Johannes B. Kerner feiert 60. Geburtstag. Der Star-Moderator präsentiert sich gut gelaunt wie immer, obwohl er "zu der traurigen Erkenntnis" gelangt ist, "dass nun Halbzeit" sei.
Er war der Beste im Fernsehen. Vielleicht nicht der Allerbeste, aber gemessen an seiner Popularität war er der Größte, über dem nur noch Übergott
Wirklich erst 60? Es sollte Leute geben, die behaupten, sie hätten ihn schon vor der aktuellen Zeitrechnung im Fernsehen gesehen, als es noch zwei völlig verschiedene Deutschlands gab. Da ist was dran.
Kerners Berufswunsch zu Grundschulzeiten: "Sportjournalist beim Fernsehen"
Johannes Baptist wurde 1964 in Bonn geboren. Er entstammt einem soliden, rheinisch-katholischen Elternhaus, der Vater ist in der damaligen Bundeshauptstadt Regierungsdirektor, die Mutter Sachbearbeiterin. Nach dem Abitur am Jesuitenkolleg in Bad Godesberg studiert der junge Kerner Betriebswirtschaftslehre, was er jedoch nicht zum Abschluss bringt, denn das Fernsehen lockt.
Zunächst macht er im damaligen Westberlin beim Sender Freies Berlin (SFB) ein Praktikum - und auch ohne abgeschlossenes Studium Karriere im Schnelldurchlauf, denn er spürt, dass er hier angekommen ist: "Ich wusste schon zu Grundschulzeiten, was ich werden wollte - Sportjournalist beim Fernsehen. Hab' meine Kumpels damit genervt, dass ich es kommentiert habe, wenn wir auf den Mülltonnen herumgekickt sind", zitiert unter anderem die "Hamburger Morgenpost" aus einem Interview mit der dpa.
Nun spielt er sein unübersehbares Talent auf der richtigen Spielwiese aus: Johannes B. Kerner ist ein aufgeweckter Bursche, charmant und begreift schnell. Zudem ist er blond, sieht gut aus, und besitzt die seltene Gabe, sich völlig zwanglos vor der Kamera bewegen zu können. So beginnt 1986 seine TV-Karriere als Sportreporter, rasch darf er die Sendungen "Sport 3" und "SFB-Sportreport" moderieren.
Vom Sportmoderator zum Talkshow-Gastgeber
1990, im Jahr der deutschen Wiedervereinigung, präsentiert er im Wechsel "Punkt 5 - Länderreport" in der ARD. Zwei Jahre später wechselt er zum Privatsender Sat.1 und moderiert das populäre Fußball-Magazin "ran2" und 1996 bekommt er, ebenfalls bei Sat.1, seine erste tägliche Talkshow mit dem Titel "Kerner".
Das macht er so gut, dass er noch im selben Jahr zum ZDF wechselt. Und nun legt er noch mal eine Schippe drauf und gibt Vollgas. Der "Spiegel" schreibt, dass er über zehn Jahre lang die "Kernerisierung des ZDF" vollzogen und am Ende jede zweite ZDF-Sendung moderiert habe, "gefühlt jedenfalls".
Jahre später lautet die Geschichtsschreibung des "Spiegels" in Sachen Kerner so: "Es gab mal eine Zeit, da war Johannes B. Kerner das Gesicht des ZDF. Wochentags hockte er in seiner eigenen Talkshow, am Wochenende kochte er lecker Essen oder kommentierte Fußballspiele. Und wenn es eine schöne Gala oder einen bunten Jahresrückblick zu moderieren gab, machte das auch: Johannes B. Kerner."
In der Praxis sieht das so aus: Dienstags bis freitags moderiert er mit "Johannes B. Kerner" die populärste Talkshow im deutschen Fernsehen. Am späteren Freitagabend lässt Kerner im ZDF aufkochen. Und am Wochenende ist er im "Aktuellen Sportstudio" einer der Moderatoren.
George Clooneys Absage schreibt Fernsehgeschichte
In einer Adventswoche sagt der Hollywoodstar
Und am Samstag wird im ZDF "Lafer!Lichter!Lecker!" ausgestrahlt, ebenso aus der Werkstatt von Kerners Produktionsfirma "Die Fernsehmacher" wie das Format "Born to cook". Außerdem moderiert er den Jahresrückblick "Menschen" sowie "Unsere Besten".
Um es im Jargon der österreichischen Kultband "Erste Allgemeine Verunsicherung" zu sagen: Kerner ist immer und überall. Nach wie vor wirkt er routiniert und unverbraucht. Dieter Bohlen (70), bei Kerner ein gern gesehener Gast, sagt laut "FAZ", er habe dem Johannes ins Gesicht und tief in die Seele geschaut. Wenn er in Kerners "kleine Äuglein" blicke, dann könne er erkennen, dass dieser glücklich sei.
Auf der Achterbahn des Glücks
Das könnte jetzt ewig so weitergehen, geht es ja auch ein Weilchen, obwohl es schon ein bisschen grummelt. Die "FAZ" schreibt, dass Kerner abdecke, "was im Lande als diskursfähig gilt", dass er "eine Art deutscher Mentalitätsgeschichte geschrieben" habe, "populär und erfolgreich" sei. Die Überschrift lautet jedoch: "Gesundes Mittelmaß", Lobeshymnen klingen anders. Und im "Spiegel" ist in Bezug auf Kerner von einer "sehr speziellen öligen Streberhaftigkeit" die Rede, was auch nicht sonderlich sympathisch klingt.
Als Kerner dann 2007 eine ehemalige "Tagesschau"-Sprecherin wegen ihrer unsäglichen Aussagen zur NS-Familienpolitik aus seiner Show wirft, schreibt die "Welt" von einer "öffentlichen Hinrichtung der Eva Herman", mit der sich der Star-Moderator "keinen Gefallen" getan habe.
2009 erfolgt das bittere Ende einer großen Liebe. Sender und Moderator verhalten sich "wie Ehepartner, von denen der eine dem anderen erklärt, um wie viel wichtiger er selbst für die Beziehung sei", urteilt die "Süddeutsche Zeitung". Kerner verlässt das ZDF. Bis dahin konnte man sich das Zweite Deutsche Fernsehen ohne den jungenhaften Moderator kaum mehr vorstellen - und umgekehrt. Jetzt aber lässt das ZDF kühl verlauten, dass die Zusammenarbeit mit Johannes B. Kerner mit Jahresschluss ende, weil man sich nicht über die Konditionen für eine Vertragsverlängerung habe einigen können.
Johannes B. Kerner über "die Momente des Selbstzweifels"
Hat Kerner sich überschätzt und verzockt? Gleichzeitig gibt er bekannt, dass er zurück zu Sat.1 wechsele. Das neue Engagement entwickelt sich desaströs. Kerner, der Topstar der deutschen TV-Szene, lockt mit seiner Sat.1-Show "Kerner" immer weniger Zuschauerinnen und Zuschauer - bis die Sendung im Dezember 2011 ganz eingestellt wird. Für Kerner, "ein harter Schlag", wie er es in einem Interview mit Bärbel Schäfer (60) der Zeitschrift "Emotion" sagt.
Und plötzlich ist sie da, die Angst, dass jetzt alles zu Ende sein könne. Da kommen dann "die Momente des Selbstzweifels", schließlich will er ja "in meinem Beruf unbedingt weitermachen". Das kann er auch, sogar wieder im ZDF, Rückkehr im Herbst 2013.
Seitdem "moderiert sich Kerner wieder durch das ZDF-Programm", schreibt die "Gala", nicht mehr so intensiv wie früher, aber er ist wieder am Ball und präsentiert zum Beispiel zu Silvester 2024 mit Andrea Kiewel (59) die große ZDF-Fernsehparty "Willkommen 2025".
Nach privaten Umbrüchen ist alles wieder im Lot
Andererseits hat das Blatt beobachtet, "wie es im Leben nun mal ist - jetzt, wo er beruflich wieder gut im Geschäft ist, bricht sein Privatleben zusammen". Seine Ehe (vier Kinder) ist gescheitert, 2016 geben Kerner und seine Frau, die ehemalige Hockeynationalspielerin Britta Becker (51), ihre Trennung bekannt, Scheidung drei Jahre später.
Doch auch sein Gefühlsleben kommt wieder in die Spur. Nach Intermezzi mit einer Psychologie-Studentin und einer Unternehmensberaterin heiratet er im Frühjahr 2024 die Kunstmanagerin Alina Schiess (33).
Natürlich sieht er nicht wie 60 aus, das tut heutzutage kaum ein 60-Jähriger. Eigentlich sieht er aus wie immer, irgendwie alterslos. Blond, an den Schläfen leicht ins Graue changierend, gut gelaunt, aufgeräumt, ein Mann im Lot, obwohl er "zu der traurigen Erkenntnis" gelangt ist, "dass nun Halbzeit" sei. Immerhin sei er nun "wild entschlossen, die nächsten 60 klug zu wuppen". (ln/spot) © spot on news
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