Wenn man die Dynamik von Fankurven in Fußballstadien kennt, darf man davon ausgehen, dass Mats Hummels beim Verkünden der Mannschaftsaufstellung beim nächsten Auswärtsspiel nach der Ankündigung "Mit der Nummer 15: Mats..." von einem freundschaftlichen, vielkehligen "...BETHMANN!" empfangen wird.

Eine Kolumne
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Falls Sie in der vergangenen Woche alle Boulevardmedien gemieden haben oder heute erst aus einem Koma erwacht sind, hier kurz etwas Kontext: Céline Bethmann gewann 2017 die zwölfte Staffel "Germany´s Next Topmodel" und wird von Wikipedia seither als "deutsches Fotomodell" geführt. Deutsche Influencerin wäre vermutlich passender. Das erkennt der Laie vor allem daran, dass Bethmann bei der Berliner Fashion Week auf dem Roten Teppich und in der Front Row der Designer-Shows fotografiert wird und nicht auf dem Catwalk. Was übrigens keinesfalls ein Abstieg ist – und das in mehrfacher Hinsicht.

Als Model kann man während der Berliner Fashion Week froh sein, wenn man für ein Show-Booking 500 Euro, ein labbriges T-Shirt und 23 Euro Barauslagen gegen Taxiquittung bekommt. Als Influencerin dagegen streicht man für einen reichweitenstark selbstvermarkteten Auftritt als Stargast des Designers vor der versammelten Gossip-Presse auch schon mal 5.000 Euro ein. Plus: Der Auftritt dauert etwa 20 Minuten und damit etwa vier Stunden weniger, als wenn man für ein Zehntel der Gage im Backstage-Bereich erst noch Fitting, Styling, Hair und MakeUp, Anprobe, Durchlaufprobe, Generalprobe und Look Book Shooting absolvieren muss.

Weitere Vorteile: Als Instagram-Starlet und/oder TikTok-Vortänzerin spielt man sich schnell in den Fokus von potenziellem Heiratsmaterial mit Vermögenshintergrund. Wie etwa Nationalspieler Mats Hummels. Hummels, eigentlich verheiratet mit der Frau, die ihn schon in ihr Herz schloss, als er noch bei Bayern München in der Jugend spielte. Damals kannte ihn außer ein paar hartgesottenen langzeitarbeitslosen Edelfans, die ihre Tagesfreizeit auf den Trainingsplätzen der A- und B-Jungend verbrachten, eigentlich niemand. Vor allem nicht Felix Magath oder Ottmar Hitzfeld, die ihn als Cheftrainer des FC Hollywood 2007 und 2008 für noch nicht bundesligatauglich einstuften und an Borussia Dortmund ausliehen. Und noch weniger Jürgen Klinsmann, der Hummels im Februar 2009 komplett zum BVB verschachern ließ. Eine Fehlentscheidung, die nicht wenige Bayern-Fans bis heute als eine der fatalsten der Vereinsgeschichte einstufen. Hummels wurde in Dortmund Kapitän, Nationalspieler und Weltmeister, Jürgen Klinsmann erlebte nicht mal das Saisonende der Saison 2008/2009 und gilt heute als der Sargnagel von Hertha BSC Berlin.

Hallo aus dem Schlafzimmer von Mats Hummels

Aber zurück zum Thema. Stichwort Fehlentscheidung: Mats Hummels' größtes Hobby abseits von Eigentoren und verlorenen Zweikämpfen in unmittelbarer Nähe des eigenen Strafraums ist jedenfalls das Platzieren von Flirt-Nachrichten in Postfächern attraktiver junger Influencerinnen auf Instagram. Und hier schließt sich der Kreis. Auch die erfolgreiche Alumna der Heidi-Klum-Akademie für optisch anmutende Baumarkteröffnerinnen wurde, wie man in der Jugendsprache dieser Tage sagt, gehummelt. Hummeln bedeutet: Erregter Nationalspieler sendet Social-Media-Signale eindeutiger Natur an hübsches Internetmodel. Im Flirtfall Céline Bethmann verfing diese Taktik zuungunsten Hummels' am Ende recht öffentlich. Das romantische Private Dinner wurde instagramgerecht von Bethmann dokumentiert und mit einigen Schnappschüssen aus Mats Hummels' Wohnung garniert, inklusive verdächtig durchwühltem Bett im Hintergrund.

Ob diese Veröffentlichungen, die die Sensationsgier von Medien und Öffentlichkeit mehr triggern als K.o.-Tropfen-Witze von Luke Mockridge und Joyce Ilg, mit Mats Hummels abgesprochen waren, ist unklar. Wahrscheinlich ist es aber nicht, denn was folgte, war ein gleichsam erwartbarer wie ermüdender digitaler Empörungs- und Ereiferungsorkan der Extraklasse. Fans von Cathy Hummels und Céline Bethmann lieferten sich einen öffentlichen Schlagabtausch, gegen den der Roast von Justin Bieber als Hochzeitsrede durchgeht. Insbesondere Bethmann kassierte einen Shitstorm-Tsunami aus dem Lehrbuch und musste sich als Ehebrecherin und skrupellose Goldgräberin beschimpfen lassen, die sich an verheiratete Männer und Familienväter ranschmeißt. Um dem Thema, das einige Tage den Boulevard mehr beherrschte als seinerzeit die Trennung von Dieter Bohlen und Verona Feldbusch, die Intensität zu nehmen, griff Bethmann am Ende zu einem zwar etwas indiskreten, aber dafür wirksamen Mittel: Sie zeigte den Nachrichtenverlauf mit Schwerenöter Mats Hummels, aus dem eindeutig hervorgeht, wie sie sich vor ihrem vermeintlich wilden Auftritt in Mats Hummels' Schlafzimmer explizit abgesichert hatte, dass der Fußballstar Single ist.

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Matthäus 13: 08-15

Höhere Wellen als das Bethmann-Hummels-Dilemma schlug diese Woche eigentlich nur noch das realsatirische TV-Fiasko "Die Passion", bei der RTL einen von Alexander Klaws gespielten Jesus in der Ruhrpottmetropole Essen ein von Thomas Gottschalk moderiertes Krippenspiel live aufführen ließ. Die gesamte Darbietung geriet zu einer derartig perfekten Inszenierung eines Tutorials, wie man Fernsehen auf keinen Fall machen darf, dass Branche wie Zuschauer fasziniert an den Rundfunkgeräten ausharrten. Eigentlich fehlte der gefühlt sechsstündigen kreativen Selbstaufgabe nur noch, dass vor den Werbeblöcken ein Gewinnspiel für die Zuschauer eingeblendet worden wäre:

Wie starb Jesus?
a) Ans Kreuz genagelt
b) An Leberwurstsemmel verschluckt

Im Laufe des Abends wurde wild an verschiedene Locations geschaltet, jedoch leider nie in die Programmdirektion von RTL, wo sich die für "Die Passion" verantwortlichen Senderchefs hysterisch eine Arche bauen. Letztendlich muss man attestieren: Auch hier bestätigte sich mal wieder die Tradition, dass die Verfilmung meist schlechter ist als das Buch.

Mein persönlicher Höhepunkt der, sagen wir mal, originellen Besetzungsideen der RTL-Beauftragten für Jesusfestspiele war dann die Schlagersängerin Ella Endlich, die die Mutter von Jesus spielen durfte. Fun Fact am Rande: Endlich ist 1984 geboren – und damit ein Jahr nach ihrem Sohn Alexander Klaws. Ich erinnere mich, dass die Geburt Jesu auch in der tatsächlichen offiziellen Überlieferung schon eigentümlich genug ist (jungfräuliche Empfängnis, Sie erinnern sich vielleicht). Ob aber Jesus von einer Frau geboren werden konnte, die erst ein Jahr nach ihm auf die Welt kam, das ist nach eingehender Recherche der Katholischen Landjugend Essen-Katernberg sogar im Vatikan umstritten.

Maria Frauke Magdalena-Ludowig

Unrühmlicher als der Auftritt als Frank Buschmann der Kreuzigungsgeschichte ist für Thomas Gottschalk eigentlich nur noch sein Cameo beim GNTM-Finale 2019, als er eingepeitscht von einer hemmungslos durcheuphorisierten Heidi Klum spontan die längst ausgeschiedene Kandidatin Theresia Fischer mit ihrem 40 Jahre älteren Freund vermählen musste. Im Prinzip wartete man den gesamten Mittwochabend nur darauf, dass Neu-Influencer Gottschalk mit dem Rabattcode "Thommy22" 50 Prozent schnellere Bearbeitung auf Anträge zum Kirchenaustritt auslobt.

Und natürlich auf "Die Passion – die Stunde danach", das Live-Magazin, in dem die Maria Magdalena von RTL, Frauke Ludowig, mit dem Pontius Pilatus der News-Branche, Nikolaus Blome, die Jesus-Experten Harald Glööckler, Julian FM Stöckel, Gina Lisa Lohfink, Kader Loth und Bert Wollersheim (der ja Jesus noch persönlich kannte) dazu befragen, ob man das mit Judas hätte vorausahnen können und ob Maria und Josef ihre Geschichte statt an die katholische Kirche nicht besser an die "Bunte" hätten verkaufen sollen. Dann wäre uns allen vermutlich viel erspart geblieben, vor allem auch "Die Passion". Bis nächste Woche!

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