualifikation für die Champions League. Aber Kießling kann das ja fast ein bisschen wurscht sein.

4. Lehre: Der BVB hat mehr Baustellen als der BER

Borussia Dortmund ist für die Champions League qualifiziert. Das ist doch prima. Denn sind wir mal ehrlich, nach einer solchen Saison hätte sich der BVB auch über einen Platz im Mittelfeld der Tabelle nicht wundern dürfen.

Nach der finalen 1:3-Niederlage bei der TSG 1899 Hoffenheim am letzten Spieltag fasste Nuri Sahin noch einmal die Liste der BVB-Problematiken für alle zusammen, die die vergangenen Monate unter einem Stein gehaust hatten:

"Trainerwechsel vor der Saison, Trainerwechsel in der Saison, ein streikender Spieler vor der Saison, der für uns sehr wichtig war, dann noch ein Spieler, der unbedingt wegwollte und uns mit seiner Qualität geholfen hätte. Es gab viele Probleme am Anfang der Saison auch in der Kabine. Vor allem disziplinarischer Natur", zitiert ihn der "Kicker".

Kurz gefasst: Bei derart vielen Baustellen könnte sich der BVB auch gleich in BER umbenennen. Und was hilft da? Alles einstampfen und neu aufbauen. Also beim Flughafen zumindest.

In Dortmund reicht es vielleicht auch schon, wenn sich alle Beteiligten mal eine Pause gönnen, tief ins sich gehen und dann mit neuen Erkenntnissen und frischem Mut in die neue Saison starten. Mit einem neuen Trainer, der dieses Mal vielleicht nicht Peter heißt.

5. Lehre: Das braucht doch keiner

Eigentlich sollte die vierte Erkenntnis lauten "Schön war's trotzdem" und sich mit den sicherlich mannigfaltigen Highlights der vergangenen Saison auseinandersetzen.

Beim Darübernachdenken, vermutlich unterstützt durch akuten Schlafmangel, konnte sich die Autorin allerdings an sehr viel weniger Hochlichter erinnern, als dass Ärgernisse vor ihrem inneren Auge aufflackerten.

Daher hier eine unvollständige Liste von Dingen und Vorkommnissen, auf die wir in der nächsten Saison gerne verzichten würden:

  • Manuel Neuer verletzt sich
  • Videobeweis, so wie er jetzt ist
  • Peter Bosz beim BVB
  • Peter Stöger beim BVB
  • Peter Neururer beim BVB (ist noch nicht passiert, wir wollen aber schon mal vorbauen)
  • Irgendein Peter beim BVB
  • Taktisch hochwertiges Ballgeschiebe statt aufregenden Offensivfußballs
  • Blamagen auf europäischer Bühne
  • Spielermobbing
  • Gelb-Rote Karten an Spieler, die gar nicht hinschauen
  • Der FC Bayern wird vor dem 34. Spieltag Meister (siehe auch 2. Lehre)
  • Streikende, wechsel-erzwingende Spieler (boah, ey!)
  • FC Bayern auf Trainersuche (viel nerviger wird's nicht mehr)
  • Jupp Heynckes als Bayern-Trainer (nur zu seinem Besten)
  • ... und so weiter

Aber hey, schön war's trotzdem!

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