Das Aus gegen Juventus Turin bedeutet für Borussia Dortmund eine Zeitenwende. Der Klub wird sich neu erfinden müssen und es stellt sich unwillkürlich die Frage, ob Jürgen Klopp dafür der richtige Trainer ist.

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Tausende Sitzschalen waren im Signal Iduna Park bereits leer, als sich Borussia Dortmund auf unbestimmte Zeit aus der Champions League verabschiedete. Das 0:3 gegen Juventus Turin bedeutet beim BVB eine Zeitenwende und nicht nur die berufsmäßigen Skeptiker und Pessimisten sehen darin eine große Gefahr.

Borussia Dortmunds Spielidee hat sich abgenutzt

Es gab gewiss nur ganz wenige Mannschaften in der Geschichte des europäischen Fußballs, die so aus dem Nichts bis fast ganz nach oben geführt wurden, zumindest aber in die absolute Topliga des Kontinents.

Jürgen Klopp hat aus Borussia Dortmund einen Big Contender gemacht - mit vergleichsweise bescheidenen finanziellen Mitteln, dafür aber einer klaren Spielidee, Emotion und Leidenschaft. Die "weichen Faktoren" reizt der BVB immer noch aus. Die Sache mit der Spielidee hat sich aber abgenutzt.

Das Spiel gegen den Ball und die frühe Balleroberung als "bester Regisseur", wie Klopp es nennt, sind längst an ihre Grenzen gestoßen. Seit drei Jahren proklamierte Klopp in den jeweiligen Sommerpausen die Weiterentwicklung des Pressing-Gegenpressing-Systems seiner Mannschaft. Passiert ist seitdem kaum etwas.

Das Spiel gegen Juventus zeigte diesen Stillstand nur allzu deutlich auf. Die Italiener waren Klopps Mannschaft turmhoch überlegen. Es bestätigte sich auf ernüchternde Art und Weise das, was sich im Hinspiel bereits angedeutet hatte.

Blutleer, emotionslos, ohne kreative Ideen und ohne den nötigen Punch in der gefährlichen Angriffszone ging die Borussia unter. Keine selbst kreierte Chance in 180 Minuten in einem Champions-League-Achtelfinale bedeutet nicht nur den zwangsweisen Rückzug aus der Königsklasse für mindestens anderthalb Jahre. Es könnte auch das Ende einer Ära sein. Vielleicht nicht die von Jürgen Klopp in Dortmund. Aber ziemlich sicher die dieser Mannschaft.

Jürgen Klopp muss Borussia Dortmund neu aufstellen

Klopps Aufgabe wird es fortan nicht mehr sein, den jahrelangen Aufschwung zu moderieren. Jetzt geht es daran, zahllose Baustellen im Kader und in dessen spielerischer Ausrichtung in Angriff zu nehmen. Der BVB wird sich neu erfinden müssen, den Kader endlich ausmisten und - so ist es jedenfalls von den Vereinsbossen angekündigt - auf dem Transfermarkt eine neue Linie fahren. Investitionen wie zuletzt über 50, 60 Millionen Euro wird es im Sommer nicht mehr geben.

Fehlgriffe auf dem Transfermarkt waren zuletzt nicht mehr die Ausnahme, sondern eher die Regel. Gegen Juventus, gewiss nicht in der allerhöchsten Kategorie europäischer Teams einzuordnen, fehlte es auch an der nötigen individuellen Qualität, wenn fast die Hälfte der Spieler nicht ansatzweise an ihr Leistungsvermögen rankommt: Marco Reus, Pierre-Emerick Aubameyang, Henrik Mkhitaryan waren Totalausfälle, Ilkay Gündogan und Marcel Schmelzer finden auch im Herbst dieser Saison nicht zu ihrer Form, Roman Weidenfeller sah beim ersten und beim dritten Gegentor schlecht aus.

Der Klub benötigt aber nicht nur eine neue Einkaufsstrategie und Kaderstruktur, er braucht frische Ideen. Dortmund hat es sich in seiner "Gegen-den-Ball-Mentalität" bequem gemacht und bekommt dafür nun die Quittung serviert. Den Status als Nummer 2 oder sogar Nummer 1B in Deutschland hat der BVB mit dieser Saison verloren.

Klopp, sein Trainerteam und auch Sportdirektor Michael Zorc stehen in der Pflicht, eine neue Epoche einzuleiten. Ob sie dazu noch einmal fähig sind, wird sich zeigen. "Jetzt zu sagen, dass wir ein paar Tage unter dem Ausscheiden leiden werden, halte ich für völligen Blödsinn", hat sich Klopp am Mittwochabend gegen zu viel Schwarzmalerei verwehrt.

Borussia Dortmund spielt erschreckend schwache Saison

An den mittlerweile 14 Niederlagen in Pflichtspielen in der laufenden Spielzeit kommt aber auch Klopp nicht vorbei. Es ist die schlechteste Saison seit seiner Ankunft in Dortmund. In gewisser Weise ist der BVB sportlich wieder an seinem Ausgangspunkt angelangt. Von den vier ambitionierten deutschen Achtelfinalisten hat die Borussia als einziger grandios enttäuscht.

Vielleicht ist diese schonungslose Erkenntnis für die Aufarbeitung der Saison noch von entscheidendem Vorteil. Ausreden sind nun definitiv nicht mehr angebracht. Die Art und Weise des Ausscheidens ist der Referenzpunkt für jegliche Kritik. "Wir hatten wunderschöne Abende in der Champions League. Schade, dass es so zu Ende gehen musste", sagte Mats Hummels

Borussia Dortmund braucht spätestens im Sommer den Mut, auch unpopuläre Entscheidungen zu treffen.

Die neuen Ziele müssen auf einer ideellen Ebene formuliert werden, es geht dann wieder um die Basics des Fußballs: Um Einsatzwillen, Leidenschaft, Mut, Emotionalität. Jürgen Klopp steht als Trainer dafür. Bleibt die Frage, ob ihm seine Spieler ein zweites Mal bedingungslos folgen werden.

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