Einst Punktelieferant, heute der Favoritenschreck: Im Viertelfinale der Handball-WM trifft Deutschland am Mittwoch (um 16:30 Uhr live auf Sky und bei uns im Ticker) auf den Gastgeber Katar. Der Asienmeister ist bei der Heim-WM in die Weltspitze vorgestoßen. Hinter dem Erfolg steckt aber vor allem eine offensive Einbürgerungspolitik.
Bei den letzten Handball-Weltmeisterschaften erreichte Katar, wenn es sich überhaupt qualifizierte, maximal den 20. Platz. Nun zogen die Gastgeber bereits ins Viertelfinale ein. Angesichts des kometenhaften Aufstieges reiben sich einige verwundert die Augen und fragen sich: Wie kann das sein?
Das Rezept scheint auf den ersten Blick einfach zu sein. In Valero Rivera wurde der spanische Trainer verpflichtet, der 2013 seine Landsleute zum WM-Titel geführt hat. Mit einer offensiven Einbürgerungskampagne wurden geeignete Spieler aus zahlreichen Ländern für die Nationalmannschaft rekrutiert. Nach dem 29:27-Erfolg im Achtelfinale gegen Österreich schrieb die österreichische Tageszeitung "Kurier" ironisch: "Am Ende tanzten die Gastgeber. Und die Montenegriner. Und die Bosnier. Und die Franzosen. Und die Ägypter. Und die Spanier. Team Katar eben."
Franzosen, Bosnier, Spanier, Ägypter und Kubaner
Gemeint war damit die internationale Herkunft der katarischen Nationalspieler. Bertrand Roine etwa spielte einst für Frankreich bei der EM, Schlussmann Goran Stojanovic kommt aus Montenegro, sein Torhüterkollege Danijel Saric aus Bosnien, die Wurzeln von Borja Vidal liegen in Spanien, Hassan Mabrouk ist Ägypter und Rafael Capote stammt aus Kuba. Gerade einmal vier Spieler im Kader des Asienmeisters sind Kataris.
Schlicht Einkaufen kann Katar seine Top-Stars zwar nicht. Doch im Vergleich zu anderen Sportarten sind die Regularien im Handball sehr locker. Lediglich drei Jahre dürfen die Akteure nicht für ihr Heimatland gespielt haben, bevor sie das Trikot einer anderen Nation überziehen können. Der Weltverband IHF verlangt nicht, dass der eingebürgerte Spieler eine bestimmte Zeit im betreffenden Land gelebt haben muss.
Im Gegensatz zu Fußballern, die sich mit ihrem ersten Pflichtspiel in der A-Nationalmannschaft festlegen, dürfen Handballer auch hin- und herwandern, egal wie viele Länderspiele sie für eine Nation absolviert haben.
Acht Monate Vorbereitung auf die Handball-WM
Doch allein dies ist noch keine Erfolgsgarantie. Auch im Umfeld wurde alles für die Professionalisierung getan. Trainer Rivera brachte nicht nur sein Knowhow mit, sondern auch seinen Betreuerstab. "Er ist einer der besten Trainer der Welt und hat ein tolles Team aufgebaut, taktische Disziplin eingeführt und die individuellen Stärken der Spieler verbessert", sagte Frankreichs Olympiasieger-Trainer Claude Onesta. Zudem trainiert die Mannschaft bereits seit August zusammen - ein Vorteil, den es für die Turnierfavoriten aus Europa nicht gibt.
Und nicht zuletzt ist das Geld ein entscheidender Faktor. Die ausländischen Stars sind alle mit gut dotierten Verträgen bei einheimischen Clubs ausgestattet. Darüber hinaus sollen die Spieler laut Medienberichten 100.000 Euro Prämie für jeden Sieg bekommen.
Läuft alles für Katar?
Die Wüsten-Handballer schwimmen zudem auf einer Euphoriewelle. Bereits der Viertelfinaleinzug war für Katar ein Erfolg und die internationale Truppe will noch mehr. "Das ist ein riesiges Resultat für den Handball in Katar. Ich bin wirklich stolz darauf. Wir haben Geschichte in Katars Handball geschrieben", sagte der frühere Hamburger Zarko Markovic.
Weil der Sieg im Achtelfinale gegen Österreich aber auch aufgrund fragwürdiger Schiedsrichterentscheidungen zustande kam, merkte Österreichs Trainer Patrekur Johannesson an: "Katar kann Weltmeister werden. Das Turnier läuft gut für sie. Die sind Favorit auf den Titel."
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