• Die Queen hat am Wochenende ihr Platin-Jubiläum gefeiert und Royal-Fans von überall auf der Welt sind aus diesem Grund nach London gereist.
  • Patricia Kämpf hat die Feierlichkeiten für unsere Redaktion als Reporterin vor Ort begleitet.
  • Jetzt, zum Abschluss, blickt sie auf das Thronjubiläum zurück und verrät, warum es hin und wieder nicht schaden kann, die besten Plätze bei Umzügen zu verlassen.
Eine Reportage
Diese Reportage stellt die Sicht der Autorin dar. Hier finden Sie Informationen dazu, wie wir mit Meinungen in Texten umgehen.

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Manchmal lohnt es sich, alles anders zu machen als alle anderen. Als ich am Donnerstagvormittag meinen Platz vor der St. Paul's Cathedral aufgab, weil ich mir sicher war, dass sich schon alle Royals in der Kirche befinden würden, beschlich mich dennoch kurz der Gedanke: Du hast echt 'n Vogel.

Alle anderen Menschen, die sich vor der Kathedrale hinter den Absperrungen aufgereiht hatten und ihre Handys, Tablets, Kameras und rot-weiß-blauen Fahnen in die Höhe streckten, blieben standhaft. Sie schienen mehr zu wissen als ich. Vielleicht laufen Harry und Meghan doch noch vorbei? Oder es kommt sogar die Queen, obwohl ihre Teilnahme schon offiziell abgesagt worden war?

All das ging mir durch den Kopf, aber da war ich schon in eine Seitenstraße abgebogen. Ich lief um ein paar Ecken und landete wieder auf der Straße, die von der Kathedrale wegführt. Die Menschenmassen und Absperrungen hatte ich hinter mir gelassen, außer mir war dort in dem Moment kein Mensch unterwegs. Es war 11:15 Uhr, der Gottesdienst sollte um 11 Uhr beginnen. Auf einmal flitzte ein Polizist auf einem Motorrad an mir vorbei. Meine Erfahrung mit den britischen Royals in den vergangenen Tagen, vor allem bei der "Trooping the Colour"-Parade am Donnerstag, hatte mich gelehrt: Ein Motorrad-Polizist ist stets die Vorhut für besonders wichtige Menschen.

Besonders wichtige Menschen: William und Kate sowie Charles und Camilla

Die besonders wichtigen Menschen in diesem Fall waren: Prinz William und Herzogin Kate, perfekt zu sehen in einem königlichen Rolls-Royce. Sie fuhren direkt an mir vorbei. Und dann, im nächsten Auto, flankiert von einem weiteren Polizisten auf einem Motorrad, saßen der Thronfolger, Prinz Charles, und Herzogin Camilla. Charles blickte in dem Moment aus dem Fenster und lächelte mir zu – jedenfalls bildete ich mir das ein, fühlte mich ein bisschen wie im royalen Rausch. Manchmal lohnt es sich also tatsächlich, alles anders zu machen als alle anderen.

Man kann sich nun darüber streiten, wie wichtig oder aussagekräftig es ist, wenn Royals an einem vorbeifahren oder in einer Parade an einem vorbeireiten. Natürlich kann man sich über die gesamte Monarchie streiten und die Frage, ob diese noch zeitgemäß ist. Und ob Militärparaden unbedingt sein müssen.

Doch beim 70. Thronjubiläum der Königin von England ist all das durchaus wichtig. Es gibt selten Momente im Leben, die man mit Fug und Recht als historisch bezeichnen kann – das Platin-Jubiläum der Queen aber ist definitiv so einer. 70 Jahre sitzt Elizabeth II. nun auf dem Thron, so lange wie keine Regentin und kein Regent vor ihr. Und so schnell wird das wahrscheinlich auch nicht wieder vorkommen. Wahrscheinlich war es auch einer ihrer letzten großen Auftritte. Wenn Elizabeth II. nicht mehr Königin ist, wird sich die Monarchie mit einem König Charles mutmaßlich verändern.

Jeder, der etwas mit den Royals anfangen kann, wollte deswegen am Wochenende dabei sein, London platzte aus allen Nähten. Manche Regeln wurden dafür abgeschafft, zum Beispiel die im Straßenverkehr.

Nach der "Trooping the Colour"-Parade am Donnerstag nahmen die Menschenmassen die Straßen rund um die Houses of Parliament, Big Ben und die Westminster Bridge ein – Autos, Busse und Taxis fuhren keine mehr. Und auch sämtliche U-Bahn-Stationen wurden dicht gemacht, weil zu viele Menschen unterwegs waren. Da musste man schon mal fünf Kilometer laufen, um zur nächsten zu kommen, die in Betrieb war.

Die Stimmung erinnerte ein bisschen an Karneval: Manche Menschen waren als Corgis, die Lieblingshunde der Queen, verkleidet, oder von Kopf bis Fuß in Union-Jack-Flaggen gehüllt, andere zogen Flaggen hinter sich her, die das Konterfei der Queen zeigten, trugen aufblasbare Kronen oder hatten sich die Farben des Königreiches ins Gesicht gemalt. Aggressiv oder krawallig habe ich das nicht erlebt, alles war friedlich, jeder feierte und quatschte mit jedem, auf Englisch, auf Deutsch, auf Spanisch, auf Italienisch.

Kinder singen "God Save the Queen"

Die Briten sind ohnehin ein offenes Volk. Bei der "Trooping the Colour"-Parade stand ich zwischen einem älteren Ehepaar aus Somerset und einer Gruppe Frauen aus der Nähe von London. Sie alle waren sozusagen meine persönlichen Kommentatoren. Sie hatten die Parade schon so oft erlebt, dass alle genau wussten: Jetzt kommt Charles, dort reitet William, in dieser Kutsche sitzt Kate. Und so hatte ich auch Zeit, einen Blick auf die Nachwuchsprinzen George und Louis sowie auf Prinzessin Charlotte zu werfen, die alle fleißig aus der Pferdekutsche winkten.

Eine Gruppe Kinder stand außerdem etwas weiter hinter mir. Während des Umzugs stimmten sie alle paar Minuten "God Save the Queen" an, lautstark und aus vollem Halse, nicht unbedingt den richtigen Ton treffend, aber völlig egal. Ich habe das Lied für den Rest des Wochenendes nicht mehr aus meinem Kopf bekommen.

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