• Jerome Boateng hat die Weltmeisterschaft gewonnen, feierte den Gewinn der Champions League.
  • Doch neben der aktiven Karriere gerät der Profifußballer ins Abseits.
Ein Porträt
Dieser Text enthält neben Daten und Fakten auch die Einschätzungen von Manuel Behlert sowie ggf. von Expertinnen oder Experten. Informieren Sie sich über die verschiedenen journalistischen Textarten.

Jerome Boateng blickt auf eine große Karriere als Profifußballer zurück, steht aktuell noch beim französischen Klub Olympique Lyon unter Vertrag. Zuvor spielte er für Hertha BSC, den Hamburger SV, Manchester City und den FC Bayern. In 76 Partien schnürte er die Schuhe für die deutsche Nationalmannschaft, war Stammspieler bei der Weltmeisterschaft 2014, als die DFB-Auswahl den Titel holte. Er begeisterte zusammen mit Mats Hummels als Abwehrduo die Anhänger der Nationalmannschaft und war über Jahre ein gefeierter Bestandteil des Teams.

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Auch auf Vereinsebene lief es gut. 314 Spiele absolvierte er in der Bundesliga, weitere 85 in der Champions League. Einige Verletzungen pflasterten seinen Weg, allerdings kämpfte er sich immer wieder auf den Platz zurück. Mit dem FC Bayern gewann der Verteidiger 25 Titel, darunter zweimal die Königsklasse, 2011 gewann er den Pokal in England, 2009 wurde er mit der U21 des DFB Europameister. Doch die schöne Fassade des Idols und Vorbilds bröckelt.

Jerome Boateng: 2021 verurteilt wegen Körperverletzung

Auf dem Fußballfeld agierte Jerome Boateng im Verlauf seiner Karriere weitgehend ruhig, abgeklärt, war selten aufbrausend. Neben dem Platz zeichnete der modeinteressierte Fußballer das Bild einer Stilikone, wurde zum Vorbild für viele Jugendliche. Er galt als Trendsetter, brachte ein eigenes Magazin mit dem Namen "Boa" auf den Markt, war auf diversen Events zu sehen, pflegte Kontakte zu Stars aus der Musik- und Modeindustrie. Doch nach seinem Abgang vom FC Bayern München in Richtung Frankreich häuften sich die Negativschlagzeilen. Im Jahr 2021 fand ein Prozess gegen den Ex-Nationalspieler statt.

Damals wurde Boateng wegen Körperverletzung an seiner ehemaligen Lebensgefährtin und Mutter seiner Töchter (Sherin S.) zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen in Höhe von 30.000 Euro verurteilt, was dem höchstmöglichen Tagessatz entspricht. Seinerzeit forderte die Staatsanwaltschaft wegen des Vorwurfs, Boateng habe seine Ex-Lebensgefährtin 2018 bei einem Urlaub in der Karibik körperlich angegriffen, sie geschlagen, geboxt und auf den Boden geschleudert, dazu noch beleidigt, eine Bewährungsstrafe von eineinhalb Jahren.

2022: Boateng und der Berufungsprozess

Gegen das 2021 ausgesprochene Urteil legten sowohl Boateng selbst, als auch die Nebenklage sowie die Staatsanwaltschaft Berufung ein. Gegenwärtig läuft der Prozess erneut, vor dem Landgericht München. Schon im Vorfeld des Prozesses machten erneut Schlagzeilen die Runde. Nach Recherchen von Correctiv und der Süddeutschen Zeitung, die auch den Fall Boateng einbezogen haben, sollen solche Fälle System haben.

Immer wieder sollen Partnerinnen berühmter Sportler durch Verschwiegenheitserklärungen offenbar dazu gezwungen werden, über ihre Beziehung zu schweigen. So wohl auch bei Boateng und seiner ehemaligen Freundin Kasia Lenhardt. Nachdem diese Beziehung endete, behauptete Boateng, sie habe die Beziehung zur Mutter seiner Kinder "zerstört". Wenige Tage später beging Lenhardt Suizid.

Doch zurück zum Berufungsprozess. Dieser würde eine gute Gelegenheit für den 34-Jährigen bieten, die Dinge aufzuklären. Doch Boateng schweigt, lässt lieber seine Anwälte sprechen. "Er bestreitet strafbares Tun, wird sich ansonsten aber nicht zur Sache äußern", teilte einer der drei Verteidiger mit. Medien, die den Prozess beobachten, sprachen nach den ersten Verhandlungstagen von einem nervösen Angeklagten, der sich die Zeugenaussagen, die ihn eher be- als entlasteten, anhörte und hin und wieder mit seinen Verteidigern flüsterte.

Unsicherheit offenbarte aber nicht nur Boateng selbst, sondern auch eine Augenzeugin, die während des Berufungsprozesses aussagte. Diese sei vor dem Betreten des Gerichtsgebäudes von zwei Männern gefilmt worden, die nicht zur Presse gehörten. Dabei handelte es sich um die Bodyguards des Profifußballers, wie aus verschiedenen Berichten deutlich wird. Eine Einschüchterungstaktik? Das ist möglich, zumindest war die Zeugin sichtlich verunsichert und nervös.

Der Fall Boateng: Wie geht es weiter?

Mit einem schnellen Ende des Prozesses ist nicht zu rechnen. Während des zweiten Verhandlungstages fragte der Vorsitzende Richter den Profifußballer erneut, ob er über eine Einigung und damit eine Verkürzung des Prozesses geschlafen und nachgedacht habe. Boatengs Anwalt gab jedoch bekannt, dass kein Interesse an einer Einigung besteht. Die Beweisaufnahme geht am 2. November weiter, andere Zeugen und Zeuginnen werden angehört.

Eine seriöse Prognose hinsichtlich eines Urteils in einem laufenden Prozess abzugeben, ist nicht möglich. Aktuell gibt es aber noch viele offene Fragen zu klären. Abseits der Bewertung des Sachverhalts, der Bestandteil der Anklage ist, entsteht und um den Lyon-Profi jedenfalls kein gutes Bild. Welche Auswirkungen ein mögliches Urteil auf seine weitere Karriere hat, bleibt abzuwarten.

Sollte das ursprüngliche Urteil jedenfalls bestehen bleiben oder sich das Strafmaß gar noch erhöhen, dann bröckelt die Fassade des in der Vergangenheit häufig gefeierten Fußballstars nicht nur, sie bricht in sich zusammen.

Verwendete Quellen:

  • transfermarkt.de: Profil von Jerome Boateng
  • focus.de: Der Boateng-Prozess ist jetzt schon ein denkwürdiges Ereignis
  • correctiv.org: Machtmissbrauch im Profifußball: Bundestagsabgeordnete fordern Konsequenzen – Grundrechte-Verein erwägt Klage

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