Die Debatte um die Qualität der Schiedsrichterinnen wird zunehmend unfair geführt. Statt auf unterschiedliche Strukturen zu schauen und Anpassungen vorzunehmen, sollen sich nun womöglich Männer in der 1. Liga der Frauen für höhere Aufgaben empfehlen.

Eine Kolumne
Diese Kolumne stellt die Sicht von Mara Pfeiffer (FRÜF) dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

Verfolgt man aktuell, wie sich die Debatte um die Qualität der Schiedsrichterinnen im Bereich Frauen entwickelt, stellt sich zwangsläufig die Frage, warum nicht mehr und auch deutlicher darüber geredet wird, welche strukturellen Schwierigkeiten und Hindernisse bestehen. Es ist eine Thematik, die sich so durchzieht, wenn es um Fußball der Frauen oder Frauen im Fußball geht – und leider muss hier abermals der Verband genannt werden, der es nicht schafft, durch Aufklärung besser einzuordnen und seine weiblichen Referees zu schützen.

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Strukturen, die denen der Männer in allem nachstehen

Wer auf den Seiten des DFB nach Schiris sucht, lernt, dass dort unterschieden wird zwischen "Schiedsrichtern, Schiedsrichter*innen und Schiedsrichterinnen, denn das pfeifende Personal ist unterschiedlich strukturiert, in der DFB-Schiri-GmbH sowie dem DFB. Die "Elite-Schiris" der DFB-Schiri-GmbH, einer Tochtergesellschaft der DFB GmbH & Co. KG und der DFL Deutsche Fußball Liga GmbH, sind verantwortlich für die 1. Liga, 2. Liga und 3. Liga sowie den DFB-Pokal der Männer. Geschäftsführer Sport und Kommunikation ist bis Ende der Saison Lutz Michael Fröhlich, als Nachfolger steht Knut Kircher bereit.

Sportliche Leiterin der Schiedsrichterinnen ist seit Januar 2023 Christine Baitinger, selbst lange als Schiri im Einsatz. Grenzgängerinnen, die also bei Frauen und Männern pfeifen, gibt es auch, es ist eine überschaubare Zahl: Riem Hussein, Fabienne Michel, Franziska Wildfeuer, Katrin Rafalski und Vanessa Kaminski. Man kann das mathematisch begründen, also damit, dass auch weniger Frauen überhaupt zur Pfeife greifen als Männer. Man kann sich stattdessen aber auch so ehrlich machen, anzuerkennen, dass die Frauen in diesem Bereich, wie im Fußball allgemein, weiterhin zu wenig Beachtung und Förderung erhalten und in Strukturen arbeiten, die denen der Männer in quasi allem nachstehen. Nur wer das ändert, verbessert auch die Qualität.

Groteske Abwertung der 1. Liga der Frauen

Stattdessen wird über die pfeifenden Frauen diskutiert, ohne Probleme in Sachen Struktur in der gebotenen Deutlichkeit anzusprechen. Die Frauen lässt man so allein. Zudem erklärt Lutz Michael Fröhlich, es sei vielleicht eine Idee, "Schiedsrichter aus dem Perspektiv-Team, die sich für höhere Aufgaben im Spielbetrieb der Männer qualifizieren möchten, auch parallel in der Frauen-Bundesliga einzusetzen". Was für eine groteske Abwertung der 1. Liga der Frauen.

Um das mal zusammenzufassen: Frauen werden in Sachen Aufstieg zu selten mitgedacht, sie arbeiten in schlechteren Strukturen, selbst wenn sie es bis in die 1. Liga der Frauen schaffen, wo Technik, Kameras und so weiter auf einem viel niedrigeren Niveau sind als in der 1. Liga der Männer. Aber statt das zu ändern, macht Fröhlich den Vorschlag, Männer könnten bei den Frauen doch ein bisschen üben, bevor sie auch bei den Männern höherklassig pfeifen? Mehr muss man über den Stellenwert von Frauen und ihrem Sport im DFB wirklich nicht wissen.

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