Nach drei Jahren bei Manchester City möchte Ilkay Gündogan seinen Vertrag beim englischen Meister nicht verlängern und stattdessen mit einer "großen Mannschaft" endlich die Champions League gewinnen. Auch Bayern München soll ernsthaftes Interesse haben.

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Ilkay Gündogan scheut die Verantwortung nicht. In der 68. Minute des Champions-League-Finals von 2013 trat er zum Elfmeter an und brachte Borussia Dortmund zurück ins Spiel.

Die Niederlage gegen Bayern München konnte er schlussendlich nicht verhindern, aber in dieser Nacht im Londoner Wembley Stadium ging der Stern von Gündogan auf internationaler Bühne endgültig auf.

Der damals 22-Jährige reifte nach kurzen Anlaufschwierigkeiten rasch zur wichtigen Spielmacher-Figur beim BVB, um dann wenig später von einer langwierigen Rückenverletzung zurückgeworfen zu werden.

Den Weltmeistertitel 2014 feierte Deutschland ohne Gündogan, der von seinen Qualitäten her schon damals an der Seite von Bastian Schweinsteiger und Toni Kroos auf dem Rasen hätte stehen können.

Ein klassischer Pep-Spieler

Gündogan ist aber auch ein Kämpfer. Nach über 400 Tagen Pause kehrte er zurück. Die überschüssigen Pfunde, die auf manchen Bildern während seiner Abstinenz die Runde machten, waren verschwunden, das Talent in seinen Füßen jedoch nicht. Gündogan entwickelte sich in der ersten Saison von Thomas Tuchel rasch zum Schlüsselakteur im Mittelfeld.

Wohlwissend, wie fragil eine Fußballerkarriere ist, und wie schnell alles vorbei sein könnte, zog er rasch weiter zu Manchester City. Dass dessen Trainer Pep Guardiola und Gündogan irgendwann einmal zusammenarbeiten würden, war schon fast zwangsläufig. Er ist ein klassischer Pep-Spieler mit Lust am Ballbesitzspiel.

Gündogan scheut nicht das Risiko des Ballverlustes. Deshalb versteckt er sich nie. Nicht in der 68. Minute eines Champions-League-Finals und nicht in der ersten Minute auswärts bei Crystal Palace.

Rückschläge über Rückschläge

Doch auch in Manchester lief nichts reibungslos. Bereits in seiner ersten Hinrunde zog sich Gündogan einen Kreuzbandriss zu. Wieder war der Kämpfer in ihm gefragt. Und genau so ging es weiter. Während er immer wieder mit Verletzungen und auch Fitnessproblemen zu kämpfen hatte, sorgten Kevin De Bruyne oder David Silva für positive Schlagzeilen im City-Mittelfeld.

Auch die aktuelle Saison schien zunächst an Gündogan vorbeizuziehen. Er erhielt von Guardiola zwar seine Einsatzminuten, überzeugte aber nur selten.

Immer wieder wurde er im offensiven Mittelfeld eingesetzt, wo jedoch seine fehlende Spritzigkeit augenscheinlich war, wenn er den Weg in den gegnerischen Strafraum suchte.

Gündogan haderte, und der gelernte Flügelstürmer Bernardo Silva war plötzlich als Option für das zentrale Mittelfeld, die eigentliche Heimat Gündogans, in aller Munde.

Vertrag nicht verlängert

Die Zeichen der Zeit haben sich jedoch in den vergangenen Monaten verändert. Seit der 1:2-Niederlage in Newcastle ist Gündogan aus dem zentralen Mittelfeld nicht mehr wegzudenken. Guardiola setzt ihn immer häufiger direkt vor der Abwehr ein, auf Gündogans Paradeposition.

Während sein Abgang wohl vor einiger Zeit noch von wenigen im Verein betrauert worden wäre, ist es nun Gündogan selbst, der seine Zukunft nicht mehr in Manchester sieht.

Diesen Fakt erwähnte Guardiola beiläufig bei einer Pressekonferenz. Journalisten fragten, warum Leroy Sané auffällig selten in der Startelf stünde. Mit der Vertragssituation hätte dies nichts zu tun, betone der Cheftrainer.

"Ilkay Gündogan will seinen Kontrakt nicht verlängern. Es geht also nicht um den Vertrag. Wäre es so, würde Gündogan nicht spielen", erklärte Pep.

"Keine große Mannschaft"

Dieses eventuell schmucklose Ende seiner Zeit bei City hatte er wohl schon zuvor selbst eingeleitet.

Nach der 0:1-Niederlage gegen Tottenham in der Champions League war Gündogan erbost darüber, wie kleine Negativerlebnisse – wie etwa der verschossene Elfmeter von Sergio Agüero – die Mannschaft viel zu stark zurückwerfen würden.

"So nehmen wir uns selber ein Stück weit aus dem Spiel. Das darf einer großen Mannschaft nicht passieren – und deswegen sind wir noch keine", konstatierte der 28-Jährige.

Heute Abend trifft er mit City im Rückspiel wieder auf Tottenham und versucht das Viertelfinal-Aus in der Champions League zu verhindern.

Schlussendlich ist Gündogans Karriere eine bisher unvollendete. Nationale Titel hat er bereits mit Dortmund und City gewonnen. Aber ihm fehlt eine große Trophäe. Und dem verletzungsanfälligen Körper läuft vielleicht die Zeit davon.

Wenn er die Champions League nicht mit City gewinnen kann, dann wird Gündogan sein Glück aller Voraussicht nach bei einem anderen Klub suchen. Etwa beim FC Barcelona, bei Juventus oder den Bayern.

Ab Sommer in München?

In Barcelona würde Gündogan mit dem aus seiner Sicht besten Spieler der Welt zusammenspielen, Lionel Messi.

Und bei Juventus an der Seite von Cristiano Ronaldo, der für mehr als 100 Millionen Euro von Real Madrid geholt wurde, um den Champions-League-Titel nach 1996 endlich wieder nach Turin zu bringen. Die Italiener könnten neben Miralem Pjanić einen Kreativspieler wie Gündogan sehr gut gebrauchen.

Gleiches gilt für Liverpool, das aktuell vor allem Arbeitstiere à la Jordan Henderson und Fabinho im zentralen Mittelfeld besitzt.

Immerhin würde Gündogan dort auf Jürgen Klopp treffen, mit dem er 2013 bereits im Finale der Königsklasse stand und der ihn in der Vergangenheit auch gerne nach Liverpool geholt hätte.

Ein ernsthaftes Interesse hat dem Vernehmen nach aber auch Bayern München. Gündogan könnte im anstehenden Umbruch im Sommer als Neuzugang den Konkurrenzkampf beleben.

Die Bayern sind gewiss eine "große Mannschaft", die bald schon wieder um die Krone in Europa mitspielen sollte. Doch beim deutschen Rekordmeister müsste sich Gündogan unter anderem gegen Thiago und Leon Goretzka durchsetzen. Ein Stammplatz ist keineswegs sicher und das Dilemma aus seiner Zeit in Manchester könnte sich wiederholen.

So viel Kampfgeist und fußballerisches Talent Gündogan auch besitzt, er scheint seinen Platz noch nicht gefunden zu haben. Ab dem Sommer wagt er aber in jedem Fall einen neuen Anlauf.

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