Am 7. Februar beginnen die Olympischen Winterspiele in Sotschi. Doch schon jetzt haben viele Fans keine Lust mehr darauf. Eingeschränkte Menschenrechte, das Anti-Homosexuellen-Gesetz - Russland macht sich als Austragungsland nicht beliebt und vermiest Freunden des Wintersports gehörig die Vorfreude. Doch das ist den Sportlern gegenüber nicht fair - denn immerhin geht es bei Olympia um viel mehr als Politik.

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Die Olympischen Spiele in Sotschi sind ein Politikum. Kaum ein Tag vergeht, da nicht Menschenrechtler die Zustände in Russland beklagen. Nicht nur die freigelassenen Pussy-Riot-Aktivistinnen, auch Politiker wie der französische Staatspräsident Francois Hollande sprechen sich offiziell für einen Olympia-Boykott aus. Ein Grund dafür: Ein Gesetz, das "Propaganda von nicht traditionellen sexuellen Beziehungen unter Minderjährigen" verbietet. Der russische Präsident Wladimir Putin hat es vergangenes Jahr erlassen. Das Anti-Homosexuellen-Gesetz ist ein Affront gegen die Werte der westlichen Welt. Die Kritik reißt nicht ab. Verständlicherweise.

Viele Menschen sind schon jetzt von Sotschi genervt. Vorfreude auf ein Sport-Event sieht anders aus. Für die Sportler eine schwierige Situation. Denn die meisten trainieren bereits ihr ganzes Leben, um die Chance auf eine olympische Medaille zu haben. Und die meisten müssen ihre Leidenschaft mit einem zweiten beruflichen Standbein finanzieren. Skiläuferin Maria Höfl-Riesch ist Zollbeamtin; die Medaillenhoffnung der Biathletinnen, Andrea Henkel, ist Sportsoldatin. Für diese Athleten ist Olympia ein Traum, der in Erfüllung geht.

Wintersportler sind keine Fußballstars

Ein Boykott der Spiele ist für sie undenkbar. Denn Wintersportler sind keine Fußballstars, die so viel Geld verdienen, dass ein Spiel mehr oder weniger keinen Unterschied macht. Eine gute Platzierung bei Olympia bedeutet auch neue Sponsorenverträge und die Sicherheit, den geliebten Sport ein paar Jahre weiter ausüben zu können.

Daran sollten sich die Fans und Sportinteressierten erinnern, wenn sie wieder einmal genervt sind von der negativen Olympia-Berichterstattung. Die Sportler haben Russlands Politik nicht verbrochen. Sie haben auch den Austragungsort dieser Winterspiele nicht gewählt. Vom 7. bis zum 23. Februar sollten die sportlichen Wettkämpfe wieder im Vordergrund stehen. Dann wird gerodelt, Ski gefahren, und die eine oder andere Träne auf dem Siegertreppchen verdrückt. Dann gibt es im Angesicht des Triumphes strahlende Gesichter und die Gewissheit für die Sportler, dass sich ihr Aufwand gelohnt hat. Auf diese Momente dürfen wir uns trotz Russlands verfehlter Politik freuen - auch weil es sich die Athleten durch ihre Leistung verdient haben.

Und immerhin hat die Austragung der Olympischen Spiele in Sotschi auch einen positiven politischen Effekt. Nun, da Russland durch dieses Ereignis in die öffentliche Wahrnehmung gerückt ist, wird mehr denn je über die dortigen Missstände diskutiert. Auf dem Siegertreppchen wird neben den Athleten also auch Platz für Protest sein.

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