Der FC Bayern München kassierte mit dem 1:2 beim 1. FSV Mainz 05 die erste Niederlage der Bundesliga-Saison. Nach dem Spiel sprach Joshua Kimmich unter anderem mit unserer Redaktion über die Gründe für das verlorene Spiel.
Herr
Joshua Kimmich: Es gab viele Faktoren. Mainz hat einen guten Kampf abgeliefert. Sie haben viele Bälle scharf gemacht, haben das Spiel sehr, sehr physisch gemacht. Sie haben auch viel lamentiert (sich beklagt, Anm.d.Red.) und viele Freistöße, Ecken und Einwürfe rausgeholt. Sie haben immer wieder versucht, das Spiel in unsere Hälfte zu verlagern. Sie haben lange Bälle gespielt, um in die Zweikämpfe zu kommen.
Und wir haben es nicht geschafft – vor allem in der 1. Halbzeit – das Spiel zu beruhigen, die Emotionen rauszunehmen und die Kontrolle zu übernehmen. Zudem waren sie sehr, sehr effizient. Natürlich hat Mainz das Spiel mit vielen Emotionen gepusht. Sie gingen in Führung, und dann lief es gut für sie.
Joshua Kimmich: "Dann werden wir besser sein als solche Mannschaften"
War vielleicht auch die Müdigkeit nach den vielen Spielen in den vergangenen Wochen ein Faktor?
Nö, eigentlich gar nicht. Ich habe nicht das Gefühl, dass wir irgendwie müde sind. Wichtig ist für uns natürlich, dass wir die Stärken des Gegners matchen. Wenn der Gegner physisch spielt, dann müssen wir es auch schaffen, physisch zu spielen. Die Stärken, die der Gegner auf den Platz bringt, müssen wir egalisieren, indem wir dagegenhalten und das auch zu unserer Stärke machen. Dann werden wir besser sein als solche Mannschaften. Aber Mainz hat das heute gut gemacht. Und wir haben es nicht geschafft, uns Chancen herauszuarbeiten.
Was genau war der Grund dafür? Denn eigentlich ist Ihre Mannschaft ja dazu in der Lage. Und dass Mainz physisch spielt, ist keine Überraschung…
Wir haben es nicht geschafft, die Emotionen rauszunehmen. Wir haben es nicht geschafft, das Spiel zu kontrollieren. Wir hatten keinen so guten Ballbesitz und haben immer wieder den einen oder anderen Fehler gemacht. In der 1. Halbzeit haben wir es auch nicht hinbekommen, die Bälle sauber zu klären. Dadurch ist Mainz drangeblieben. Sie kamen immer wieder in die Duelle, konnten immer wieder einen Ball scharf machen, einen langen Ball spielen, zu Boden gehen, einen Freistoß ziehen – dadurch hat viel in unserer Box (im Strafraum, Anm.d.Red.) stattgefunden. Und wir haben es nicht geschafft, das Spiel in die gegnerische Hälfte zu verlagern.
Kimmich: "Wir sehen schon, dass wir vier Niederlagen haben"
Die Fans haben Sie nach dem Spiel trotzdem aufgebaut. Zudem bleiben Sie Tabellenführer der Bundesliga. Ist also trotz der Niederlage schlussendlich alles gut?
Nö, wir sehen schon, dass wir jetzt vier Niederlagen haben - zwei in der Champions League, im Pokal sind wir raus, und jetzt die Niederlage in der Bundesliga. Es ist ein gefährlicher Moment, aber auch ein entscheidender Moment, dass wir jetzt als Mannschaft zusammenstehen und weiter hart arbeiten. Wir merken, dass wir nichts geschenkt bekommen. Wir haben bislang noch keine Punkte glücklich geholt. Ich bin nie vom Platz gegangen und habe gedacht: "Boah, heute hatten wir Dusel." Dementsprechend muss uns weiter bewusst sein, dass wir uns alles erarbeiten müssen. Wir kriegen keinen Sieg geschenkt.
Wie wichtig wäre es, dass vor dem Spiel am Freitagabend gegen RB Leipzig der eine oder andere Verletzte zurückkehrt?
Generell merkt man, dass wir einen sehr guten Kader haben - auch in der Breite. Natürlich haben wir sehr viele Verletzte. Trotzdem hat man das Gefühl, dass eine sehr, sehr gute Mannschaft auf dem Platz steht. Natürlich tut es uns gut, wenn noch jemand von der Bank kommen kann. Aber das war nicht die Ursache, wieso wir verloren haben. Es waren die Gründe, die ich gerade genannt habe.
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Kimmich: "Uns hat die Klarheit gefehlt"
Die komplette Defensive des FC Bayern sah bei beiden Gegentoren nicht gut aus. Fehlte ein bisschen die Ordnung?
Ja, uns hat die Klarheit gefehlt, um diese Situationen zu entschärfen. Wir müssen es schaffen, diese Situationen klarer zu klären und dann wieder in Ballbesitz zu kommen. Es war oft so, dass wir nicht sauber geklärt haben. Dann kam der nächste Ball rein. So war es auch beim ersten Gegentor. Der Ball wurde immer wieder scharf gespielt. Als Stürmer kann man in solchen Situationen spekulieren, als Verteidiger hingegen kann man nur noch reagieren. Dadurch kann natürlich immer ein Gegentor passieren.
Auffällig war, dass auch Ihre Mannschaft vielfach lange Bälle gespielt hat…
Ja, aber die langen Bälle sind auch eine Lösung von uns. Wenn der Gegner Mann gegen Mann presst (den ballführenden Spieler unter Druck setzt, Anm.d.Red.), ist es nicht immer so einfach, hinten heraus zu kombinieren. Daher kann es eine Lösung sein, einen längeren Ball zu spielen. Dadurch kann man 50 oder 60 Meter überbrücken. Wenn man dann den Zweikampf gewinnt, steht man 60 Meter weiter vorne. Das hat Mainz ebenfalls gemacht. Auch für uns ist der lange Ball wichtig, um nicht zu leicht ausrechenbar zu sein.
Sie sagen, dass dies ein gefährlicher Moment ist. Sind Sie nun jemand, der gerade auch die jungen Spieler dafür sensibilisiert?
Es wird schon wichtig sein, dass wir jetzt das letzte Spiel gewinnen. Jeder muss in dieser Woche dafür sorgen, dass er auf einem absoluten Top-Level am Freitag ist. Dann muss RB Leipzig gegen ein sehr starkes Bayern antreten.
Über den Gesprächspartner
- Joshua Kimmich (Jahrgang 1995) entsprang der Nachwuchsabteilung des VfB Stuttgart, spielte daraufhin von 2013 bis 2015 für RB Leipzig und wechselte anschließend zum FC Bayern München. Er gewann bislang 8-Mal die Deutsche Meisterschaft, 3-Mal den DFB-Pokal und einmal die Champions League. Seit September 2024 ist er Kapitän der Deutschen Nationalmannschaft.
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