Eine anstrengende Woche war das für hauptberufliche Chronistinnen des gesellschaftlichen Parketts dieser Tage. Zunächst geht eine vorweihnachtliche "Promi Big Brother" Staffel zu Ende, die traditionell mit viel Ego und wenig Prominenz aufwartet.

Eine Kolumne
Diese Kolumne stellt die Sicht von Marie von den Benken dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

Noch dazu entspannt sich ein handfester Eklat um Moderator Jochen Schropp, der erstmals in seiner zehnjährigen PBB-Präsentations-Karriere nicht täglich Oberhemden in Farbkombinationen trägt, von dem bis zu 72 Prozent aller Zuschauer, die zu Hause über ein TV-Gerät mit einer Hochauflösung von mindestens 4k Bildqualität verfügen, spontan erblinden. Das führt in diesen ohnehin wirtschaftlich schweren Zeiten zu einem weiteren Komplettzusammenbruch einer ganzen Branche: Mehrere Augenoptik-Unternehmen, die sich in den vergangenen Jahren im Anschluss an "Promi Big Brother" Staffeln einen Großteil ihres Jahresumsatzes sichern konnten, stehen kurz vor der Insolvenz.

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Stichwort Insolvenz: Die diesjährige Ausgabe der Hunger Games für Boulevard-Sternchen mit D-Promi-Vergangenheit gewinnt Reality-Legende Yeliz Koc. Und das sind gute Nachrichten, denn wenigstens gewinnen nicht Matthias Mangiapane, Jürgen Milski oder Paulina Ljubas, die ebenfalls zu den Favoriten für die diesjährige Bonus-Ausschüttung von 100.000 Euro für den Insolvenz-Vermeidungs-Fonds eines von Sat.1 zum Promi hochgejazzten Celebrity-Darstellers gehörten. Da ist Geld und Ruhm bei der Mutter von der Tochter, die Jimi Blue Ochsenknecht angeblich nicht sehen möchte, besser aufgehoben.

Joachim Parfum und die Rechtsextremen

Apropos "wen man nicht sehen möchte": Auch Selbstoptimierungs-Berufsnarzisst Jeremy Fragrance ist diese Woche mal wieder in aller Munde, wie es erfahrene Gesellschafts-Journalisten formulieren. Mal wieder, allerdings nicht unbedingt aus Gründen, für die man einen öffentlichen Sympathie-Aufschwung und einen Integrations-Bambi erwarten kann. Auftritte dieser Art scheinen sich bei Jeremy Fragrance (zu Deutsch: Joachim Parfum) in den letzten Monaten zu häufen. Auch bei der diesjährigen OMR, einer lokalen IT-Messe, bei der sich die Internet-Beauftragten aller mittelständischen Unternehmen des Landes alle zwölf Monate in Hamburg treffen, um einmal im Leben Lena Gercke in echt zu sehen, wenn auch nur aus knapp 120 Metern, hatte Joachim Parfum bereits einen bizarren Auftritt hingelegt, der im Ethik-Knigge seither unter "Sexismus" zu finden ist.

In vollkommen enthemmter Enthusiasmus-Schleife brüllte er von der sogenannten Main Stage, auf der während der OMR sonst nur Finanz-Expertinnen wie Diana zur Löwen oder Popliteraturpreisträger wie Benjamin von Stuckrad-Barre zum komplett durcheuphorisierten Publikum beten dürfen, Sätze wie "Ich könnte es mir sehr leicht machen, ich könnte pro Tag fünf Mädels ficken, ich könnte euch alle verarschen."

Da dieser denkwürdige Auftritt nun jedoch bereits sieben Monate her ist, war es an der Zeit, dass sich der Turbo-Intellektuelle Geruchs-Influencer erneut ins Gespräch bringt. Und das ist ihm, sagen wir mal freundlich, recht(s) gut gelungen. Was war also passiert?

Aus bislang ungeklärten Gründen ist Menschen- und Parfumfreund Jeremy dieser Tage nach New York gereist, um an einer Gala des rechten "New York Young Republican Club" teilzunehmen. Vielleicht hatte er auch nur "Gala" gelesen und gedacht: Die Zeitung hat früher meine Oma immer gelesen, da gehe ich mal hin. So oder so, auf besagter Gala, auf der sich als Hauptredner die größte Hoffnung aller Rechtspopulisten dieser Welt, Donald Trump, die Ehre gab, posierte Jochen Parfum eifrig mit einigen Szenegrößen, die man in Deutschland eher dem rechtsextremistischen Jaucherand zuordnen würde. So entstanden beispielsweise Bilder der strahlenden Frohnatur Jochen Parfum mit Alexander "Malenki" Kleine. Kleine gilt als bekanntes Gesicht der "Identitären Bewegung", die vom Verfassungsschutz als "gesichert rechtsextrem" eingestuft wird. Und das, obwohl sie gar kein Landesverband der AfD ist.

Ich bin kein Nazi, aber …

Nur ein kleines Bild vom selben Abend in New York weiter reüssiert Parfum-Fragrance dann bereits mit David Bendels, dem Herausgeber des Online-Magazins "Deutschland-Kurier". Ein, naja, journalistisches Medium, das viele Experten für das inoffizielle Sprachrohr der AfD halten. Es soll vor allem dem völkischen Flügel der Zukunftspartei AfD nahestehen, der vom gesichert nicht linksradikalen Thüringen-Import Björn Höcke angeführt wird.

Um das Triple der Parfum-Philosophie vollzumachen, gloriert Joachim Parfum auf dem dritten Foto-Kleinod mit dem rechtspopulistischen Politiker Gerald Grosz aus Österreich. Grosz soll noch im Februar auf dem politischen Aschermittwoch der AfD Bayerns Ministerpräsident Markus Söder als "Södolf" und "Corona-Autokrat" bezeichnet haben und Söder daraufhin geklagt und gewonnen haben.

Ein bisschen schließt sich hier der Kreis, denn Fragrance nahm vor Jahresfrist an der 2022er-Staffel "Promi Big Brother" teil, verließ das Haus aber wenige Tage nach Einzug bereits wieder freiwillig, nachdem er herausgefunden hatte, dass die Teilnehmer an Deutschlands zweitgrößtem Live-TV-Format nach dem Dschungelcamp nicht im Hotel Adlon, sondern zumeist in Wohnszenarien eingesperrt werden, die man sonst nur aus RTL ZWEI Dokus kennt, in denen den Protagonisten entweder ein Job oder die Zahnleiste fehlt – oftmals sogar beides. Jeremy Parfum hat seine Zahnleiste noch, wie es nach seinem kleinen Ausflug auf das rechtspopulistische Abstellgleis mit dem Job aussieht, wird sich zeigen.

König Fußball regiert die Welt

Bevor es jetzt aber zu politisch wird und Jeremy Fragrance am Ende daraus ableitet, 2025 als Kanzler kandidieren zu müssen (natürlich für die FDP: "Fragrance der Parfümeur"), lieber schnell ein Themenumschwung zur schönsten Nebensache der Welt. Dem neutralen Fußballfan wird in diesen Wochen viel Diskussionsstoff geliefert. Das Konzept Brot und Spiele funktioniert einwandfrei. Mats Hummels etwa, der knapp 43 Jahre alte Innenverteidiger, der als Jeremy Fragrance der Bundesliga gilt, wird plötzlich zum besten Verteidiger des Landes stilisiert. Gleichzeitig entscheidet sich sein Verein Borussia Dortmund offenbar, keine Fußballspiele, abseits der Champions League mehr gewinnen zu wollen.

Der Traditionsverein aus dem Ruhrpott spekuliert womöglich darauf, sich auf die Königsklasse zu konzentrieren. Man muss allerdings kein Warren Buffett des Rasensports sein, um zu wissen: Das wird stärker nach hinten losgehen als die Abschiedsrede von Thomas Gottschalk am Ende seiner letzten "Wetten, dass...?"-Show. Vermutlich wird man im Achtelfinale Real Madrid zugelost, lässt sich bei nasskalten minus zwei Grad in Dortmund in einem trostlosen Grotten-Kick erstmal mit 0:2 abkochen und dann in Madrid 8:1 die Bude vollhämmern. Natürlich, nachdem man kurzzeitig 1:0 geführt hatte und die Erfolgsfans, die während der Klopp-Jahre spontan zu Fußball-Anhängern wurden, auf Social Media bereits ein zweites Wunder von Malaga herbei kommentieren.

Allerdings nur, bis Ex-Borusse Jude Bellingham mit einem doppelten Hattrick das Aus für seinen ehemaligen Trainer Edin Terzic besiegelt. Wobei ein 8:1 noch freundlich prognostiziert ist. Tritt der BVB in Madrid mit der spielerischen Raffinesse, taktischen Reife und bedingungslosen Einsatzbereitschaft an wie zuletzt im Pokal beim VfB Stuttgart, kann es auch schnell mal zweistellig werden. Aufregende Zeiten im Profifußball-Zirkus – und da ist die 5:1 Klatsche des FC Bayern München bei der mobilen Jugend Forscht Entsatztruppe von Eintracht Frankfurt noch gar nicht mit eingepreist. Darüber, was das unter der Woche für Reaktionen an der stets besonnen reagierenden Säbener Straße hervorbringt, darüber berichte ich eventuell nächste Woche.

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