Die Handball-Weltmeisterschaft in Deutschland und Dänemark ist das Sportereignis dieses Winters. Die deutsche Nationalmannschaft zählt zwar zum Favoritenkreis, das schwierige Verhältnis zwischen Bundestrainer und Mannschaft lässt allerdings Fragen offen.
Zwölf Jahre sind vergangen, seitdem die deutsche Nationalmannschaft 2007 im eigenen Land Weltmeister wurde und mit ihrem "Wintermärchen" einen Handball-Boom auslöste.
Lässt sich diese Geschichte bei der bevorstehenden Weltmeisterschaft in Deutschland und Dänemark (10. bis 27. Januar) wiederholen?
Bundestrainer Christian Prokop glaubt an die Qualität des deutschen Kaders: "Wir haben einen sehr guten Mix aus erfahrenen Spielern, die das Gesicht dieser Mannschaft bilden, und jungen Spielern, die sich über Top-Leistungen in der Bundesliga den Nominierungsstatus verdient haben", sagte der 40-Jährige der "Sport-Bild".
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Tatsächlich ist die deutsche Nationalmannschaft auf einigen Positionen stark besetzt. Torwart
Rückraumspieler Steffen Weinhold hat einen Mega-Wurfarm. Und Kreisläufer Patrick Wiencek ist laut Prokop der "Emotional-Leader" dieser Mannschaft.
Jedoch gibt es auch Schwachstellen: Ausgerechnet auf der Position des Spielmachers fehlt ein absoluter Top-Mann. Zudem fällt mit Julius Kühn der beste deutsche linke Rückraumspieler aus.
Spielt sich die Mannschaft wie bei der siegreichen Europameisterschaft 2016 in einen Rausch, ist alles möglich. Kommt die Mannschaft allerdings nur schwer in Tritt, kann wie bei der Europameisterschaft 2018 ein enttäuschender 9. Platz das Resultat sein.
Roggisch: An guten Tagen winkt das Halbfinale
"Wir haben nach der EM in Kroatien vieles angesprochen und aufgearbeitet, was dort nicht so gut gelaufen ist", sagt Außenspieler Patrick Groetzki auf "Dhb.de". "Das Wichtigste, was wir noch verbessern müssen, ist die Chancenverwertung. Wir müssen die Bälle reinmachen, egal ob aus dem Rückraum, von außen oder bei Gegenstößen.“
Teammanager Oliver Roggisch, der als Spieler mit der deutschen Nationalmannschaft 2007 Weltmeister wurde, ergänzt in der "Sport Bild": "Wir sind nicht die beste Angriffsmannschaft der Welt, aber im Gesamtpaket mit Torhüter, Abwehr und Positionsangriff können wir an guten Tagen ins Halbfinale kommen und auch eine Medaille holen."
Mit-Gastgeber Deutschland zählt zwar zum Favoritenkreis, von der individuellen Qualität her gibt es jedoch Nationen, die stärker einzuschätzen sind.
Frankreich ist der Top-Favorit
Hier ist allen voran Titelverteidiger und Deutschlands Vorrundengegner Frankreich zu nennen. Die Franzosen müssen zwar verletzungsbedingt auf ihren Superstar Nikola Karabatic verzichten, sind mit Rückraumspieler Kentin Mahé von der SG Flensburg-Handewitt, Dika Mem vom FC Barcelona und Rechtsaußen Luc Abalo von Paris Saint-Germain aber dennoch erstklassig besetzt.
Zum Favoritenkreis zählt auch Mit-Gastgeber Dänemark, das mit Mikkel Hansen den wohl besten linken Rückraumspieler und in Niklas Landin und Jannick Green das vielleicht beste Torwart-Gespann hat. Norwegen ist mit seiner jungen und dennoch extrem starken Mannschaft ebenfalls hervorzuheben.
Auch Spanien, Island und Kroatien gehören wie beinahe in jedem Handball-Turnier zu den Titelanwärtern.
Positiv aus deutscher Sicht: Als erste drei Vorrundengegner in Gruppe A warten mit Korea (10. Januar), Brasilien (12. Januar) und Russland (14. Januar) besiegbare Gegner.
Erst dann kommt der schwere Brocken Frankreich (15. Januar). Das letzte deutsche Vorrundenspiel (17. Januar) ist gegen die zuletzt schwächelnden Serben zu bestreiten.
Die Erst-, Zweit- und Drittplatzierten einer jeden Gruppe qualifizieren sich für die nächste Runde. Das heißt allerdings nicht, dass man sich mit Platz drei zufriedengeben kann.
Die Punkte gegen die beiden ebenfalls qualifizierten Gegner werden nämlich mit in die darauf folgende Hauptrunde - praktisch eine zweite Gruppenphase - genommen und können entscheidend sein. Die jeweiligen beiden Gruppenersten der Hauptrunde gelangen in das Halbfinale.
Können sich Trainer und Mannschaft zusammenraufen?
Ein entscheidender Faktor für das deutsche Team könnte das Verhältnis zwischen Trainer und Mannschaft sein. Dieses galt nach der enttäuschenden EM vor einem Jahr als zerrüttet.
Prokop gilt als Taktik-Genie, weshalb der Deutsche Handball-Bund (DHB) 2017 eine Rekord-Ablöse von rund 500.000 Euro an dessen Ex-Verein SC DHfK Leipzig gezahlt hatte. Seine Führungsqualitäten wurden allerdings mehrfach kritisiert.
Mit schwer nachvollziehbaren Nominierungen, scharfer Kritik an der Mannschaft und einer taktischen Überforderung zog Prokop bei der EM 2018 den Frust vieler Spieler auf sich. Über seine Entlassung wurde in der Öffentlichkeit spekuliert.
Stattdessen gab es klärende Gespräche: Prokop versprach, man werde nun gemeinsam die Kräfte für die Heim-WM bündeln. Ob das gelungen ist, zeigt sich ab 10. Januar.
Verwendete Quellen:
- Sport Bild (51/2018): "Roggisch: 'So werdet ihr Weltmeister'"
- Sport Bild (51/2018): "Christian Prokop: 'Jetzt sind Typen gefragt'"
- dhb.de "Groetzki: 'Ich will wieder ein Fahnenmeer auf Deutschlands Straßen sehen'"
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