"Off Duty", der neuste Tatort mit Til Schweiger als Kriminalhauptkommissar Nick Tschiller, lief bereits Anfang 2016 in den deutschsprachigen Kinos. Die Besucherzahlen damals? Sehr mäßig. Dennoch wollten wir uns den Tschillerinstinkt selbst geben. Ein Minutenprotokoll eines Actionswahnsinns.
Außer Dienst gesetzt will
20:15 Uhr: Ein "Til Schweiger"-Tatort steht an. Es ist Nuschelzeit, weshalb ich mich im Vorfeld gleich mal mit den Toneinstellungen am TV vertraut gemacht habe. Vielleicht geht da was. Here we go!
20:17 Uhr: Die Tochter taucht auf. Leonora "Lenny" Tschiller (
20:25 Uhr: Papa Tschiller ist eben heim. Er gönnt sich, so wie jeder Deutsche, abends erstmal gemütlich einen Whiskey. Was ein wenig verwirrt: Ständig schaut er so, als ob mit seinem Darm etwas nicht ganz stimmte. Alkohol wäre in so einem Fall natürlich auch suboptimal.
20:26 Uhr: Die Tochter stellt den Mörder ihrer Mutter im Hotel und bedroht ihn mit der Knarre. Der bleibt aber supercool und klopft, obwohl er ziemlich direkt in den Lauf der Kanone blickt, markige Sprüche. Der Schurke überwältigt die junge Dame. Vollprofi einfach.
20:32 Uhr: Da seine Kleine nicht nach Hause kommt, macht sich Papa Tschiller inzwischen ernsthafte Sorgen, was sich erneut in seinem Gesicht, aus dem man mindestens 200 Memes schneiden könnte, manifestiert. Er hinterlässt Lenny Nachrichten auf der Mailbox, die sie vermutlich schlecht verstehen wird. Der Nuschelfaktor? Gewohnt hoch!
20:34 Uhr: Nick Tschiller und sein Kriminalhauptkommissar-Kollege Yalcin Gümer (
20:36 Uhr: Papa checkt in jenem Hotelzimmer ein, in dem zuvor auch seine Tochter untergebracht war. Lenny wurde in der Zwischenzeit entführt und nach Moskau gebracht, wo man ihr ein Leben als Prostituierte und Organspenderin in Aussicht stellt. Ungut, das!
20:41 Uhr: Vati trifft in Istanbul einen Bekannten, der zuvor in ständigem Kontakt mit der Tochter war und ihm jetzt verrät, dass der Mörder seiner Frau wieder auf freiem Fuß ist. Die "Ich hab doch einigermaßen starke Blähungen"-Mimik Schweigers grenzt inzwischen an Overacting.
20:45 Uhr: Die türkischen Ganoven machen jetzt Jagd auf Tschiller. Dabei lernen Gut und Böse die Dachgärten der Stadt kennen und wir Zuseher, dass man in Istanbul eine Viertelstunde ungestört rumballern kann, ohne dass die Polizei auftaucht. Jetzt muss man aber so fair sein und dazu sagen, dass die dort mit den Journalisten schon wirklich genug zu tun hat. Apropos genug: Meine Freundin beendet an dieser Stelle bereits ihre "Tatort"-Session. Kann sein, dass ich von ihr noch ein "Dialoge aus der Hölle" vernommen habe. Gute Nacht jedenfalls und bis morgen!
20:50 Uhr: Nachdem die Verfolger eine Viertelstunde nur danebengeballert haben, landet Tschiller wieder im Hotel. Die Rezeptionistin warnt ihn, weil die Gauner auch dort bereits auf ihn warten. Tschiller darf aber bei ihr pennen. Wer der Rezeptionistin den Satz "Komm, gehen wir schlafen, dann ist schneller morgen Früh um 9" ins Drehbuch geschrieben hat, kann eigentlich nicht ganz dicht sein.
21:02 Uhr: Tschiller wird verhaftet und landet im Gefängnis. Aus dem Nichts taucht dort aber plötzlich Gümer auf, der ihm ganz easy zur Flucht verhilft. Die Suche nach Tochter Tschiller führt die beiden jetzt nach Moskau. Wann ist eigentlich das erste WM-Halbfinale? Ein Fußballmatch wäre jetzt toll. Auch das Aufwärmen des Schiris wäre okay.
21:32 Uhr: Die beiden Kollegen suchen in den einschlägigen Etablissements der Stadt nach der Vermissten. Eine Prostituierte bestätigt, dass türkische Mädels nach Moskau verschleppt werden und dabei auch Organhandel eine Rolle spielt, was Papa Tschiller naturgemäß ziemlich an die Nieren geht. Es geht ihm auch alles zu langsam. "Es reicht jetzt mit dem Kindergarten!", sagt Nick Tschiller später. Der erste gute Satz des Abends. Und ja, es geht auch wirklich alles zu langsam.
21:48 Uhr: No Joke! Tschiller sitzt jetzt tatsächlich mit Gümer und der Prostituierten auf einem Mähdrescher und macht damit eine Stadtrundfahrt in Moskau. Im Vergleich dazu ist jede einzelne Story, in der Batman und Robin vorkamen, eine Ausgeburt an Realismus. Wobei: Mathias Rust? Was macht der eigentlich heute? Eine "Was wurde aus Mathias Rust?"-Doku wäre jetzt toll.
21:49 Uhr: Ein kurzer Exkurs für die jungen Leser: Der deutsche Hobbypilot Mathias Rust landete am 28. Mai 1987 als 18-Jähriger unbemerkt von der sowjetischen Luftabwehr mitten auf dem Roten Platz in Moskau. Liebe und Frieden habe er bringen wollen, meinte er nach seiner Verhaftung vor Gericht. Der Flug brachte Rust 432 Tage ins Gefängnis, danach ging die Talfahrt weiter: Er stach eine Frau nieder, wanderte erneut für 2,5 Jahre in den Knast, geriet auch später wiederholt mit dem Gesetz in Konflikt und wurde schließlich professioneller Pokerspieler.
21:55 Uhr: Na gut, dann wieder Tatort: Der James Bond für Arme agiert jetzt schon bald zwei Stunden – und noch immer keine Spur von seiner Tochter. In dieser Zeit hätten sowohl Ballauf und Schenk als auch Eisner und Fellner und vermutlich sogar die zwei Schweizer Schnarchnasen bereits drei Fälle gelöst.
22:00 Uhr: Nick Tschiller erfährt jetzt, dass seiner Tochter zwar keine Niere entfernt, jedoch ein Sprengsatz implantiert wurde. Die Halunken wollen sie als lebende Bombe für ein Attentat benutzen. Auch nicht schön. Ein Münchner Tatort wäre jetzt fein.
22:15 Uhr: Papa Tschiller ist soeben – obwohl nur einen Meter daneben eine Tür war – durch eine Hotelwand gesprungen, um während des Jumps mit dem Schießprügel einen Bösewicht abzuknallen und damit gleichzeitig seinem Freund das Leben zu retten. Kann man natürlich so machen. Danach setzt er noch dem Oberschurken mit den Fäusten ein wenig zu. Tschiller ist jetzt in Fahrt und kurz davor, Erdogan abzusetzen und den Klimawandel zu stoppen.
22:16 Uhr: Dennoch: Von Lenny nach wie vor keine Spur. Jetzt verfolgt Papa Tschiller die letzten übriggebliebenen Schurken in einem weißen Opel durch Moskau. Nach der Fahrt mit einem Mähdrescher ist das dramaturgisch zwar nicht so der Burner, aber wurscht. Ist eh gleich aus.
22:23 Uhr: Finally! Tschiller hält seine Tochter wieder in Armen. Der Fall ist de facto abgeschlossen, bis auf eine allerletzte Bagatelle, eine finale Lappalie, eine ultimative Belanglosigkeit: Vati muss nur mehr die Bombe aus seiner Kleinen herausoperieren. Macht er echt gut. Einfach Hammer, dieser Dr. Tschiller.
22:24 Uhr: The End. Dank sei Gott dem Herrn!
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