Keine Tore, viel Frust: Leroy Sane bleibt seit Monaten unter seinen Möglichkeiten. Nachdem die anfängliche Zeit unter Trainer Thomas Tuchel erfolgreich verlaufen ist, scheint die Rote Karte bei der Nationalmannschaft ein Knackpunkt gewesen zu sein.
Es war ein ungewohntes Bild: Als am Samstag im Spiel zwischen dem SV Darmstadt 98 und dem FC Bayern München Halbzeit war, befand sich Leroy Sane nicht in der Kabine. Obwohl der Offensivspieler in der Startelf stand, machte er gemeinsam mit einem Assistenztrainer Übungen mit dem Ball und einige Sprints. Dies weckte den Eindruck: Hier kämpft jemand gegen seine Formkrise an.
Tatsächlich aber steckte noch etwas Anderes dahinter. "Er wollte warm bleiben, denn er spielt mit seinen ganzen Wehwehchen", erklärte Trainer
Trotz aller Bemühungen:
Lange Durststrecke: Kein Treffer seit 22 Pflichtspielen
Sane hatte dieses Glücksgefühl schon lange nicht mehr. Seit 22 Pflichtspielen gelang ihm kein Tor mehr. In den vorherigen 14 Pflichtspielen hatte er neun Tore geschossen und befand sich in einer herausragenden Form.
Ein Knackpunkt scheint seine Rote Karte bei der deutschen Nationalmannschaft im November gewesen zu sein, als er bei der 0:2-Niederlage gegen Österreich eine Tätlichkeit beging. "Die Rote Karte hat mich sehr geärgert, weil sie unnötig war", sagte er später in einem Interview mit der "Sport Bild".
Tuchel stellte bereits im Dezember fest, dass dieser Vorfall Spuren hinterlassen hat, und sagte damals: "Er war nach dieser Länderspielpause vielleicht nicht mehr so spektakulär, wie er begonnen hat." Erschwerend kam hinzu, dass Sane für drei Länderspiele gesperrt wurde. Dadurch fehlt der 28-Jährige auch bei den bevorstehenden Länderspielen der deutschen Nationalmannschaft gegen Frankreich und der Niederlande.
Die Rote Karte kam "durch Frust zustande"
Es mag Spieler geben, denen eine kurze Pause guttut, um danach wieder zur alten Form zurückzufinden. Tuchel bezweifelt allerdings, dass dies auf Sane zutrifft: "Wir sind natürlich nicht glücklich, wenn Leroy eine Rote Karte kriegt, die damals durch Frust zustande kam. Mir ist es eigentlich immer am liebsten, er spielt und spielt und spielt. Ich bin überzeugt davon, dass ihm das am meisten hilft."
Der Trainer kann selbst schwer einschätzen, welchen Einfluss Pausen auf Sane haben: "Normalerweise will er keine haben, nimmt sich auch keine und spielt trotz Schmerzen – wie in den letzten Wochen. Deshalb müssen wir das gut für ihn überbrücken. Er wird hier sein und ein bisschen mit uns trainieren. Er hat die Gelegenheit, seine vielen Wehwehchen ausklingen und sich behandeln zu lassen. Wir werden ein gutes Programm für ihn finden, sodass er gegen Dortmund (in der Bundesliga am 30. März, Anm.d.Red.) nachlegen kann."
Vertrag endet 2025 – Zukunft ungewiss
Sane befindet sich in einer entscheidenden Phase seiner Karriere. Sein Vertrag beim FC Bayern endet im Sommer 2025, die Zukunft des deutschen Nationalspielers ist noch ungewiss. Bislang lässt sich seine Zeit in München mit einem Wort beschreiben: schwankend.
Im Sommer 2020 wechselte er für eine Ablöse von rund 49 Millionen Euro vom englischen Top-Verein Manchester City nach München. Seitdem gelangen ihm im Trikot des FC Bayern in 169 Pflichtspielen 47 Tore und 49 Assists, grundsätzlich eine beachtliche Ausbeute.
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Tatsache ist aber auch, dass er über all die Jahre nie konstant war. Die guten Phasen, in denen er auf Weltklasse-Niveau agierte und seine Schnelligkeit sowie seine starke Technik zur Geltung brachte, wechselten sich immer wieder mit schlechten Phasen ab, in denen ihm nichts gelang und er vorwiegend durch negative Körpersprache auffiel.
Der frühere Bayern-Trainer und heutige Bundestrainer Julian Nagelsmann bekam dieses Problem nie in den Griff und schien teilweise selbst ratlos zu sein. Unter Tuchel wirkte es anfangs so, als würde Sane zur Konstanz finden. Die vergangenen Monate machten diese Hoffnung aber zunichte.
Sane weiß: "Wichtig ist, nicht zu verkrampfen"
Ende des vergangenen Jahres erklärte Sane im Interview mit der Online-Redaktion des FC Bayern, was in solchen Phasen in ihm vorgeht. "Man will in kritischen Phasen dann ja immer umso mehr, dass es klappt und man gewinnt. Wichtig ist, dabei nicht zu verkrampfen, sonst kommt es zur gegenteiligen Reaktion: Man setzt sich selbst zu sehr unter Druck und es funktioniert nur noch wenig", erzählte der Flügelspieler.
"Das wird dann öffentlich auch manchmal falsch interpretiert – plötzlich heißt es, die Jungs geben nicht alles, sind nicht konzentriert und so weiter. Aber der Fehlpass unterläuft einem ja eher, wenn man zu verkrampft ist, es zu sehr unbedingt richtig machen will."
Es scheint so, als würde er sich gerade in einer solchen Situation befinden.
Verwendete Quellen
- Sport Bild (50/2023): Sane: "Ich höre sehr genau zu, wenn Uli Hoeneß etwas sagt"
- fcbayern.com: Leroy Sane: "Es ist immer noch Speicherplatz frei"
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