Deutschland enttäuscht einmal mehr bei der Vierschanzentournee. Einer möglichen Trainerdiskussion um Bundestrainer Stefan Horngacher wird aber schnell von offizieller Seite der Riegel vorgeschoben.
Alle Jahre wieder, seit 2002, treten Deutschlands Skispringer mit großen Hoffnungen bei der Vierschanzentournee an - und alle Jahre wieder enttäuscht das Team der Männer. Auch 2025 steht wieder kein Deutscher vorne, dabei waren die Vorzeichen doch so gut. Pius Paschke war als Führender im Gesamtweltcup angereist, hatte fünf von zehn Einzelweltcups in dieser Saison gewonnen.
Doch kaum geht es um den goldenen Adler, scheint es bei den deutschen Springern einen Schalter umzulegen. Das Selbstvertrauen schwindet, die Selbstverständlichkeit, mit der zuvor die großen Weiten erreicht wurden, weicht Unsicherheiten. Nie sieht man so gut, wie groß der Anteil der Psyche am Erfolg im Skispringen ist, wie bei der Vierschanzentournee.
Der Gegenentwurf zu Deutschland sind dabei die Österreicher, die sich ab dem ersten Springen gegenseitig auf einer Welle der Euphorie nach vorne trugen. Im deutschen Team hingegen: häufig Ratlosigkeit, warum es gerade nicht mehr so laufen will, wie es noch nur Wochen zuvor gelaufen war.
Bundestrainer Stefan Horngacher verweist dabei häufig auf den Druck. Nach dem verkorksten Springen von Innsbruck erklärte er: "Es war enormer Druck drauf. Die Sportler wollen das Beste machen, manchmal geht der Schuss nach hinten los. Heute ist er nach hinten losgegangen." Wie schon in den Springen zuvor. Weder bei einem Einzelwettkampf noch im Gesamtklassement schaffte es ein Deutscher unter die besten drei Springer. In der Tournee-Gesamtwertung belegte
Horngacher: "Ich bin nicht enttäuscht"
Innsbruck war auch der Punkt, an dem Horngacher endgültig einen möglichen Gesamtsieg der Tournee abschenkte. Von Enttäuschung wollte er jedoch nichts wissen: "Ich bin nicht enttäuscht. Sonst hätte ich schon seit 23 Jahren enttäuscht sein müssen. Sport ist Sport, wir haben alles probiert. Nächstes Jahr sind wir wieder da." Eine Aussage, die bei den leidgeprüften deutschen Skisprungfans wohl zumindest für hochgezogene Augenbrauen sorgen dürfte. Schließlich herrscht bei vielen sehr wohl Enttäuschung über das Abschneiden des deutschen Teams.
Eine Trainerdiskussion - wie sie im Fußball wohl schon längst in vollem Gange wäre - wird es jedoch im Deutschen Skiverband nicht geben. Sportdirektor Horst Hüttel hält Horngacher weiter für den richtigen Coach: "Die Trainerfrage stellt sich im Moment für uns überhaupt nicht", sagte Hüttel in Bischofshofen. Der 56-Jährige verwies unter anderem auf die vor der Tournee starke Saison der deutschen Springer um Pius Paschke. "Er hat unser volles Vertrauen", betonte Hüttel. "Stefan Horngacher hat einen unbefristeten Vertrag."
Und nimmt man das Brennglas Vierschanzentournee weg, hat Horngacher, der die deutschen Springer seit 2019 betreut, natürlich auch Erfolge vorzuweisen. Unter dem Österreicher gewann die Mannschaft zahlreiche Medaillen bei Weltmeisterschaften und Olympischen Winterspielen. Und bei der Vierschanzentournee wurden Karl Geiger (2021) und Andreas Wellinger (2024) immerhin jeweils Gesamtzweiter.
Ende Februar wartet die nächste große Gelegenheit, sich zu beweisen: Dann findet die Nordische Ski-WM in Trondheim statt. (dpa/bearbeitet von ska)
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