Mit Heribert Bruchhagen soll beim Hamburger SV alles besser werden. Dabei birgt der Kurswechsel in der Führungsetage auch viele Gefahren.
Er ist der neue Hoffnungsträger des Hamburger SV. Heribert Bruchhagen soll als Vorstandsvorsitzender den HSV wieder zu einer Größe im deutschen Fußball machen. Dafür muss Vorgänger Dietmar Beiersdorfer bis Jahresende seinen Schreibtisch räumen.
Die Absetzung von Beiersdorfer ist nachvollziehbar. Seit er im Sommer 2014 sein Amt einnahm, wurden rund 90 Millionen Euro in die Mannschaft investiert. Eine fußballerische Weiterentwicklung fand trotzdem nicht statt. Der HSV kämpft auch in der laufenden Spielzeit um den Klassenerhalt.
Zudem hat Beiersdorfer drei Trainer und zwei Sportdirektoren entlassen. Kontinuität sieht anders aus. Die misslungene Suche nach einem neuen Sportdirektor rundete das Schreckensbild ab.
Bruchhagens Qualitäten
Heribert Bruchhagen scheint ein guter Nachfolger zu sein. Er war bereits von 1992 bis 1995 Manager des HSV und hat seitdem eine enge Bindung zum Verein. Zudem hat er in seiner langjährigen Amtszeit bei Eintracht Frankfurt gelernt, in einem unruhigen Umfeld zu arbeiten, mit wenig Geld auszukommen und gegen den Abstieg zu spielen. Eine bessere Vorbereitung hätte es kaum geben können.
Auch wenn Bruchhagen inzwischen offiziell der neue Vorstandsvorsitzende des Vereins ist, will sich der 68-Jährige zunächst nicht in den Vordergrund drängen. Er wird bei den letzten beiden Bundesligaspielen des Jahres nicht im Stadion sein, auch nicht zur Mannschaft sprechen. Beiersdorfer soll bis Jahresende noch die Verantwortung tragen und die Transfers ankurbeln. Laut Informationen der "Sport Bild" stellt Investor Klaus-Michael Kühne 20 Millionen Euro zur Verfügung.
Probleme könnte es trotzdem geben
Doch der Wechsel an der Führungsspitze birgt auch Gefahren. Erste Probleme könnten bereits in der Winter-Transferperiode entstehen. Klar ist: Die Defensive muss dringend verstärkt werden. Trainer Markus Gisdol musste in den letzten Spielen zwei Außenverteidiger (Ostrzolek, Sakai) zu Sechsern umfunktionieren und einen defensiven Mittelfeldspieler (Jung) als Innenverteidiger einsetzen, um irgendwie eine anständige Elf auf den Platz zu bringen. Das darf kein Dauerzustand sein.
Doch wollen die potentiellen Neuzugänge überhaupt mit Beiersdorfer verhandeln, wenn dieser im neuen Jahr, wenn das Transferfenster öffnet, gar nicht mehr im Amt ist? Und wie motiviert wird Beiersdorfer sein, jetzt noch die richtigen Spieler zu finden? Bruchhagen wird zwar mit Hochdruck nach einem neuen Sportchef suchen, sagt aber: "Ich gehe davon aus, dass sich bis zum Ende der Transferperiode auf dieser Position nichts bewegen wird." Der neue Vereinsboss muss die Transfers im Januar wohl in Eigenregie abwickeln.
Ebenfalls bedauerlich: In der Wintervorbereitung hat Gisdol keinen Sportdirektor an seiner Seite, der eng an der Mannschaft dran ist und Input liefert. Dabei kann die Zusammenarbeit zwischen Trainer und Sportdirektor gerade in der Vorbereitungszeit, wenn die Mannschaft in Ruhe arbeiten kann, sehr wichtig sein.
Fraglich ist auch, wie gut Bruchhagen und Kühne zusammenarbeiten werden. Der Investor hat über die Jahre rund 90 Millionen Euro in den HSV gepumpt und gilt als überlebenswichtig. Beiersdorfer behauptet zwar, Kühne habe nie Einfluss auf das Tagesgeschäft gehabt, so richtig geglaubt hat ihm das allerdings kaum jemand. In den Medien wurde Beiersdorfer fast als Marionette von Kühne dargestellt.
Ruhe ist noch nicht in Sicht
Bruchhagen dürfte einen anderen Stil fahren. Frankfurts Marketing-Vorstand Axel Hellmann, der 13 Jahre mit Bruchhagen zusammenarbeitete, sagte gegenüber der "Bild": "Ganz sicher wird sich Bruchhagen aus Mallorca (Wohnsitz von Kühne, Anm.d.Red.) nicht reinreden lassen. Unsere Erfahrung ist, dass er Aufsichtsräte und Investoren jedweder Art gern auf größtmögliche Distanz hält." Ob das Kühne gefällt, bleibt abzuwarten.
Überhaupt dürfte beim HSV noch lange keine Ruhe einkehren. Erst am Dienstag trat Karl Gernandt von seinem Aufsichtsrat-Vorsitz zurück. Das "Hamburger Abendblatt" berichtet zudem, dass der Direktor Sport Bernhard Peters vor dem Aus stehen soll. Dass sich Trainer Gisdol mehr Geschlossenheit im Verein gewünscht hat, scheint niemanden zu interessieren.
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