• Pinar Atalay, Linda Zervakis und Jan Hofer haben innerhalb weniger Monate die Nachrichtenredaktion der ARD verlassen.
  • Das Trio wechselt zu Privatsendern. Dort bekommen die ehemaligen ARD-Gesichter Shows, die auf sie zugeschnitten sind und mehr Spielraum zur Selbstverwirklichung als die "Tagesschau" bieten.
  • Neben inhaltlichen könnten auch finanzielle Aspekte eine Rolle beim Wechsel ins Privatfernsehen gespielt haben.

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Am 14. Dezember 2020 verabschiedete sich Jan Hofer als Chefsprecher der "Tagesschau". Am 26. April 2021 las Linda Zervakis zum letzten Mal die Nachrichten vor. Und nun verkündete auch noch Pinar Atalay ihren Abschied von den "Tagesthemen".

In einem knappen halben Jahr hat die ARD somit drei ihrer bekanntesten und beliebtesten Nachrichtensprecherinnen und -sprecher verloren. "Tagesschau" und "Tagesthemen" gelten nach wie vor als höchster Standard des Fernsehjournalismus, generationenübergreifend gehören die Formate zu den bekanntesten und am häufigsten eingeschalteten im deutschen TV. Die Frage ist also, wie es zu einem solchen personellen Aderlass kommen konnte.

"Jan Hofer ist nach mehr als 30 Jahren bei der Tagesschau in Rente gegangen. Linda Zervakis und Pinar Atalay wollten etwas Neues ausprobieren. Die Veränderungen bieten Nachwuchs-Moderatorinnen und -Moderatoren bei uns neue Chancen", erklärt Marcus Bornheim, Erster Chefredakteur ARD-aktuell, auf Nachfrage unserer Redaktion.

Jan Hofer nahm an "Let's Dance" teil und übernimmt RTL-Nachrichtenshow

Tatsächlich hat Hofer, der im Januar 69 Jahre alt wurde, das gesetzliche Rentenalter sogar schon überschritten. Wirklich in den Ruhestand verabschiedet hat sich der Journalist, der 35 Jahre bei der Tagesschau tätig war, aber nicht. Im Frühjahr nahm er an dem RTL-Format "Let's Dance" teil. Ende März verkündete er eine weitere Zusammenarbeit mit dem Kölner Privatsender. Dort wird er künftig eine Nachrichtensendung moderieren, die an jedem Wochentag ausgestrahlt wird.

Auf Hofers Instagram-Account sieht man Bilder vom Training für "Let's Dance", der Journalist ist dort mit Kai Ebel oder Mickie Krause zu sehen. Einen Hang zur Entertainmentbranche hatte Hofer schon immer, er spielte beispielsweise 2007 eine Nebenrolle in der Komödie "Neues vom Wixxer", er nahm an Spiel- und Quizshows teil. Es kann also in gewisser Weise als symbolische Handlung gedeutet werden, dass Hofer beim Abschied in seiner letzten "Tagesschau" seine Krawatte lockerte und schließlich ganz abnahm. Hofer öffnete sich damit für Formate, die weniger ernst und ritualisiert als die "Tagesschau" sind.

Linda Zervakis bekommt eine Show mit Matthias Opdenhövel bei ProSieben

Ein weiterer Punkt dürfte sicherlich sein, dass die neue Nachrichten-Show bei RTL auf Jan Hofer zugeschnitten werden soll. Denn egal wie bekannt und beliebt die Sprecherinnen und Sprecher sind, die "Tagesschau" ist eine Institution, die nur wenig Raum für persönliche Entfaltung lässt.

Ähnliche Beweggründe dürften auch Atalay und Zervakis angetrieben haben. Zervakis wechselt zu ProSieben, wo sie künftig mit Matthias Opdenhövel eine eigene Show präsentieren wird. "Für mich war es an der Zeit für eine neue Herausforderung, ich wollte etwas Neues wagen", erklärte sie bei der Vorstellung ihrer neuen Sendung: "Während ich bislang meist nur über traurige und tragische Meldungen berichten musste, wollen Matthias und ich in 'Zervakis & Opdenhövel. Live.' Menschen informieren, Themen mit Gästen vertiefen und die Zuschauer unterhalten. Hier kann ich alles einbringen, was mir vor der Kamera Spaß macht."

Während Zervakis künftig also bei ProSieben zu sehen sein wird, wechselt Atalay zu RTL. Dort wird die 43-Jährige ab 1. August wie Hofer zum Nachrichtenteam um Peter Kloeppel gehören. "In diesen politisch spannenden Zeiten wird das journalistische Profil von RTL weiter gestärkt, und ich freue mich, daran teilhaben zu dürfen", erklärte sie.

Auch finanzielle Faktoren könnten bei den Abschieden eine Rolle gespielt haben

Neben den neuen Herausforderungen und der Möglichkeit, sich persönlich einzubringen, könnte allerdings auch der finanzielle Faktor eine Rolle bei den Abschieden gespielt haben. "Gleich drei von den Zuschauern lieb gewonnene Nachrichtengesichter an private TV-Sender zu verlieren, sollte der ARD zu denken geben", sagte der frühere "Tagesschau"-Sprecher Marc Bator, der bereits 2013 zu Sat.1 gewechselt war, gegenüber dem "Redaktionsnetzwerk Deutschland": "Bei allem Respekt muss sich die ARD auch mal hinterfragen, ob ihre Bezahlung und die Flexibilität in der Ausgestaltung der Dienstverträge noch zeitgemäß sind."

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Die Moderation einer Ausgabe der "Tagesschau" wird mit 259,89 Euro vergütet. Auch wenn mehrere Einsätze am Tag möglich sind, darf es als sicher gelten, dass die Tagessätze bei den Privatsendern deutlich höher sind. Eine Mischung aus größerer persönlicher Freiheit und besserer Vergütung dürfte also letztlich ausschlaggebend dafür gewesen sein, dass mit Jan Hofer, Linda Zervakis und Pinar Atalay gleich drei bekannte Gesichter die Nachrichten-Redaktion der ARD verlassen haben.

Verwendete Quellen:

  • Schriftliches Statement von Chefredakteur ARD-aktuell Marcus Bornheim
  • RTL.de: Let's Dance-Star Jan Hofer bekommt bald seine eigene Show bei RTL
  • ProSieben.de: "Zervakis & Opdenhövel. Live.": Linda Zervakis und Matthias Opdenhövel moderieren ab Herbst 2021 auf ProSieben
  • rnd.de: Sat.1-Anchorman Marc Bator über Abgang von Pinar Atalay: "Sollte ARD zu denken geben“
  • blog.tagesschau.de: Wenn dem Sprecher schlecht wird

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