Der FC Bayern trifft in der Champions League am Dienstagabend auf den vermeintlich schwersten Gruppengegner: Tottenham Hotspur. Die Londoner strahlen derzeit allerdings nur wenig Spielfreude aus, haben mehr mit sich selbst als der Konkurrenz zu kämpfen. Aber Vorsicht: Auch ein taumelndes Tottenham bedeutet Gefahr.

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Angst ist ein undeutliches Gefühl des Bedrohtseins. So steht's im Duden geschrieben. Nun wird insbesondere im Fußball immer wieder gerne der Mythos des Angstgegners heraufbeschworen - oder die Angst vor der schieren Unbezwingbarkeit des Gegners aufgegriffen.

Ein Gefühl, dass auch der FC Bayern in so manch' einem Gegenüber hervorrufen dürfte. Zumindest, wenn es nach dem "Mia-san-mia"-Selbstverständnis des deutschen Branchenprimus geht: Wir sind die Bayern, wir sind die Nummer eins in Deutschland, wir gewinnen jedes Spiel.

Und eben auch die Begegnung gegen die Tottenham Hotspur, dem kommenden Gegner in der Champions League am Dienstagabend. Der englische Top-Klub stand zwar vergangene Saison im Finale der Königsklasse, dennoch muss sich der FCB vor diesen Londonern nicht fürchten.

Die Spurs haben einen Stotterstart hingelegt. In der Königsklasse gaben sie am ersten Gruppenspieltag gegen Olympiakos Piräus eine 2:0-Führung aus der Hand, im League-Cup unterlagen sie einem Viertligisten und im englischen Oberhaus rangiert das Team von Trainer Mauricio Pochettino nur aufgrund schwächelnder Konkurrenz noch auf Platz fünf.

Dabei zählt Tottenham als Vorjahres-Champions-League-Finalist doch eigentlich zur absoluten Elite Europas. Oder?

Tottenham Hotspur: War das Champions-League-Finale nur ein Unfall?

Es braucht nur einen Satz von Pochettino, um zu verstehen, was bei den Spurs in der abgelaufenen Saison los war: "Wenn wir glauben, dass wir auf dieselbe Art und Weise der letzten Jahre, jede Saison in das Champions League Finale kommen, jede Saison in die Top-Four kommen und dabei mit Projekten wie Liverpool, Manchester City oder Manchester United konkurrieren können, dann sind wir naiv."

Diese Prognose gab der argentinische Star-Trainer kurz vor dem Endspiel in Madrid gegen den FC Liverpool ab - Tottenham unterlag bekanntlich wenig später mit 0:2. Pochettinos Prognose deutet an, wie es die Spurs überhaupt geschafft hatten, dieses Finale zu erreichen: Mit sehr viel Effizienz, Mentalität, einem herausragenden Trainer und einer gehörigen Portion Spielglück.

Denn was gerne angesichts des Finaleinzugs vergessen wird: Gegen Manchester City im Viertelfinale und gegen Ajax Amsterdam im Halbfinale war es mehr dem Chancen-Wucher des Gegners als der eigenen Stärke geschuldet, dass Tottenham und nicht etwa der jeweilige Gegenüber als Sieger hervorging.

Doch der Grat zwischen Effizienz und Erfolglosigkeit, zwischen Spielglück und Spielpech ist ein schmaler. So schmal, dass Tottenham nun die Schattenseiten dieser Gratwanderung zu spüren bekommt.

Die Spurs kämpfen mit sich selbst

Spiele, die in der Vorsaison noch gewonnen wurden, gehen mittlerweile verloren. In der Liga setzte es gegen Newcastle United und Leicester City verdiente Niederlagen, der FC Liverpool ist in der Premier League schon auf zehn Punkte enteilt - und das nach gerade einmal sieben Spieltagen.

Dabei sind die Probleme der Spurs hausgemacht. Große personelle Veränderungen gab es im Sommer (mal wieder) nicht. Von den Leistungsträgern aus dem Vorjahr verabschiedete sich zwar lediglich Kieran Trippier, verpflichtet wurden aber auch - neben zwei vielversprechenden Talenten - lediglich zwei gestandene Spieler: Tanguy Ndombélé und Giovani Lo Celso.

Auf dem Papier scheinen die "Lilywhites" damit sogar stärker. Auf dem Platz spiegelt sich das jedoch nicht wider.

Tottenham fehlt es an Konstanz, Effizienz und Spielglück

Leistungsträger wie Christian Eriksen oder Jan Vertonghen wollten im Sommer den Verein verlassen, sogar Pochettino hatte vor dem Champions-League-Finale mit einem Abschied kokettiert. Doch er ging nicht, weil der Kern des Teams blieb und mit Ndombélé endlich ein kostspieliger Transfer (60 Millionen Euro) getätigt wurde. Geholfen hat das bisher aber nicht.

Pochettino ließ in der neuen noch jungen Saison in vier verschiedenen Systemen und mit drei unterschiedlichen Rechtsverteidigern spielen. Kurz gesagt: Den Spurs fehlt es aktuell an Konstanz, Effizienz und dem notwendigen Spielglück. All das, was sie in den vergangenen Jahren so stark gemacht hat.

Und dennoch: Aus Sicht des FC Bayern ist Vorsicht geboten. Denn diese Stärken sind nicht gänzlich verschwunden.

Vorsicht FC Bayern: Die Londoner können weh tun

Am zweiten Liga-Spieltag, beim 2:2-Unentschieden gegen Meister Manchester City, blitzte diese unsagbare, fast schon glückliche Effizienz auf. Die Spurs hatten zwei ihrer drei Abschlüsse im gegnerischen Kasten untergebracht, während Pep Guardiolas Mannen satte 30 Versuche für ihre Treffer benötigten. Beim 4:0-Sieg gegen Liga-Konkurrent Crystal Palace war es sogar Spielfreude, die Tottenham versprühte.

Pochettino hat mit seiner Prognose recht behalten. Auf Dauer wird seine Mannschaft mit geringen Investitionen auf dem Transfermarkt und einem schmalen Kader nicht mit Europas Elite mithalten können. Der Finaleinzug aus dem Vorjahr war eine Ausnahme, eine Sensation, fast schon ein Wunder. Punktuell kann Tottenham aber jedem Gegner weh tun. Auch dem FC Bayern.

Denn: Die Klasse Pochettinos und von Spielern wie Stürmer Harry Kane oder Mittelfeldmann Dele Alli ist unbestritten. Hinzu kommt, dass auch die Bayern noch nicht zur Höchstform aufgelaufen sind - der knappe 3:2-Sieg bei Bundesliga-Aufsteiger SC Paderborn ist nur ein Beleg dafür. "Wir haben das Spiel gegen Paderborn gewonnen, aber nicht in der Art und Weise, wie wir spielen wollen. Wir müssen uns steigern, wenn wir in London bestehen wollen", fasste FCB-Sportdirektor Hasan Salihamidzic die aktuelle Situation treffend zusammen.

Nach Paderborn wartet auf die Münchner nun ein schwerer Prüfstein, vor dem der FC Bayern gewarnt sein sollte, aber keinesfalls Angst haben braucht.

Verwendete Quellen:

  • kicker.de: Mauricio Pochettino: Es begann mit einer Bettdecke
  • tz.de: Gipfel-Alarm! Vor CL-Kracher bei Tottenham gibt‘s für Bayern noch viele Baustellen
  • sportbuzzer.de: Premier League inside: Vor diesen Spurs muss der FC Bayern keine Angst habe
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