Vor 120 Jahren fanden die ersten Olympische Spiele der Neuzeit statt. Wir erinnern an die irrsten Disziplinen, die einst im Rahmen der fünf Ringe ausgetragen wurden.

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Am 6. April 1896 schlug in Athen die Stunde null: Vor 120 Jahren begannen die ersten Olympischen Spiele der Moderne. Seitdem strebt das größte Sportereignis der Welt im Vier-Jahres-Rhythmus immer höher, schneller, weiter. Olympia brachte Mythen und Legenden von (tragischen) Helden hervor, obendrein gab's so manche Kuriosität - gerade, was die Sportarten betraf, in denen die Athleten antraten.

Wenn das Olympische Feuer im August 2016 in Rio aufflackert, wird der geneigte Betrachter auf einige Wettkämpfe verzichten müssen, die mal zur Standardausstattung gehörten. Das ist unsere Top Ten:

10. Pferde-Weitsprung

Einzige Aufführung des Pferde-Weitsprungs war im Jahr 1900. Warum? Das weiß eigentlich keiner.

Es war doch grazil, wenn Reiter-Gentlemen mit Uniform und Schnauzbart ihre Pferde über Wassergräben hechten ließen.

In Paris wurde der Hengst "Extra Dry" von Constant van Langhendonck so famos angeleitet, dass er es auf 6,10 Meter brachte - das bedeutete die Goldmedaille.

9. Hindernisschwimmen

Noch eine einmalige Geschichte und ebenfalls 1900 dargeboten. Die Teilnehmer kraulten 200 Meter auf dem - nicht wirklich gesäuberten - Pariser Fluss Seine entlang, kraxelten über zwei Boote und tauchten unter einem dritten hindurch, ehe sie sich an einer Stange nach oben hangelten. Klingt anstrengend, war's sicher auch. Frederick Lane stellte sich am Geschicktesten an und gewann.

8. Einarmiges Gewichtheben

Matthias Steiner rührte in Peking 2008 zu Tränen, als er das Foto seiner verstorbenen Frau in die Kameras hielt. Immer noch herzergreifend.

Bis 1928 aber hätte es der Österreicher schwer gehabt, mit konventionellen Methoden erfolgreich zu sein. Ursprünglich war Gewichtheben nämlich nicht darauf ausgerichtet, beide Arme zu benutzen; den Heroen von einst genügte ein Exemplar zum Reißen und Stoßen. Maskulin halt.

7. Seilklettern

Bei den ersten Olympischen Spielen, damals in Athen, gleich fester Bestandteil, in St. Louis 1904 erneut dabei, anschließend zwei Dekaden nicht berücksichtigt.

In Paris 1924 wurde wieder erkundet, wer sich am schnellsten - und schönsten! - am Seil in die Höhe robbt. 14 Meter. Ohne Sicherung.

Die B-Note für Technik und Ästhetik beeinflusste die Wertung, nur bei der letzten Austragung in Los Angeles 1932 zählte ausschließlich die Zeit. Dennoch: eine Wonne der Geschmeidigkeit.

6. Kopfweitsprung

Mit dem Kopf durch die Wasserwand. Pioniere dieser Disziplin waren Amerikaner, was sinnig wirkt, weil der passionierte Kopfweitspringer lediglich einmal ermittelt wurde - in St. Louis 1904.

Um die Logik zu komplettieren, meldeten ausschließlich US-Athleten ihre Bereitschaft an, sich vom Startblock zu wuchten und ohne weitere Schwimmbewegungen im kühlen Nass zu gleiten.

Es triumphierte derjenige, der die längste Strecke abspulte, seinerzeit war das William Dickey mit 19,05 Metern.

5. Tauziehen

Erklärung wohl überflüssig: ein Strang, zwei Teams, viel Manneskraft und der Versuch, den Gegner über eine Linie zu bugsieren. Olympisch von 1900 bis 1920 (in Antwerpen), wobei in London 1908 die Briten auftrumpften und alle Medaillen abräumten. We call it Heimvorteil.

Strittig allein, als die im Viertelfinale unterlegenen USA reklamierten, dass ihr Kontrahent verbotenerweise Nägel an den Fußsohlen getragen hätte, um sich einen besseren Stand zu erschummeln.

Der Protest scheiterte und Amerika bockte: Zum zweiten Durchgang trat die stolze Auswahl nicht mehr an. Aus Prinzip.

4. Spazierstockfechten

Ein Sport, dessen Kreation auf praktischen Gründen fußte: Weil den Schotten das Tragen eines Schwerts gegen Ende des 18. Jahrhunderts verboten wurde, behalfen sie sich mit dem Spazierstock - der Selbstverteidigung wegen.

Die neumodische Variante schaffte es, olympisch platziert zu werden, doch 1924 war's vorbei mit der Herrlichkeit des Holzstockes. Dafür hat sich "Canne de Combat" aktuell in Deutschland etabliert; rund 150 Kampfsportler üben sich darin.

3. Kunst

Ja, tatsächlich. In fünf Wertungen (Baukunst, Literatur, Musik, Malerei, Bildhauerei) konnten Werke eingereicht werden. Einzige Bedingung war, dass sie durch Sport inspiriert sein mussten. Von Stockholm 1912 bis London 1948 siebenmal olympisch, wobei Pierre de Coubertin bei der Premiere in der Kategorie Literatur gewann - was wiederum nicht allzu knifflig erschien, wenn man weiß, dass kein Zweit- und Drittplatzierter gekürt wurde.

Interessant: die wachsende Popularität. 1928 sammelten sich schon für Malerei und Bildhauerei über 1.100 Einsendungen an.

2. Sackhüpfen

Der Klassiker einer jeden Geburtstagsfeier für Siebenjährige. Während dort ein Eis am Stiel als Belohnung gereicht wird, waren es 1904 wahrhaftig Medaillen.

Desillusionierend für alle Kinder (und Kinder im Manne): Der Disziplin gelang es nicht, sich olympisch zu etablieren. Unerklärlich eigentlich.

Passend jedoch, dass sich die experimentierfreudigen Amerikaner in St. Louis breitschlagen ließen, die "Sportart" unter dem Deckmantel der fünf Ringe zu unterhalten. So oder so: Sackhüpfen rules.

1. Taubenschießen

Tierschützer und solche, die es werden wollen: bitte weghören. Unter den skurrilen olympischen Auswüchsen ist Taubenschießen der unantastbare Spitzenreiter.

In Paris 1900 mussten lebendige (!) Tiere als Objekt für Schieß-Fetischisten herhalten, 300 an der Zahl.

Donald Mackintosh zielte 22 Mal und traf - leider - 22 Mal ins Schwarze. Gottlob fand das blutige Schauspiel keinerlei Nachahmer.

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