Immer noch befindet sich Michael Schumacher in der Aufwachphase. Wie wahrscheinlich ist es, dass die Formel-1-Legende aus dem künstlichen Koma erwacht? Wie stehen die Chancen auf eine vollständige Genesung? Und was sind mögliche Folgeschäden? Ein Überblick.
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Wie lange dauert die Aufwachphase?
Die Aufwachphase wurde Ende Januar dieses Jahres eingeleitet. Einen Monat zuvor wurde Schumacher nach seinem Skiunfall ins künstliche Koma versetzt.
Während der Aufwachphase werden die Narkosemittel reduziert, der Patient so langsam aus dem künstlichen Tiefschlaf geholt. Es ist jedoch unklar, ob ein Patient davon wirklich aufwacht.
Verläuft die Aufwachphase positiv, baut der Patient die Medikamente ab und wacht nach einigen Stunden oder Tagen auf. Wenn er aus dem künstlichen Tiefschlaf geholt wird, "nimmt er langsam wieder seine Umwelt wahr, reagiert auf Reize, fixiert mit den Augen und kann einfache Aufforderungen ausführen", wie Dr. Christoph Specht im "ZDF" erklärt.
Wie lange die Aufwachphase dauert, ist von Patient zu Patient unterschiedlich. Dass sie sich bei Schumacher über Monate hinzieht, deutet auf einen hohen Grad der Vorschädigung des Gehirns hin. Sind die Schäden am Gehirn zu groß, ist es möglich, dass er in ein echtes Koma fällt.
Liegt Michael Schumacher bereits zu lange im künstlichen Koma?
Drei Monate, wie im Fall Schumacher, sind bereits eine verhältnismäßig lange Zeit für ein künstliches Koma. Der Patient soll im Normalfall so schnell wie möglich die Kontrolle über seine Körperfunktionen wiedererlangen. "Das Ziel medizinisch ist es immer, das künstliche Koma so bald wie möglich zu beenden", sagt Andreas Zieger vom Institut für Sonder- und Rehabilitationspädagogik der Universität Oldenburg der Zeitung "Die Welt". "Es wird nur aufrechterhalten, wenn es wichtige Gründe dafür gibt, etwa, weil es dringend nötig ist, um das Gehirn bei der Erholung zu unterstützen."
Wie wahrscheinlich ist eine vollständige Genesung?
Mehrere Experten sehen schlechte Chancen auf eine vollständige Genesung Schumachers. Dr. Tipu Aziz, Neurochirurg der renommierten Universität von Oxford, stellt wegen der sehr lange dauernden Aufwachphase eine schlechte Prognose. "Es sieht nicht gut aus. Die Tatsache, dass er bislang nicht aufgewacht ist, bedeutet, dass die Verletzungen sehr schwer waren und eine vollständige Genesung unwahrscheinlich ist", sagte er Anfang März der britischen Zeitung "The Telegraph".
Dr. Anthony Strong, Neurochirurg am Londoner King’s College, äußert sich ähnlich: "Je länger jemand im Koma liegt, desto schlechter sind meistens die Chancen, dass er sich komplett erholt." Für eine endgültige Diagnose sei es aber noch zu früh. Der frühere Formel-1-Arzt Gary Hartstein sieht die Wahrscheinlichkeit auf eine vollständige Genesung Schumachers bei unter 20 Prozent.
Was sind mögliche Folgeschäden eines Schädel-Hirn-Traumas?
Folgeschäden eines Schädel-Hirn-Traumas sind für Mediziner manchmal erst nach mehreren Monaten abzusehen. Die Ärzte führen mit den Patienten Tests durch. In diesen erkennen sie, ob der Patient in der Lage ist, Aufforderungen wie beispielsweise dem Ballen der Fäuste, nachzukommen.
Das Sprechen muss Schumacher nicht zwingend wieder erlernen. Der ärztliche Direktor des Universitätsklinikums Freiburg, Professor Josef Zentner, sagt der "Stuttgarter Zeitung": "Wenn die Sprachregion im Gehirn nicht geschädigt ist, kommt das Reden automatisch wieder, wenn die Medikamente abgeklungen sind. Wenn die Schädigungen auch die Sprachregion miteinbeziehen, kann es sein, dass er das Sprechen wieder lernen muss."
Weiter kann es sein, dass der Patient seine Persönlichkeit verändert. Er wird möglicherweise depressiv, durchlebt Stimmungsschwankungen oder ist stark gereizt.
Welche Therapiemaßnahmen werden nach dem Aufwachen durchgeführt?
"Bei einem schweren Schädel-Hirn-Trauma mit wochenlangem Koma ist von mehreren Monaten Rehabilitationsdauer auszugehen", erklärt Ärztin Melanie Thun. "Leider ist sehr oft eine vollständige Genesung auf Grund der Schwere der Verletzung nicht möglich. Dann ist das Ziel, eine größtmögliche Selbstständigkeit und Unabhängigkeit des Patienten im Alltag zu erreichen."
Anschließend könnte schon auf der Intensivstation mit ersten Reha-Maßnahmen begonnen werden. Diese umfassen Physio-, Ergo-, Sprach- und Schlucktherapie. Damit werden die Voraussetzungen für eine zügige Genesung geschaffen: "Physio- und Ergotherapie sind wichtig zum Muskelaufbau und als Vorbeugung gegen Gelenksversteifung nach langem Liegen. Sprach- und Schlucktherapie trainieren das Abschlucken des eigenen Speichels und Sekretes, das während der Beatmungsphase künstlich abgesaugt wurde."
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