Deutschlands Handballerinnen fahren erstmals seit 16 Jahren wieder zu Olympia. Es winkt der vorläufige Höhepunkt für die Spielerinnen-Generation um Emily Bölk.
Vor dem Startschuss der Olympia-Party richtete Emily Bölk noch einmal das Wort an ihre Teamkolleginnen - und kämpfte sofort wieder mit den Tränen. "Ich bin so bomben-mega-stolz auf uns alle", sagte die Kapitänin von Deutschlands Handballerinnen mit dem Sektglas in der Hand, ehe ihre Stimme kurzzeitig versagte: "Wir haben uns das richtig verdient."
Erstmals seit 16 Jahren fahren die DHB-Frauen wieder zu Olympia. Was den Spielerinnen um Bölk, Alina Grijseels oder der beim Qualifikationsturnier in Neu-Ulm überragenden Torfrau Katharina Filter die Teilnahme an den Sommerspielen in Frankreich bedeutet, war unübersehbar. Nach dem 28:24 (11:8) gegen Montenegro fiel all der aufgestaute Druck ab. Es kullerten Tränen, manch eine kam zu den Klängen von "Taxi nach Paris" und "Aux Champs-Elysses" aus dem Tanzen kaum heraus.
"Jetzt sind wir bei Olympia dabei, jetzt sind wir in einem anderen Fokus", sagte Bundestrainer Markus Gaugisch. Seit Beginn seiner Amtszeit vor zwei Jahren hatte er auf dieses große Ziel hingearbeitet - mit Erfolg: Sein Team bestand gegen Montenegro und zwei Tage zuvor gegen Slowenien (31:25) nicht nur. Es zeigte dazu die reifsten Auftritte seit vielen Jahren.
Trainer sieht "Riesenchance" für DHB-Frauen
Neben dem Ticket als solchem stimmten die Verantwortlichen des Deutschen Handballbundes (DHB) daher insbesondere die Art und Weise und jüngste Entwicklung optimistisch. Bei der vergangenen WM hatte nach überzeugenden Leistungen ein Blackout im Viertelfinale gegen Schweden mit 14 torlosen Minuten zu Spielbeginn die Bilanz eines gesamten Turniers noch getrübt. Nun, analysierte Gaugisch, sei Deutschland "auch mental" näher an die Weltspitze herangerückt – gleichwohl Deutschland in Neu-Ulm kein absolutes Weltklasse-Team gegenüberstand.
"Wir haben, ich will mal sagen, viel Scheiße gefressen in den letzten Jahren. Und dafür ist es umso schöner, dass wir uns jetzt mit diesem Ticket nach Paris und Lille belohnen konnten", sagte Bölk. Gemeinsam mit Grijseels schäumte die Anführerin ihre Mannschaftskolleginnen vor dem Teamhotel mit Sekt ein, nachdem am frühen Samstagabend durch Sloweniens Erfolg über Paraguay die letzten rechnerischen Zweifel an der ersten Olympia-Teilnahme seit 2008 beseitigt waren. Das abschließende deutsche Spiel gegen Paraguay am Sonntag wurde so zur Kür.
Der Blick ging umgehend nach vorn. "Wir sind nicht zufrieden, um nur dabei zu sein, das wollen wir nicht. Wir wollen da unsere Leistung genauso bringen. Eine Sommerreise wird es nicht", versicherte der 49-jährige Gaugisch und freute sich über eine "Riesenchance". Olympia schenke seinem Team ein Jahr: "Wir können uns als Mannschaft wahnsinnig weiterentwickeln, weil wir einfach mal Zeit haben."
Bölk: "Schritte in die richtige Richtung"
Anführerin Bölk hatte sich inmitten der Feierlichkeiten noch keine Gedanken gemacht, mit welcher Zielsetzung die DHB-Auswahl nach Frankreich reist. Die Vorrundenspiele finden in Paris, die Finalrunde in Lille statt. Am Dienstag steht in Paris zunächst die Auslosung an.
"Wir wollen weiter unseren Weg gehen, die Schritte in die richtige Richtung machen – und dann auch sehr gerne nochmal nach Lille und dann mal sehen, was da so geht", sagte Bölk. Zunächst war am Sonntagabend aber noch eine überschwängliche Feier in Ulm geplant. Gaugisch gab den Party-Befehl: "Wir können was abreißen." (SID/tas)
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