In der sehenswerten Dokumentation "Schwarze Adler" sprechen schwarze Fußballerinnen und Fußballer über ihre Erfahrungen mit Rassismus und Diskriminierung. Das tut an vielen Stellen weh. Es lohnt sich aber, den Protagonistinnen und Protagonisten rund um Gerald Asamoah, Otto Addo und Steffi Jones zuzuhören.
"Ich wurde geliebt als Fußballer und abgelehnt als Mensch." So beschrieb Ojokojo Torunarigha in den 1990er Jahren sein Dasein als Fußballprofi unter anderem beim Chemnitzer FC. Es ist ein eindrücklicher und bedrückender Satz, der auch in der Dokumentation "Schwarze Adler" (zu sehen ab 15. April bei Amazon Prime und am 18. Juni im ZDF) seinen Platz findet. Und der, so sehr man sich das anders wünschen möchte, leider noch immer eine aktuelle Problematik abbildet.
"Schwarze Adler" beschäftigt sich mit Rassismus im deutschen Fußball, aber auch mit Alltagsrassismus, den Spielerinnen und Spieler im Laufe der Jahre erfahren haben und ihren eigenen Schwierigkeiten als People of Colour.
Kostedde wusch sich mit Kernseife, um weißer zu werden
So erzählt Erwin Kostedde, dass er sich als Kind stundenlang am Waschbecken mit Kernseife wusch, um weißer zu werden.
Zu den erschütternden Erzählungen der Spielerinnen und Spieler konfrontiert Regisseur Torsten Körner die Zuschauerinnen und Zuschauer auch mit Sequenzen der deutschen Mediengeschichte, die die Herabsetzung schwarzer Menschen nur allzu deutlich machen und heute schon beim Zuschauen wehtun.
Beverly Ranger: "We live and learn"
Wenn zum Beispiel Sportstudio-Moderator Ernst Huberty bei der "Tor des Monats"-Auszeichnung für Beverly Ranger Vico Torrianis Lied "Schön und kaffeebraun sind alle Frauen aus Kingston Town" zitiert und Ranger nur danebenstehen und lächeln kann. In der Dokumentation sagt sie: "Ich war jung und es ging so schnell. Um ehrlich zu sein: Es gefiel mir nicht, wie ich vorgestellt wurde. Aber wir lernen immer dazu. We live and learn."
Oder, wenn in den 1990er Jahren ein Fußballfan ungestraft das N-Wort in die Kamera sagen darf.
Der Aufschrei wäre nach solchen Beiträgen in heutiger Zeit gewiss, die Solidarität vermutlich gewaltig. Das immerhin.
Dennoch wirft "Schwarze Adler" auch die berechtigte Frage auf, wie weit wir tatsächlich schon gekommen sind im Kampf gegen strukturellen Rassismus.
Schließlich ist es noch nicht lange her, dass AfD-Mann Alexander Gauland Jerome Boateng nicht als Nachbarn haben wollte. Und dass Ojokojo Torunarighas Sohn Jordan, der bei Hertha BSC spielt und auch in der Doku zu Wort kommt, mit Affenlauten beleidigt wurde, war vor etwas mehr als einem Jahr. Rassismus ist weiterhin ein Thema, das diskutiert werden muss, das Aufmerksamkeit braucht. Diese Aufmerksamkeit gibt der Film den People of Colour des deutschen Fußballs.
Hoesch: "Ein Film für Weiße"
Im Interview mit unserer Redaktion sagt die ehemalige Bundestrainerin Steffi Jones, die ebenfalls im Film zu Wort kommt: "Ich möchte dahin, dass die Menschen in ihren Köpfen eine andere Einstellung kriegen und verstehen, dass niemand das Recht hat, über andere zu werten oder sie auszugrenzen." Dazu passt es, dass der Produzent des Films, Leopold Hoesch, im Interview mit "RP" sagt: "Obwohl nur Schwarze in dem Film vorkommen, ist es eigentlich ein Film für Weiße."
Vor allem ist "Schwarze Adler" aber eine hervorragende Dokumentation über Fußball, die dankenswerterweise ohne sinnlosen Pathos, wahllose Aneinanderreihungen von Toren und jubelnden Menschen, mitsamt einer einordnenen Stimme im Idealfall eines halbwegs bekannten deutschen Schauspielers auskommt. Hier dürfen die Protagonisten und Protagonistinnen sagen, was sie zu sagen haben. Und es lohnt sich wirklich, ihnen zuzuhören.
"Schwarze Adler" ist ab 15. April auf Amazon Prime zu sehen. Am 18. Juni läuft die Dokumentation im ZDF.
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