Der vagen Hoffnung auf eine erfolgreiche Zukunft von Bastian Schweinsteiger bei Manchester United nahm Trainer José Mourinho sofort wieder den Wind aus den Segeln. Und so langsam stellt sich die Frage: Was soll das eigentlich alles?
Es sind Zahlen der Enttäuschung, die ein komplettes Halbjahr dokumentieren.
In der Premier League hat es für keine einzige Spielminute gereicht, Schweinsteiger stand überhaupt nur vier Mal im Kader. 32 Pflichtspiele hat United bisher absolviert - eigentlich genug Zeit, um auf die Dienste eines hochdekorierten Spielers zurückzugreifen. Oder ihm klar zu verstehen zu geben, dass man nicht mehr auf ihn baut.
Was soll das?
Aber
Wieder einmal schürte Mourinho die Hoffnung der Schweinsteiger- und womöglich auch einiger United-Fans, dass der 32-Jährige in Manchester doch noch gebraucht werden könnte. Mourinho unterfütterte diese Vermutung noch mit einigen Aussagen in diese Richtung, stellte dem Deutschen durchaus noch mehr Einsätze in Aussicht.
In den folgenden Spielen gegen Hull City und im Kracher gegen den FC Liverpool schaffte es Schweinsteiger aber mal wieder nicht in den Kader. Und es stellt sich, mal wieder, die Frage: Was will Mourinho mit dieser Art der Spieler- oder Menschenführung eigentlich bezwecken?
So richtig wird niemand schlau aus dem Portugiesen. Wäre Schweinsteiger stark und wichtig genug, würde ihn der Trainer auch für wichtigere Spiele nominieren und in diesen womöglich sogar einsetzen. Und auf der anderen Seite dürfte sich in Uniteds üppig bestücktem Kader doch noch ein anderer Spieler finden, der vier Minuten vor dem Ende beim Stand von 4:1 gegen West Ham noch ein bisschen mitrennt.
Almosen an den Spieler
So bleibt Mourinhos Verhalten anrüchig. Wie Almosen verteilt der Trainer Spielminuten an einen verdienten Profi wie Schweinsteiger und fast hat es den Anschein, dass der Spieler als Exempel dafür herhalten muss, um den unumstrittenen Herrschaftsanspruch Mourinhos zu unterstreichen.
Der Trainer zeigt damit der Mannschaft, den Fans und den Medien, dass er auch vor großen Namen nicht Halt macht. Dass nur er allein entscheidet, wer wann in welchem Spiel mitwirken darf und dass er auch den Druck von außen locker an sich abprallen lässt.
Zumal sich United nach Monaten der Findungsphase momentan endlich auf den richtigen Weg zu machen scheint. Die Mannschaft wirkt deutlich stabiler als noch im Herbst, als auch Mourinho nicht mehr unantastbar war. Das wiederum verstärkt aber nur die Ansicht, dass Mourinho mit Schweinsteiger macht, was er will.
Er benötigt den Weltmeister nicht mehr. Dass er ihm trotzdem ab und an ein Häppchen zuwirft, ihn in den Kader beruft oder vielleicht sogar ein paar Minuten spielen lässt, ist ein recht perfides Spiel. Dem Spieler wäre mehr damit geholfen, würde Mourinho einen klaren Schnitt machen. Dann wüssten alle Seiten Bescheid.
José Mourinhos Hardliner-Kurs
Offenbar hat Mourinho aus seinen letzten Stationen in Chelsea und vor allen Dingen bei Real Madrid "gelernt". In Madrid hinterließ er einen Scherbenhaufen, legte sich mit Klub-Ikonen wie Iker Casillas oder Sergio Ramos an und hatte am Ende nur noch die kleine Portugal- und Brasilien-Fraktion des Kaders hinter sich - weil er sich dem Druck von außen beugte und seine Spieler allenfalls scheibchenweise sanktionierte beziehungsweise in den Spielen ignorierte.
Bei United fuhr Mourinho vom ersten Tag an einen Hardliner-Kurs, dem unter anderem auch Schweinsteiger bis heute zum Opfer fällt. Und daran wird sich auch in Zukunft wohl nicht mehr viel ändern - so lange Mourinho bei den "Red Devils" das Sagen hat.
Mittlerweile hat sich die Stimmung etwas gedreht. Nach den ordentlichen Ergebnissen zuletzt und der deutlich flüssigeren Spielweise der Mannschaft wird Schweinsteiger nicht mehr so vehement gefordert wie noch vor einigen Monaten.
Und wahrscheinlich, nach über einem halben Jahr ohne Wettkampfpraxis und Rhythmus, wäre der Deutsche momentan auch gar keine Verstärkung mehr für Manchester United. Eigentlich ist das allen Beteiligten auch klar.
Nur: Man müsste es dem Spieler dann eben auch so mitteilen. Ansonsten geht die Demontage eines Idols noch bis zum Sommer 2018 munter weiter.
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