- Heute Abend trifft Marokko im Halbfinale der Fußball-WM auf Frankreich.
- Die Sicherheitsbehörden in Frankreich blicken besorgt auf die Partie. Denn in der Vergangenheit kam es immer wieder zu Ausschreitungen unter marokkanischen Fans.
- Und das Spiel gegen Frankreich ist besonders aus einer politischen Perspektive brisant.
Marokkos Trainer Walid Regragui erblickte in Corbeil-Essonnes am Ufer der Seine das Licht der Welt. Kapitän Romain Saiss und Flügelflitzer Sofiane Boufal haben ebenfalls einen französischen Geburtsort in ihrem Pass stehen.
Nur zwölf Spieler des Sensations-Halbfinalisten stammen ursprünglich aus Marokko. Abdelhamid Sabiri spielte sogar in der deutschen U21-Auswahl. Vor dem WM-Halbfinale gegen Frankreich heute (14. Dezember, 20.00 Uhr MEZ/ZDF und MagentaTV) könnte der Nationalstolz dennoch größer nicht sein.
"Niemand kann meinem Land mein Herz nehmen. Jeder Marokkaner ist ein Marokkaner", sagte Regragui, der aber auch betonte, dass es für ihn "eine Ehre" sei, in Frankreich geboren zu sein. So entspannt wie der 47-Jährige geht nicht jeder mit der Situation um. Vor dem Duell im Al-Bayt-Stadion in Al-Khor ist die Polizei in Paris in erhöhter Alarmbereitschaft.
Polizei rüstet sich für mögliche Krawalle
10.000 Polizeibeamte sollen in Frankreich für das WM-Halbfinale gegen Marokko nach Angaben von Innenminister Gérald Darmanin mobilisiert werden. Rund 5.000 Polizistinnen und Polizisten sollen allein in der Hauptstadt Ausschreitungen zwischen den Fanlagern verhindern, besonders die Champs Elysees stehen im Blickpunkt.
Nach ihren Siegen im Viertelfinale feierten französische und marokkanische Anhänger zwar auch gemeinsam auf den Straßen, doch es gab auch reichlich Randale. Im Großraum Paris wurden mehr als 100 Fans der Nordafrikaner wegen Sachbeschädigungen und Gewalt gegen Ordnungskräfte festgenommen.
Auch in anderen europäischen Städten gab es teils unschöne Szenen. "Das sollte nicht passieren. Fußball sollte ein Fest sein", sagte Regragui am Dienstag in Doha.
Marokko gegen Frankreich: Eine Partie mit politischer Brisanz
Doch das erste Fußball-Pflichtspiel beider Nationen birgt nicht nur sportliche Brisanz. 1912 verlor Marokko durch den vom Sultan unterzeichneten Protektoratsvertrag mit Frankreich seine Unabhängigkeit, die das Land erst quälend lange 44 Jahre später zurückerlangte. Französisch wurde die offizielle Sprache in allen Verwaltungsstrukturen und politischen Instanzen, die Abneigung in der Bevölkerung gegen die Kolonialmacht war groß.
Über eine Million Menschen aus der marokkanischen Diaspora in Europa lebt mittlerweile in Frankreich. Doch viele davon leben in Problemvierteln, ohne wirkliche Aussicht auf ein besseres Leben. Zudem schlagen ihnen in Frankreich immer wieder Ablehnung und rassistische Vorbehalte entgegen.
Vorbehalte, die von der rechtsnationale Partei Rassemblement National (RN) geschürt werde. Die Partei sammelt fleißig Wählerstimmen, indem sie Ressentiments gegen Menschen mit nordafrikanischen Wurzeln schürt.
Davon wollen die WM-Halbfinalisten nichts wissen. "Es ist ein Fußballspiel, auch wenn es eine Geschichte zwischen unseren beiden Ländern gibt", sagte Frankreichs Nationaltrainer Didier Deschamps.
Superstar Kylian Mbappe und der Marokkaner Achraf Hakimi spielen gemeinsam bei Paris St. Germain – sie sind befreundet. Und Regragui machte klar: "Wenn wir es nicht schaffen, werden wir Frankreich gratulieren und im Finale unterstützen." (afp/thp)
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