Manchmal muss man sich doch etwas verwundert die Augen reiben. Da gibt es eine durchaus realistische Chance, dass der FC Bayern seinen Top-Stürmer Robert Lewandowski spätestens im Sommer 2023 verliert – und die Reaktion, selbst unter vielen Bayern-Fans? Allgemeines Schulterzucken. "Reisende soll man nicht aufhalten, kommt halt ein anderer" – das ist der allgemeine Tenor.

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Es scheint als haben die - immer sehr vagen - Gerüchte um eine mögliche Verpflichtung von Erling Haaland hier ein wenig den Blick auf die Realität vernebelt. Die Chance, dass der FC Bayern einen Haaland-Transfer stemmen kann, ist minimal. Zwar sind die wahren Gehaltsforderungen des norwegischen Superstars nicht bekannt, doch alles, was in den vergangenen Monaten durchgesickert ist an Mondpreisen, ist mit einer gesunden Gehaltsstruktur im Kader und dem angestrebten Verzicht auf finanzielle Abenteuer nicht zu vereinbaren.

Selbst wenn man für Lewandowski im Sommer noch eine Ablöse kassieren sollte, ändert das nicht viel. Haaland kommt so schnell nicht durch die Tür am Trainingsgelände an der Säbener Straße. Damit muss man sich wohl langsam abfinden.

Natürlich ist Lewandowski bald 34 Jahre alt. Besser wird er mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht mehr. Schon in dieser Saison ist, wenn man ganz ehrlich ist, sein Einfluss gerade als mitspielender und ausweichender Stürmer ein kleines Stück gesunken. Tendenziell wird die Leistungskurve weiter langsam Richtung Süden zeigen. Selbst ein physisch so starker Spieler wie der polnische Nationalspieler wird mit 36 oder 37 wohl nicht mehr zu den besten drei Spielern der Welt gehören. Aber vielleicht zu den besten zehn oder 15. Und allein das ist unheimlich viel wert.

Haller ist für den FC Bayern keine gleichwertige Alternative

Denn realistische Alternativen, die aktuell für den FC Bayern infrage kommen, spielen nicht in dieser Liga. Amsterdams Sebastien Haller (27) ist in dieser Woche öffentlich diskutiert worden. Die "Bild"-Zeitung berichtete, der FC Bayern habe sein Interesse hinterlegt.

Haller ist ein guter Stürmer. Robust. Wuchtig. Abschlussstark. Spielerisch im Kombinationsspiel weniger auffällig. Er dominiert in der niederländischen Eredivisie und hat eine ganz starke Champions-League-Saison gespielt. Kann er auch beim FC Bayern mehr als 20 Tore pro Saison schießen? Bestimmt. Spielt er in der Liga eines kompletten Stürmers wie Robert Lewandowski, der Jahr für Jahr mal im engeren, mal im weiteren Kreis für den Ballon d'Or gehandelt wird? Absehbar nicht. Gleiches gilt für Namen wie Patrik Schick und Timo Werner, die immer mal wieder genannt werden.

Auch andere Gedankenspiele wie eine Rückkehr des nach Anderlecht ausgeliehenen Joshua Zirkzee, der sich die 9 mit Thomas Müller und Serge Gnabry teilen könnte, überzeugen nicht. All das wäre für die kommenden Jahre ein erheblicher Qualitätsverlust im Vergleich zu Robert Lewandowski im Sturmzentrum. Ein logischer Plan B ist derzeit also nicht in Sicht.

Verlängerung mit Lewandowski sollte klare Priorität haben

Es ist gut dokumentiert, dass Lewandowski stark darauf achtet, wie viel Rückhalt er innerhalb der Mannschaft und in der Vereinsführung genießt. Die Beziehung zwischen Lewandowski und dem Klub war von Beginn an ein Auf und Ab. Den Zwischentönen aus München nach zu urteilen, ist man gerade tendenziell eher im Tal.

Sollte sich Lewandowski am Ende tatsächlich für einen Wechsel entscheiden, muss der FC Bayern natürlich kreativ werden, um diese Lücke zu füllen. Bis dahin muss der FC Bayern den Verhandlungen aber die Priorität beimessen, die diese Personalie verdient.

Nein, die Münchner müssen sich nicht auf der Nase herumtanzen lassen. Ja, Lewandowskis fortgeschrittenes Alter sollte sich im Gehaltsniveau oder der Vertragslaufzeit widerspiegeln. Es kann vor diesem Hintergrund dauern, hier auf einen Nenner zu kommen. Aber die investierte Zeit lohnt sich. Und es sollte immer klar sein, was das Ziel des FC Bayern ist: eine Verlängerung des Vertrags. Denn leichtfertig vergraulen sollte man Lewandowski definitiv nicht.

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