Oberstdorf - Pius Paschke hat schon Skisprung-Wettkämpfe erlebt, bei denen die Physiotherapeuten die einzigen Zuschauer waren. Besonders viele Augen waren damals nicht auf den heute 34 Jahre alten Polizei-Obermeister gerichtet. Daran änderte sich lange nicht viel. Paschke wurde über Jahre zu einem eher unscheinbaren Mitläufer im Skisprung-Mittelmaß.
Wenn am Sonntag (16.30 Uhr/ZDF und Eurosport) die 73. Vierschanzentournee beginnt, wird der Bayer die maximale Aufmerksamkeit der über 25.000 Fans in Oberstdorf auf sich ziehen. Paschkes Gelbes Trikot wird in der ausverkauften Arena im Allgäu leuchten und auffallen.
Die imposanten Vorleistungen von fünf Siegen und sieben Podiumsplatzierungen werden den Routinier zu einem der ganz großen Tournee-Favoriten machen - und nährt Hoffnungen, dass die 23 Jahre dauernde Flaute seit
Markige Sprüche? Fehlanzeige
"Ich möchte den guten Drive der letzten Wochen mit in die Tournee nehmen. Das Selbstvertrauen stimmt, und ich weiß, an welchen technischen Details ich arbeiten muss", sagte Familienvater
"Was den Pius auszeichnet, ist definitiv die Arbeit im - in Anführungsstrichen - hohen Alter immer weiterzumachen", sagte Olympiasieger
Hannawald hofft auf "diese Geschichte"
Doch als Vorjahreszweiter kann Wellinger für Paschke schnell zum sportlichen Rivalen werden - das werden abseits des eigenen Teams vor allem die überragend aufgelegten Österreicher um Daniel Tschofenig, Jan Hörl und Ex-Gesamtsieger Stefan Kraft.
Seit Hannawald 2002 gab es zahlreiche deutsche Anwärter auf den goldenen Adler, der am 6. Januar in Bischofshofen für den Gesamtsieger vergeben wird. Doch für Severin Freund, Wellinger, Markus Eisenbichler und Karl Geiger war immer mindestens ein Widersacher zu stark.
Und jetzt Paschke? "Man redet immer: Die Tournee schreibt ihre eigenen Geschichten. Mich würde es nicht wundern, wenn es jetzt diese Geschichte mit Pius wäre. Ich würde mich freuen", sagte Hannawald der dpa.
Was heißt der Einbruch von Engelberg?
Wie so oft im Skispringen ist Paschkes Werdegang kaum zu erklären. Mit 33 Jahren wurde der Mann aus Kiefersfelden zum Siegspringer. Einen Winter später reihte er plötzlich Erfolg an Erfolg und wurde zum besten Skispringer der Welt. Ob er das auch in den neuralgischen zehn Tagen in den Alpen bleibt, muss er nun beweisen. Der Leistungseinbruch jüngst in Engelberg, als er die Ränge zehn und 18 belegte, verhieß eher nichts Gutes.
Bundestrainer Stefan Horngacher ist vom Werdegang seines derzeit besten Schützlings angetan. "Man reift im Alter, man wird immer irgendwie cleverer, ein bisschen klüger. Und das geht halt jetzt ja so weiter. Und wenn man dann Familie hat, wenn man Kinder hat, dann geht es nochmal weiter. Und das kann helfen, es kann aber auch negativ sein", sagte Horngacher. Bei Paschke geht es seit der Familiengründung eigentlich nur noch bergauf.
"Ich bin der Pius aus Kiefersfelden"
Ein gemeinsames Hobby teilen Trainer Horngacher und Athlet Paschke: die Gitarre, auf der beide gerne in den von Reisen geprägten Weltcup-Monaten spielen. Nur, was die Musikrichtung angeht, unterscheiden sie sich: "Ich bin so mehr der Metal-Typ. Der Pius ist mehr so Dire Straits."
Ob "So far away", "The Man's too strong" oder "Walk of Life": Aus dem Repertoire der Rock-Band um Sänger Mark Knopfler gibt es einige Titel, die potenziell für den anstehenden Tournee-Trubel rund um Paschke passen könnten. Der bodenständige Polizist gibt sich selbst und seiner derzeitigen Situation einen simpleren Titel: "Ich bin der Pius aus Kiefersfelden und ich springe wahnsinnig gerne Ski. Ich glaube, so würde ich es beschreiben." © Deutsche Presse-Agentur
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