Das Aus der deutschen Nationalmannschaft bei der Fußball-WM in Russland sorgt in vielen Branchen der deutschen Wirtschaft für lange Gesichter, während andere nochmal jubeln.
Hand aufs Herz: Haben Sie am Mittwochnachmittag brav gearbeitet - oder doch eher mit den Kollegen das Spiel der deutschen Nationalmannschaft bei der WM in Russland verfolgt?
Rund 30 Prozent der Beschäftigten, so schätzt das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln, haben um 16 Uhr noch keinen Feierabend gehabt. In vielen Betrieben aber war dann an arbeiten nicht mehr zu denken.
Stattdessen galt die Aufmerksamkeit der WM - mit oder ohne Einverständnis des Chefs. Unter der Annahme, dass jeder zweite der 30 Prozent das Spiel verfolgt hat und ihm dadurch eine Stunde Arbeitszeit verloren ging, hat das die deutsche Wirtschaft laut IW 130 bis 200 Millionen Euro gekostet.
Gastronomen sind "sehr, sehr enttäuscht"
"Einige Arbeitgeber werden jetzt aufatmen", sagt Wirtschaftsexperte Christoph Schröder vom IW deshalb. Hätte die deutsche Elf das Achtelfinale erreicht, wäre ein weiteres Spiel an einem Wochentag um 16 Uhr angestanden.
Das Aus hat also auch sein Gutes - für ausgewählte Branchen. Für andere ist das frühe Ausscheiden Deutschlands richtig bitter. Allen voran für die Gastronomie.
"Sehr, sehr enttäuscht" seien die Wirte, sagt Stefanie Heckel, Sprecherin des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands.
"Die Erwartungen waren, auch vor dem Hintergrund der Erfahrungen in den vergangenen Jahren, hoch. Die Betriebe haben unglaublich viel investiert, in Leinwände und Fernseher sowie Übertragungsrechte. Sie haben Veranstaltungen geplant und vorbereitet, Waren eingekauft, auch Personal eingestellt."
Jetzt droht der erhoffte Umsatz auszubleiben, weil die Spiele mit deutscher Beteiligung als Publikumsmagneten wegfallen.
Der Verlust ist nicht zu beziffern, weil auch andere Faktoren - etwa das Wetter - eine Rolle spielen. Fest steht aber: Gastwirte, Brauereien und Teile des Einzelhandels hatten sich von der Weltmeisterschaft in Russland wesentlich mehr versprochen.
Händler bleiben wohl auf Fanartikeln sitzen
Girlanden in Schwarz-Rot-Gold, Fahnen und Trikots werden jetzt schnell zum Ladenhüter werden. Einziger Trost: "Viele Leute haben sich vermutlich bereits eingedeckt", sagt Schröder. "Dass die Fans mit dem Trikotkauf bis zum Achtelfinale warten, erscheint mir unwahrscheinlich."
So ärgerlich die Pleite der Jogi-Löw-Elf für die Fans und für bestimmte Branchen ist: Unterm Strich, sagt Wirtschaftsexperte Schröder, dürfe man die gesamtwirtschaftliche Auswirkung nicht überschätzen. "Bei der WM 2014 hat man keine Auswirkungen auf die Wirtschaftsleistung gesehen."
Wen noch das schlechte Gewissen plagt, weil er sich am Mittwochnachmittag auf Neuer, Özil und Kroos statt auf die Kalkulation auf seinem Bildschirm konzentriert hat, kann also beruhigt sein. Zumal es größere Verlustgeschäfte gibt: Jeder Feiertag kostet die deutsche Wirtschaft rund sechs Milliarden Euro.
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