Das Debakel von Barcelona in der Champions League raubt dem FC Bayern München nahezu jede Hoffnung. Nichts weniger als eines der größten Wunder der Geschichte müsste her - Anzeichen dafür gibt es aber keine. Auch, weil der FC Bayern München im Mai 2015 nur noch ein handelsübliches Team ist.

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Vielleicht hat sich Paul Breitner dann doch zu weit aus dem Fenster gelehnt, als er vor den Halbfinals in der Champions League gegen den FC Barcelona gemutmaßt hatte, sein FC Bayern München könne sich im Prinzip nur selbst schlagen. Nach dem Hinspiel im Camp Nou, mit zwei Toren von Lionel Messi und einem von Neymar, nach diesem 0:3 aus Sicht der Münchner, dürfte auch Breitner klar sein: Für diesen FC Bayern im Frühjahr 2015 ist auf europäischem Spitzenniveau wohl kein Platz.

Der deutsche Rekordmeister steht zwei Schritte vor Berlin schon vor dem Aus. Die Chancen auf den Finaleinzug sind auf ein Minimum gesunken, nachdem die Münchner in den letzten 13 Minuten der Partie in Barcelona ein regelrechtes Desaster erlebt haben. Eigentlich sind sie gar nicht mehr existent.

Pep Guardiola hat seine riskante Taktik mit einem 3-5-2 und einer klaren Zuordnung zum Gegenspieler nach 15 Minuten revidiert. Der Trainer hat alles riskiert, nach kurzer Zeit aber erkannt, dass dieser Weg falsch ist. Mit der Umstellung auf eine klassische Viererkette und klaren Übergaben anstelle einer verkappten Manndeckung hatten die Bayern Barca fortan eine Stunde lang gut im Griff.

"Die Mannschaft hat heldenhaft gekämpft", sagte Vorstandsvorsitzender Karl-Heinz Rummenigge auf dem Bankett tief in der Nacht nach der Ernüchterung. Darauf konnten sie sich immerhin noch berufen: Dass ihre dezimierte Truppe der momentan besten Mannschaft der Welt einen großen Fight geliefert hat. Mehr war nicht drin - und wird wohl auch im Rückspiel nicht drin sein.

Viele Verletzte, viele Spieler außer Form

Die Bayern ohne Arjen Robben, Franck Ribéry, David Alaba und Holger Badstuber sind diesem Gegner offenbar nicht gewachsen. Die Mittelfeld mit Philipp Lahm, Bastian Schweinsteiger, Xabi Alonso und Thiago Alcantara war auf dem Papier eine Gigantenformation. In Wirklichkeit tummelten sich da aber drei Spieler, die lange Zeit verletzt waren und denen auf diesem Niveau die Grenzen aufgezeigt wurden, mit einem Alonso dahinter, der zwar einige Male Ordnung schaffen konnte, aber in den schnellen Umschaltmomenten Barcas jedes seiner 33 Lebensjahre offenbarte.

Die Chancen im Rückspiel wären wohl auch mit den Bayern in Bestbesetzung gering. Dafür sind der Trend mit nun schon drei Niederlagen am Stück und die körperliche und geistige Verfassung der Mannschaft ein klares Indiz. Die Bayern kriechen auf dem Zahnfleisch Richtung Saisonende. Eine neuerliche Explosion, wie sie gegen Donezk und Porto in den Rückspielen in der heimischen Arena geglückt ist, scheint Lichtjahre entfernt.

Kleinste Hoffnungsschimmer könnten die möglichen Einsätze von Javi Martinez oder Sebastian Rode im Mittelfeldzentrum sein. Und vielleicht kommt es bei Robben ja zu einer Wunderheilung. Robert Lewandowski wäre dann auf jeden Fall wieder ganz fit. Das sind die dürren Strohhälmchen, an die sich die Bayern-Fans klammern können.

Der FC Bayern München ist nicht mehr "Über-Bayern"

Die Bayern sind derzeit ein ziemlich handelsübliches Team und nicht (mehr) die "Über-Bayern". Dass der FCB in den letzten 13 Minuten einer Partie drei Gegentore hinnehmen muss, spricht Bände. "Das Schlimme ist, dass das passiert ist", sagte Kapitän Lahm. "So ein Spiel darf man nicht 0:3 verlieren."

Die Bayern waren aber platt, so wie sie bereits gegen Borussia Dortmund im DFB-Pokal rapide müde wurden. Sie haben in der Rückrunde gegen die drei anderen Top-Teams der Bundesliga verloren, gegen den BVB, gegen Porto und nun Barca. Der Kräfteverschleiß der vergangenen Wochen schlägt jetzt voll durch. Und dazu gesellt sich eine Unordnung, wie man sie vom FCB gar nicht kennt. Wieder einmal hat ein einziges Gegentor die gesamte Mannschaft ins Wanken gebracht, ohne dass entscheidend gegengesteuert werden konnte.

Vielleicht fielen auch deshalb nach der Partie oft genug Begriffe wie Teamgeist und Zusammenhalt. "Wir müssen jetzt als Team zusammenstehen und uns nicht gegenseitig den Schwarzen Peter zuschieben", sagte Thomas Müller. An das Wunder in der Allianz Arena glaubt aber auch der Berufsoptimist nicht mehr. "Natürlich wäre das eine Fußball-Sensation, da müssen wir ehrlich sein."

Pep Guardiola hat mit den Münchnern nun drei Halbfinalpartien bestritten und alle drei bei einem Torverhältnis von 0:8 verloren. Auch einer der besten Trainer der Welt stößt an seine Grenzen, anders als im Rückspiel damals gegen Real Madrid (0:4) geht die Klatsche von Barcelona aber nicht auf seine Kappe. Dieser sehr schwache Trost bleibt immerhin.

Am Dienstag werden die Erwartungen so niedrig sein wie selten zuvor an eine Bayern-Mannschaft vor einem Rückspiel. Mit einer guten Portion Küchenpsychologie lässt sich daraus vielleicht ein wenig Hoffnung stricken. Zumindest lassen sich so Matthias Sammers Worte interpretieren: "Wir sind der FC Bayern München. Und das muss man im Rückspiel auch sehen."

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