Er ist erst 19 Jahre alt, spielt bei der TSG Hoffenheim und soll ab der kommenden Saison beim FC Bayern München durchstarten. Tom Bischof bringt alle Voraussetzungen für eine große Karriere mit. Und dennoch gibt es Zweifel, ob der Schritt nach München zum richtigen Zeitpunkt kommt.

Eine Analyse
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Hat der FC Bayern München mit Tom Bischof den deutschen Top-Spieler der Zukunft verpflichtet? Die Vereinsführung scheint davon überzeugt zu sein.

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"Er ist ein außergewöhnlicher Spieler, der ein unfassbar großes Potenzial besitzt. Er hat einen sehr starken linken Fuß, super Standards, super Passspiel", sagt Sport-Vorstand Max Eberl. Bischof werde sich "ab Sommer der Konkurrenzsituation im Kader beim FC Bayern stellen. Er ist ein Spieler, der definitiv Potenzial besitzt, uns in Spielen zu helfen."

Das heißt also: Bischof, der einen Vertrag bis zum Sommer 2029 unterzeichnete, soll eine Sofortverstärkung sein. Eine Ausleihe, sodass er bei einem anderen Verein Spielpraxis sammeln kann, ist nicht geplant.

Sportdirektor Christoph Freund bezeichnet ihn als "eines der größten deutschen Talente." Er weiß aber auch: "Es ist natürlich trotzdem ein großer Schritt für ihn von Hoffenheim zu Bayern München. Aber ich glaube, er wird sehr, sehr schnell adaptieren und dann Schritt für Schritt ein Bayern-München-Spieler werden."

Der jüngste Bundesligaspieler der TSG Hoffenheim

Trotz seines jungen Alters hat Bischof bereits 53 Pflichtspiele (2 Tore, 5 Vorlagen) für die TSG absolviert. Mit seinen 16 Jahre und 263 Tagen war er einst der jüngste Bundesliga-Debütant von Hoffenheim. Agierte er in der Jugend vorwiegend als offensiver Mittelfeldspieler, so wird er bei den Profis meist etwas defensiver als zentraler Mittelfeldspieler eingesetzt.

"Wir haben gemeinsam entschieden, dass es aktuell die beste Position für mich ist. Ich sammele viele Ballkontakte, habe das Spiel vor mir und bin ständig eingebunden. Genau das ist es, was mir Spaß macht", sagte er kürzlich in einem Interview auf der Vereins-Webseite der TSG Hoffenheim.

Der 1,76 Meter große Profi musste sein Spiel dadurch umstellen: "Als ich noch offensiver agiert habe, war immer noch jemand hinter mir. Nun achte ich noch mehr darauf, ob wir genug Spieler hinter dem Ball haben und ob die Gegner gedeckt sind. Und natürlich habe ich auch an meiner Zweikampfhärte und Aggressivität gearbeitet. Da musste ich noch etwas draufpacken, aber bislang läuft es ganz gut."

Bischof gilt schon länger als Ausnahme-Talent. Von der U16 bis zur U20 kam er in allen deutschen Junioren-Nationalmannschaften zum Einsatz. Im vergangenen Jahr wurde er als größtes deutsches Talent im U19-Bereich mit der Fritz-Walter-Medaille ausgezeichnet. Damit trat er in die Fußstapfen von Spielern wie Florian Wirtz oder Kai Havertz, die diese Auszeichnung früher gewannen.

Bayern war für einige Talente ein Karriere-Knick

Klar ist aber auch: Nicht jedem Top-Talent tut ein Wechsel zum FC Bayern gut. Die Fritz-Walter-Medaille in Gold gewann im Jahre 2017 zum Beispiel auch Fiete Arp, der später zum FC Bayern wechselte, dort allerdings bei den Profis in keinem einzigen Pflichtspiel zum Einsatz kam. Heute ist er Ersatzspieler bei Holstein Kiel. Auch für andere Spieler wie Sinan Kurt, der heute in der 6. Liga spielt, und Michael Cuisance, der aktuell in der 2. Liga für Hertha BSC aktiv ist, erwies sich der frühe Wechsel zum FC Bayern als Karriere-Knick.

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Der Sky-Experte Erik Meijer hat daher Zweifel an dem Bischof-Transfer. "Er ist ein sehr guter Spieler und bringt alles mit, was man als junger Spieler haben muss. Er hat auch den Vorteil, ein Linksfuß zu sein", sagte er zwar im Interview mit unserer Redaktion. "Was man allerdings nicht kaufen kann, ist Erfahrung. Er muss spielen. Und ich bin mir nicht sicher, ob er die Spielzeit direkt bei Bayern München bekommen wird. Die Konkurrenz auf seiner Position im Mittelfeld ist sehr stark."

Sollte Joshua Kimmich seinen Vertrag in München verlängern, ist er in der Zentrale gesetzt. Für die Position daneben gibt es mit Aleksandar Pavlović, dem aufstrebenden Leon Goretzka, Sommer-Neuzugang João Palhinha und "Pressing-Maschine" Konrad Laimer bereits mehrere Alternativen.

Bischof ist nicht der typische Einwechselspieler

Immerhin: Bischof ist positionstechnisch flexibel einsetzbar und wurde in Hoffenheim teilweise auch auf dem rechten Flügel eingesetzt. Doch dort ist die Konkurrenzsituation beim FC Bayern nicht minder schwer. Es ist wohl davon auszugehen, dass Bischof zunächst nur als Einwechselspieler zum Einsatz kommen wird.

Das Problem ist allerdings: Bischof tut sich schwer, wenn er nicht von Anfang an auf dem Spielfeld steht. Er selber sieht sich "nicht als klassischen Einwechselspieler. Ich brauche etwas mehr Zeit, um reinzufinden, um meine Aktionen zu haben und zu zeigen: Ich kann dem Team helfen."

Ein Hoffnungsschimmer für Bischof könnte die Klub-Weltmeisterschaft der FIFA sein, die im Sommer erstmals ausgetragen wird. Für den FC Bayern ist das Turnier gleichbedeutend mit einer großen Belastung, weil die Spieler zu diesem Zeitpunkt bereits viele Spiele in den Knochen haben. Laut einem Bericht der "Sport Bild" soll Bischof dort seine Einsätze bekommen und die Breite im Kader verstärken.

Professioneller Lebensstil mit Mentaltrainer

Als Persönlichkeit durchlief Bischof bereits einen Prozess. "Ich glaube, dass ich allgemein trotz meiner erst 19 Jahre schon ein reifer, selbstbewusster Spieler und auch Mensch bin." Bischof sei selbstbewusster geworden, sagte er über sich selber. "Ich gehe nun auf den Platz und sage zu mir selbst: 'Ich kann das, ich bin gut genug.' Meine Kreativität kann der Mannschaft helfen."

Überhaupt ist Bischof ein Jungprofi, der sein Lebensstil sehr auf den Sport ausgerichtet hat. Anfang des vergangenen Jahres begann er, mit einem Mentaltrainer zusammenzuarbeiten. "Das läuft sehr gut und hilft mir im Alltag", sagte er. Auch die Regeneration, die gerade bei einem Verein mit hoher Spielbelastung wichtig ist, habe er optimiert.

Der Wechsel nach München wird für Bischof der erste richtige Vereinswechsel sein. Seitdem er zehn Jahre alt ist, spielt er bereits für die TSG Hoffenheim. Dennoch hat er gute Voraussetzungen, um auch privat ein neues Kapitel zu beginnen. Das Elternhaus hat er ohnehin bereits verlassen. Dennoch pflegt er weiterhin einen sehr engen Draht zu seinen Eltern, die ihn unterstützen.

"Wir telefonieren täglich und meine Mutter kommt zum Ende der Woche auch immer in meine Wohnung und hilft mir beim Haushalt", erzählte Bischof. Sinsheim und München sind rund dreieinhalb Autostunden voneinander entfernt, sodass die gute Verbindung zum Elternhaus beibehalten werden dürfte.

Doch entscheidend ist, wie gut es für ihn sportlich läuft. Und das lässt sich kaum vorhersagen.

Verwendete Quellen

Jamal Musiala lacht über Social-Media-Experten

Jamal Musiala kann über die falschen Wahrheiten in den Sozialen Medien nur lachen. Die Gespräche über einen neuen Vertrag beim FC Bayern laufen gut, sagt der Ballkünstler vor dem Champions-League-Spiel bei Feyenoord Rotterdam.
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