Er soll ruhiger und nachdenklicher geworden sein. Die Haftzeit hat Uli Hoeneß verändert. Wie aber geht es nun weiter? Eine Rückkehr in das Präsidentenamt des FC Bayern München erscheint wahrscheinlich. Dann aber mit einem "anderen" Uli Hoeneß, als den ihn die Fans ihn kennengelernt haben.

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Die Leidenszeit von Uli Hoeneß hat ein Ende gefunden. Nach 637 Tagen Haft wurde er Montagfrüh auf Bewährung entlassen. Das wurde in seinem Haus am Tegernsee ordentlich gefeiert. Laut der "Welt" war dröhnende Musik von Rod Stewart zu hören.

Später sorgte eine Blaskapelle für gute Stimmung. Die vielen Fotografen, die vor dem Anwesen lauerten und auf ein Foto des Entlassenen hofften, wurden enttäuscht. Der ehemalige Präsident des FC Bayern München zeigte sich nicht.

Die Zeiten, in denen Uli Hoeneß sich vor jede Fernsehkamera stellte, sind erst einmal Vergangenheit. Seitdem er sich bei der Mitgliederversammlung 2014 von den Fans verabschiedet hat ("Das war's noch nicht"), übt sich der 64-Jährige in Zurückhaltung. Seine Steuerhinterziehung sollte nicht auf das Image des FC Bayern München abfärben. Überhaupt soll er während der Haftstrafe ein anderer Mensch geworden sein.

Oliver Kahn: "Das muss man erstmal verkraften"

Davon sind jedenfalls seine Wegbegleiter überzeugt. "Welchen Menschen würde das nicht verändern? Von 100 ist er auf null zurückgefallen", sagt Torwart-Legende Oliver Kahn in der "Bild"-Zeitung. "Das muss man erst mal verkraften. Ich kann mir vorstellen, dass er sich verändert hat. Dass er nicht mehr ganz der Gleiche ist, den wir vor der Steuergeschichte gekannt haben."

Die Haftzeit war schwierig. Aus dem Beschluss des Landgerichts Augsburg geht hervor, dass Uli Hoeneß im Gefängnis erpresst, verleumdet und ausspioniert wurde. Trotzdem sei sein Verhalten, so berichtet der "Merkur", vorbildlich gewesen.

Seine Arbeit in der Kleiderkammer habe er gewissenhaft und sorgfältig erledigt. Gegenüber Mithäftlingen und dem Personal habe er sich respektvoll verhalten, ohne irgendwelche Allüren an den Tag zu legen.

Dass die Zeit im Gefängnis nicht spurlos an Uli Hoeneß vorbei ging, ist auf den ersten Blick erkennbar. Zwischenzeitlich verlor er rund 25 Kilogramm. Heute soll er wieder sieben Kilo mehr auf den Rippen haben. Laut dem Kicker-Sportmagazin ist er im Gefängnis sehr aktiv gewesen.

Nach dem Aufstehen um fünf Uhr morgens soll er Gymnastik und Hanteltraining gemacht haben. Danach habe er 45 Minuten auf dem Fahrrad-Ergometer trainiert. Angeblich möchte er das Sportpensum in Freiheit beibehalten, um seine Linie zu halten. Auch charakterlich soll eine Veränderung stattgefunden haben. Beobachter beschreiben ihn als nachdenklicher und ruhiger.

An seinem Arbeitseifer hingegen hat sich nichts verändert. Seitdem er im Januar 2015 zum Freigänger wurde, hat er sich voll seiner Funktion in der Jugendabteilung des FC Bayern München verschrieben. Über 14 Monate lang soll es keinen freien Tag gegeben haben.

Hoeneß spendete sein komplettes Gehalt

Auch am Heiligen Abend und an Silvester arbeitete er. Kein Wunder: Anderenfalls hätte er in der Zelle gesessen. Das Gehalt, insgesamt soll eine hohe fünfstellige Summe zusammengekommen sein, hat er laut der "Sport Bild" komplett gespendet. Die soziale Ader ist ihm also erhalten geblieben.

Sein Vertrag mit dem FC Bayern München ist heute, am Tage seiner Entlassung, ausgelaufen. War er während seiner Haftzeit noch zur Arbeit verpflichtet, kann er sich nun eine Auszeit nehmen. Laut Medienberichten möchte er mit der Familie in den Urlaub fahren. Wann und wohin, ist nicht bekannt. "Uli soll erst mal abschalten – und dann wieder einsteigen. In welcher Funktion auch immer. Bayern braucht ihn", sagt Franz Beckenbauer der "Bild".

Die Nachwuchsförderung sei ihm weiterhin sehr wichtig, heißt es. Hoeneß galt schon immer als ein Mensch, der sich gerne Zeit für junge Spielern nahm. Zeit, die ihm allerdings als Manager und Präsident nicht selten fehlte.

Im vergangenen Jahr krempelte er die Nachwuchsschmiede des Rekordmeisters ordentlich um. Personalien wurden ausgetauscht, ein neues Nachwuchsleistungszentrum geplant. "Ich habe es jetzt verinnerlicht, da bleibe ich dran", wird er vom "Kicker" zitiert.

Am Mittwoch auf der Tribüne gegen Mainz?

Waren in den vergangenen Monaten nur Schnappschüsse von Uli Hoeneß zu sehen, so wird er in den nächsten Wochen wieder mehr Präsenz zeigen. Laut der "Bild"-Zeitung könnte er bereits am Mittwochabend auf der Tribüne sitzen, wenn der FC Bayern München den 1. FSV Mainz 05 empfängt.

Nicht nur der Fußball, sondern auch der Basketball spielt in seinem Leben weiterhin eine große Rolle. Vor gut einer Woche wurde er bei den Pokal-Spielern der Basketballer vom FC Bayern München gesichtet. Mit einer Klatsch-Pappe feuerte er die Spieler ordentlich an, lachte und jubelte bei tollen Szenen euphorisch.

Uli Hoeneß war schon immer ein Mensch, an dessen Gesicht sich die Spielstände ablesen lassen. Die neue Besonnenheit, die ihm seit der Haft bescheinigt wird, scheint er zumindest auf der Tribüne abzulegen.

Über seine beruflichen Pläne wird geschwiegen. Dass er sich komplett zurückzieht, ist aber nahezu ausgeschlossen. Schließlich kündigte er vor seinem Haftantritt selber an: "Und dann, wenn ich zurück bin, werde ich mich nicht zur Ruhe setzen."

Eine erneute Präsidentschaft gilt als wahrscheinlich. Nachfolger Karl Hopfner hat bereits angekündigt, er würde für Hoeneß Platz machen. Laut der "Bild" will Hoeneß am 1. Juli seine Pläne verkünden. Die neue Präsidentenwahl findet im November statt.

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