Die deutsche Frauen-Nationalmannschaft zählt seit fast 30 Jahren zur Weltspitze. Doch ausgerechnet vor der Europameisterschaft wagt die unerfahrene Bundestrainerin Steffi Jones ein Experiment - trotzdem ist der Titel das Ziel.
Die U21-Europameisterschaft und den Confed-Cup hat Deutschland bereits gewonnen. Nun greift die Frauen-Nationalmannschaft bei der EM in den Niederlanden nach dem nächsten Titel.
DFB-Frauen sind Top-Favorit
Die Chancen stehen gut: Die weibliche DFB-Auswahl gewann die vergangenen sechs Europameisterschaften und ist der Top-Favorit. "Wir haben viel Qualität in der Mannschaft. Der Titel ist das Ziel", sagt die Bundestrainerin
Nicht alle im deutschen Fußball waren begeistert, als Jones im vergangenen Jahr ihr Amt antrat. Warum wird ausgerechnet eine Frau zur Bundestrainerin ernannt, die zwar eine erfolgreiche Spielerin war, jedoch keinerlei Erfahrungen als Trainerin hat?
Diese Frage stellten unter anderem die Schweizer Nationaltrainerin Martina Voss-Tecklenburg und der deutsche Erfolgstrainer Bernd Schröder.
Die Kritisierte hat dafür wenig Verständnis. Sie verweist auf
Dennoch führt er die U21 der Männer zum Europameistertitel. "Für mich spielt es keine Rolle, wie viel Erfahrung ein Trainer hat", sagt sie
Steffi Jones hat "eigene Fußball-Philosophie"
Jones geht ihren eigenen Weg und hat keine Angst, mit gewagten Methoden anzuecken.
Obwohl ihre Vorgängerin Silvia Neid aus der deutschen Frauen-Nationalmannschaft Weltmeister, Europameister und Olympiasieger formte, wirft Jones das alte Spielsystem über den Haufen. "Ich habe eine eigene Fußball-Philosophie", sagt sie.
Die Ex-Nationalspielerin lässt ihre Mannschaft gerne mit zwei Stürmerinnen agieren. Ihre Spielerinnen sollen allgemein aggressiver spielen und mutiger nach vorne attackieren.
Das Problem ist nur: Die Fußball-Damen hatten zu wenig Trainingseinheiten, um das neue Spielsystem zu verinnerlichen. "Die Europameisterschaft kommt daher fast ein wenig zu früh", gibt die Bundestrainerin zu. "Die Abläufe sind noch nicht zu 100 Prozent einstudiert."
Zum Auftakt gegen Schweden
Ist die Änderung des Spielsystems ein zu gewagtes Experiment? Bereits das Auftaktspiel (17. Juli, 20:45 Uhr, LIVE in der ARD und bei uns im Ticker) könnte Aufschluss darüber geben. Schweden ist ein echter Prüfstein.
Die beiden Nationen trafen beim Finale der Olympischen Spiele 2016 aufeinander – damals mit dem besseren Ausgang für die DFB-Frauen. Für Jones zählt Schweden auch diesmal zum Favoritenkreis: "Genauso wie Frankreich, Spanien und England."
Die deutsche Nationalmannschaft ist mit vielen Top-Spielerinnen besetzt. Verteidigerin Josephine Henning und Mittelfeldspielerin Dzsenifer Marozsán stehen beispielsweise beim Champions-League-Sieger Olympique Lyon unter Vertrag.
"Marozsán ist auf dem Weg, eine Weltklassespielerin zu werden. Es war die richtige Entscheidung von Steffi Jones, sie zur Mannschaftsführerin zu machen", sagt die ehemalige Weltfußballerin Nadine Keßler im Kicker.
Es fehlt eine echte Vollstreckerin
Doch es gibt auch Baustellen in der deutschen Mannschaft: Torhüterin Almuth Schult machte zuletzt keinen sicheren Eindruck. Zudem fehlt dem Team im Sturm eine echte Vollstreckerin. Oftmals gehen die Damen zu verschwenderisch mit ihren Torchancen um.
Dass die DFB-Frauen überhaupt zur Weltspitze zählen, ist keine Selbstverständlichkeit. 20 der 23 Spielerinnen stehen bei deutschen Vereinen unter Vertrag.
Große Summen lassen sich hierzulande nicht verdienen. Viele Spielerinnen studieren, machen eine Ausbildung oder werden von der Bundeswehr oder der Polizei gefördert.
Ausländische Top-Stars verdienen oftmals mehr Geld. Allen voran in Frankreich und England wird stark in den Frauen-Fußball investiert.
Dass die ausländischen Spitzenvereine momentan erfolgreicher als die Bundesligisten sind, sieht Jones nicht als Nachteil: "Wir haben dafür in der Breite eine höhere Spielqualität."
Diese Qualität werden die deutschen Fußball-Mädels bei der Europameisterschaft zeigen müssen.
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