Borussia Dortmund überwintert auf einem Abstiegsplatz, Jürgen Klopps Rauswurf steht trotzdem nicht zur Debatte. Der Trainer gesteht eigene Versäumnisse ein, die zur ausgewachsenen Krise beim BVB geführt haben. Und das völlig zu Recht, denn Klopp hat auf vielen Ebenen in den letzten Monaten danebengelegen. Ein Überblick.
Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: Erstmals seit 30 Jahren hat Borussia Dortmund eine Bundesliga-Saison wieder auf einem direkten Abstiegsplatz abgeschlossen. Zehn Niederlagen nach 17 Spielen bedeuten 17 Punkte und Platz 17 - lediglich in der Abstiegs-Saison 1970/71 hatte eine Dortmunder Mannschaft mit 14 Punkten noch weniger Zähler auf dem Konto.
Über die Gründe für diese Misere ist viel geschrieben und noch mehr diskutiert worden, außerhalb fast jeder Kritik stand aber bisher Trainer
Der hat jetzt in einem Interview mit der "Bild"-Zeitung erstmals auch eigene Versäumnisse eingeräumt. Natürlich habe er sich selbst und seine Arbeit ständig hinterfragt und sei zu dem Ergebnis gekommen, "mit Sicherheit auch Fehler gemacht" zu haben. "Dass wir nun dastehen wie die Vollidioten, geschieht uns recht!"
In seiner siebten Saison geht Klopp mit BVB-Boss Hans-Joachim Watzke und Sportdirektor Michael Zorc in eine schonungslose Revision in der Winterpause. Diese Punkte könnten dabei zur Sprache kommen.
Der Spielstil:
Nach Jahren am oberen Limit und manchmal sogar darüber hinaus macht sich ein gewisser Verschleiß der Spieler bemerkbar. Einige Akteure hatten mit den Nachwehen der WM zu kämpfen, fast jeder Leistungsträger war mindestens einmal länger verletzt, die Mannschaft hatte keine vernünftige Vorbereitung und keinen geregelten Trainingsbetrieb während der Wochen im Drei-Tages-Rhythmus.
Aber gerade deshalb stellt sich die Frage, warum Klopp nicht abgerückt ist vom Hurra-Stil der Borussia. Der lauf- und zweikampfintensive Stil hat im Laufe der Saison immer weniger gegriffen und viele Experten sehen darin einen Grund für einige Verletzungen der Spieler. Trotzdem ändert Klopp nichts an der generellen Spielausrichtung seiner Mannschaft - andere Teams aus der Abstiegszone haben dagegen erfolgreichere Richtungswechsel versucht: Der VfB mit der "Stevens-Null", der HSV unter Joe Zinnbauer mit einer deutlich verbesserten Defensive und Werder mit einem veränderten Jugend-Offensiv-Stil seit der Übernahme von Viktor Skripnik.
Die Transfers:
Der Klub - und damit auch Klopp als Trainer - haben die Folgen des Weggangs von
Dazu kommen technische Defizite und die Tatsache, dass Immobile als Strafraumspieler nicht genügend mit Vorlagen gefüttert wird. Ramos hatte gute Momente beim BVB, saß in den letzten Wochen aber fast nur noch auf der Bank oder der Tribüne. Dem Kolumbianer fehlt für die absolute Topspitze auch schlicht die Qualität. In der Defensive enttäuschte Weltmeister Matthias Ginter bisher komplett. Der Einbau der Neuen ist bisher nicht gelungen.
Der Torhüterwechsel:
Anfang Dezember tauschte Klopp seinen Stamm-Torhüter aus. Für Roman Weidenfeller - BVB-Ikone, über 400 Spiele für Schwarz-Gelb, Weltmeister - stellte der Trainer Mitch Langerak ins Tor. Sportlich ein vertretbarer Wechsel,
Langerak wird seinen Platz zum Start der Rückrunde wieder abgeben müssen, der Australier wird im eigenen Land an der Asienmeisterschaft teilnehmen und die Vorbereitung und den Auftakt in Leverkusen wohl verpassen. Die Reaktion Weidenfellers wird mit Spannung erwartet und natürlich dessen Leistungen noch intensiver beobachtet. Aus rein sportlichen Gesichtspunkten hat der Wechsel jedenfalls bisher wenig verändert. Es war ein großes Thema für die Medien, positive Effekte auf die Leistungen der Mannschaft waren kaum auszumachen.
Der Umgang mit der Krise:
Der Trainer wurde nie müde zu betonen, dass mit seiner Mannschaft noch zu rechnen sein wird. Bereits nach der Derby-Niederlage auf Schalke versprach Klopp der Konkurrenz, der BVB werde "noch stark kommen". Ansagen wie diese gab es in der Folge fast wöchentlich, immer mal wieder sollte die Saison ab dem nächsten Spieltag für den BVB so richtig beginnen.
Ziel aller Ansagen war bis vor wenigen Wochen immer noch das internationale Geschäft. Dabei stand die Borussia längst nicht mehr zufällig unten drin. Die anfängliche Ergebniskrise wuchs sich allmählich auch zu einer Leistungskrise aus, nur wollten die Verantwortlichen das offenbar nicht einsehen. Die guten Ergebnisse in der Königsklasse vernebelten den Blick zusätzlich. So erschienen Klopps Kampfansagen immer mehr als inhaltslose Lippenbekenntnisse. Klopps Worte haben in der Öffentlichkeit ihre ursprüngliche Wucht verloren. Bleibt aus BVB-Sicht zu hoffen, dass der Trainer intern noch alle Spieler erreicht.
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