Lange hat Claudia Neumann geschwiegen. Nun meldet sich die WM-Kommentatorin des ZDF erstmals zu den üblen Beleidigungen gegen sie zu Wort. In einem Interview der "Zeit" sagt sie den Hetzern: "Geht länger zur Schule."

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Nach Tagen der Anfeindungen hat sich ZDF-Kommentatorin Claudia Neumann erstmals zu den sexistischen Beleidigungen gegen sie geäußert.

"Ich finde das einfach grauenvoll", sagte die 54-Jährige der "Zeit". "Man kann den Menschen nur immer wieder zurufen: Geht länger zur Schule. Bildet euch weiter, erweitert euren Bewusstseinshorizont, dann lernt man auch, andere Haltungen zu tolerieren."

Die Hetze gerade in sozialen Netzwerken sei "kein Claudia-Neumann-Problem, sondern ein gesellschaftliches Phänomen", urteilt die Fußball-Kommentatorin.

Während der Fußball-Weltmeisterschaft ist Neumann online aufs Übelste beschimpft worden. Das ZDF hat Strafantrag gegen zwei Nutzer gestellt.

Neumann: "Vielleicht brauchen Männer ihre kleine Oase"

Neumann ist die einzige Frau, die im deutschen Fernsehen Spiele der WM in Russland kommentiert hat - viele Beleidigungen waren frauenfeindlich.

"Vielleicht brauchen Männer ihre kleine Oase des Rückzugs, in der man sie Kind sein lässt", sagte Neumann nun dazu.

"Gewissen Menschen scheint zumindest jegliche Form des Anstands abhandengekommen zu sein. Jedes Anderssein geht ihnen gegen den Strich", sagte Neumann weiter. "Ob es weibliche Kommentatoren sind oder homosexuelle Spieler, Fußballer mit Migrationshintergrund – manche Menschen scheinen nicht akzeptieren zu wollen, dass ihnen das Altbekannte abhandenkommt."

Verändert habe sie ihre Arbeit wegen der Hetzer nicht. "Ich knicke doch nicht vor diesen Leuten ein."

Dass manche Zuschauer lieber einen Mann als eine Frau als Fußball-Kommentator hätten, kann Neumann aber trotzdem gut verstehen. "Das ist doch auch ihr gutes Recht. Es gibt auch Frauen, die lieber Béla Réthy zuhören als mir. Das ärgert mich nicht", erklärte Neumann.

Solange Kritik nicht persönlich werde, solle jeder seinen Unmut äußern. "Ich denke dann: Schaltet doch einfach den Ton aus, wenn es euch stört", sagte Neumann.

Seit der EM 2016 - schon damals war sie zur Zielscheibe geworden - überlege sie sich aber "zweimal, mit welchen Worten und mit welcher Wucht ich einen Spieler oder Trainer oder Manager kritisiere - weil ich nun weiß, wie tief das gehen kann".

ZDF erstattet Anzeige gegen Hetzer

Das ZDF hat bei der Staatsanwaltschaft Mainz Strafantrag gestellt. Konkret geht es um zwei Nutzer, die sich gegenüber Neumann und dem Sender "extrem abfällig" geäußert haben, wie Intendant Thomas Bellut am Freitag sagte. Die Rede war von Beleidigung und öffentliche Aufforderung zu Straftaten.

Bellut hoffte mit der Anzeige auf eine abschreckende Wirkung. Generell werden Fußball-Kommentatoren im Netz immer wieder heftig angegangen. Am Dienstagabend zum Beispiel erfuhr ARD-Reporter Steffen Simon beim Spiel Kolumbien gegen England viel Häme und Spott - wenngleich meist gemäßigter als zuvor Neumann.

Die ZDF-Journalistin kann der öffentlichen Debatte über ihre Rolle als Frau, die Fußball kommentiert, auch etwas Gutes abgewinnen: Der "Zeit" sagte sie, "je exponierter wir nun mit dem Thema umgehen, desto schneller wird es zur Normalität".

Sie sei zwar keine Feministin, übernehme als Vorreiterin aber "einen Teil Verantwortung im gesellschaftlichen Bereich". Und: "Ich freue mich über jede Frau, die mir als Kommentatorin folgt." (ank/dpa)

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