Der Eurovision Song Contest fällt in diesem Jahr wegen der Corona-Pandemie aus. Allerdings laufen am Samstagabend gleich drei Ersatzshows, teilweise parallel zueinander. Viel zu viel für unseren Autor Christian Stüwe, der mit dem ESC-Hype wenig anfangen kann. Einen Blick riskieren wird er aber trotzdem. Stichwort: Gruppenzwang.
Es gibt Dinge, die man entweder liebt oder man mag sie überhaupt nicht. Rosenkohl zum Beispiel. Karneval. Oder den FC Bayern. Der Eurovision Song Contest ist auch so etwas. Während manche dem kunterbunten Pop-Schlagerfestival regelrecht entgegenfiebern und Mottopartys veranstalten, verdrehen andere schon beim Gedanken an den ESC die Augen.
Ich gehöre zur zweiten Gruppe. Und in diesem Jahr habe ich es noch schwerer als sonst, dem ESC-Hype zu entgehen. Zwar wurde die eigentlich in Rotterdam geplante 65. Auflage des Sängerwettstreits aufgrund der Corona-Pandemie abgesagt, aber am kommenden Samstag laufen zur besten Sendezeit nicht weniger als drei Ersatzsendungen.
ESC-Ersatzshows im Dreierpack bei ARD und ProSieben
Zunächst zeigt die ARD um 20:15 Uhr die deutsche Ersatzshow "ESC 2020 – das deutsche Finale" mit
Davon unbeeindruckt hat ProSieben parallel eine Konkurrenzshow ins Programm genommen, der "Free European Song Contest" startet um 20:15 Uhr und zieht sich bis 0 Uhr hin. Produziert wird die Sendung von niemand geringerem als ESC-Veteran
Funktioniert der Second Screen bei Musiksendungen?
Wer dann immer noch nicht genug hat, kann sich ab 0 Uhr in der ARD nochmals den Song-Contest von 2010 mit dem Triumph von
Angesichts dieses Überangebots frage ich mich, wer das alles gucken soll. Wer schaut sich vier Stunden lang Pop-Schlager-Wettbewerbe an? Und warum?
Bringen echte Fans den Second Screen zum Einsatz? Funktioniert das überhaupt bei Musiksendungen? Und ist es wirklich eine gute Idee von ProSieben, eine zweite ESC-Ersatzshow zu machen?
Wohl eher nicht, selbst Hardcore-Fans dürften mit diesem Angebot überfordert sein. Mir persönlich ist das sowieso alles viel zu viel. Ich habe den ESC immer als unfassbar langweilige Veranstaltung wahrgenommen.
Erst muss man gefühlt stundenlang irgendwelchen Chansonniers aus dem Süden Europas lauschen, dann wild kostümierten Miley-Cyrus-Plagiaten aus Osteuropa bei ihrer Tanzshow zugucken, um schließlich mitanzusehen, wie der meist ziemlich belanglose deutsche Beitrag in einer sich ewig hinziehenden Bewertungsrunde null Punkte aus Weißrussland bekommt.
Der ESC als Gruppenzwang
Eine komplette Verweigerung ist allerdings unmöglich. Denn auch ich als ESC-Muffel muss gestehen, dass der Wettbewerb so seine Momente hat. Natürlich habe ich gesehen, wie Lena Meyer-Landrut zur strahlenden Siegerin wurde.
Der Auftritt von Guildo Horn war schon lustig, der Hype um Stefan Raabs "Wadde Hadde Dudde Da" legendär. Und ich weiß auch, dass Nicole 1982 mit "Ein bisschen Frieden" für den Wunder-von-Bern-Moment des deutschen Schlagers sorgte.
Tatsächlich ist der ESC einer der wenigen Anlässe, in denen das oft zitierte "digitale Lagerfeuer" noch relativ hell brennt und sich die Menschen gleichzeitig vor den Fernsehgeräten versammeln.
Wie bei Fußball-Weltmeisterschaften auch Nicht-Fußball-Fans Fußball schauen, werden am Samstag viele einschalten, die mit Pop und Schlager wenig anfangen können. Man kann sich dem Ganzen einfach nicht komplett entziehen.
Deshalb werde auch ich mal rein- und zwischen den Shows hin- und herzappen. Man will ja schließlich nichts verpassen. Das ist ein Stück weit Gruppenzwang. Und so ein bisschen wie mit dem Rosenkohl. Den musste ich als Kind schließlich auch unter dem sanften Druck meiner Mutter aufessen.
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