Charlotte Dujardin bangt um ihre Karriere, die Reiterei um ihre olympische Zukunft. Der Skandal um die dreimalige Olympiasiegerin ist nicht der erste in diesem Jahr, Bilder von misshandelten Pferden sind keine Seltenheit mehr.

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Die Dressur-Entscheidung vor der Märchenkulisse von Schloss Versailles ist seit mehr als einem Jahr ausverkauft, doch wenige Tage vor Beginn der Wettbewerbe hat sich ein tiefdunkler Schatten über die prachtvolle Residenz des Sonnenkönigs gelegt.

Charlotte Dujardin, dekoriert mit dreimal Olympiagold und geehrt als Commander of The Order of The British Empire, hat im Training ein Pferd geschlagen. Mehrfach, genauer gesagt 24-mal, zu sehen auf einem Video, das der Sender ITV in seiner täglichen Show "Good Morning Britain" am Mittwoch präsentierte.

"Die Situation ist sehr negativ und bedrückend für unseren Sport."

Dressur-Bundestrainerin Monica Theodorescu

Die Szene ist geschockt. "Die Situation ist sehr negativ und bedrückend für unseren Sport", sagte Bundestrainerin Monica Theodorescu dem sid auf Anfrage. Bedrückend und vor allem gefährlich, muss sich doch gerade die Reiterei seit Jahren immer wieder als olympisch würdig beweisen.

Dafür tun die Verbände alles. In Deutschland hat zuletzt unter anderem die Deutsche Reiterliche Vereinigung (FN) unter dem Motto "#doitride" eine Kampagne ins Leben gerufen. Von Pferdemenschen für Pferdemenschen, heißt es da, für das Wohl des Pferdes und dessen Akzeptanz in der Gesellschaft. Der Weltverband FEI zog mit der Initiative "Be a Guardian" nach, gibt sich als Hüter zum Wohle des Pferdes.

Dressur-Olympiasiegerin Dujardin entschuldigt sich

Und dann drischt ausgerechnet Charlotte Dujardin mit einer Gerte auf ein Pferd ein. Nicht ganz scharfe Bilder zeigen das ungeschönt, Dujardin selbst gab in den Sozialen Medien zu, während einer Trainingseinheit einen Fehler gemacht zu haben: "Es gibt keine Entschuldigung. Ich schäme mich zutiefst." Ihren Rückzug von Olympia untermauerte der Weltverband umgehend mit einer vorläufigen Suspendierung, Ermittlungen wurden aufgenommen.

Es ist nicht der erste Skandal, der die Dressur erschüttert. Im Dezember 2023 brachte der dänische Sender TV2 verstörende Bilder aus dem Trainingsbetrieb des Reiters Andreas Helgstrand an die Öffentlichkeit, im Februar 2024 sprach die FEI von "beunruhigenden und abscheulichen Videos" der Trainingsmethoden von US-Dressurreiter Cesar Parra.

Und Ende Juni strich der dänische Verband seine Reiterin Carina Kassö Krüth aus dem Olympia-Aufgebot. Begründung: Verstoß gegen Paragraf 16 der gemeinsamen Bestimmungen für den Pferdesport. Darin heißt es unter anderem: "Reiten darf niemals mit psychischem oder physischem Missbrauch oder Gewalt gegenüber dem Pferd verbunden sein."

Tierquäler-Video wurde Anwalt zugespielt

Charlotte Dujardin ist der erste ganz große Name in dieser Bilanz des Schreckens, mit dem legendären Valegro hob sie einst die Dressur auf ein ganz neues Level. Das brisante Video sei dem niederländischen Rechtsanwalt Stephan Wensing von einer Mandantin zugespielt worden, heißt es in den britischen Medien und auf der niederländischen Website horses.nl.

Im Gegensatz zu Dujardin selbst behauptet Wensing, das Video sei nicht vier, sondern zweieinhalb Jahre alt. Aber warum hat seine Mandantin, die anonym bleiben will, einen offensichtlichen Fall von Tierquälerei so lange zurückgehalten? Sie sei gewarnt worden, keine Anzeige zu erstatten, sagt Wensing, aber "als die Olympischen Spiele näherkamen, beschloss sie, zu handeln".

Wen interessieren jetzt noch die Medaillenchancen?

Charlotte Dujardin ist 39 Jahre alt, ihre Karriere könnte ein unrühmliches Ende gefunden haben. Was der Skandal in der britischen Olympia-Equipe auslöst, werden die kommenden Tage zeigen. Weltmeisterin Lottie Fry und ihr Glamourdale stehen derzeit fast alleine da, mit im Team sind offiziell noch Dujardins Mentor und Ausbilder Carl Hester mit Fame sowie aller Voraussicht nach Becky Moody mit Jagerbomb.

Die Medaillenchancen der deutschen Mannschaft sind jedenfalls nicht schlechter geworden. Aber wen interessiert das noch? (sid/ms)

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