Starten wir diese wissenschaftliche Fachanalyse der "Promi Big Brother"-Staffel 2023 doch einfach mal mit einer kurzen Wissensabfrage aus dem Bereich TV-Produktion: Wissen Sie, was ein Cold-Opener ist? Kleiner Hinweis: Das hat nichts mit dem Öffnen eines kühlen Getränks zu tun, das durch Gärung aus stärkehaltigen Stoffen gewonnen, mit Hefe versetzt und nicht destilliert wird.

Marie von den Benken
Eine Kolumne
Diese Kolumne stellt die Sicht von Marie von den Benken dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

Cold-Opener ist ein Fachbegriff aus der Fernseh-Welt und bedeutet so viel wie: Ohne Anmoderation direkt rein ins Geschehen. Genau diesen handlungsoffenen und oft aufwühlenden Kunstgriff serviert uns der Sat.1-Chefdramaturg an Tag Drei. Vermutlich, um für die lange Wartezeit bis 23 Uhr zu entschädigen, die man der dieses Jahr überraschend stabilen Fanbase am Mittwochabend zumutet.

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Dafür geht es dann aber direkt live ins Auffanglager für karrierekritisches Reality-Fallobst. Der einträchtig um den Wohncontainer-Esstisch sitzenden Bewegtbild-Elite des Landes wird live verkündet: "Heute passiert noch etwas. Ihr werdet sicher sehr bewegt sein". Halleluja. Es passiert etwas. 24 Stunden auf 30 Quadratmetern, eingepfercht mit Großdenkern wie Dilara Kruse oder Philo (Nachname fehlt unentschuldigt) und dazu noch auf Haferflocken-Diät, da verfällt man schnell in einen kognitiven Nullmodus, bei dem Langeweile noch zu den angenehmsten Nebenwirkungen gehört. Entsprechend euphorisch nimmt man jede Abwechslung zur Kenntnis.

Wobei "Ihr werdet sehr bewegt sein" jetzt natürlich unterschiedlich interpretiert werden kann. Für die Bewohner der reichweitenstärksten D-Promi-WG der Nation natürlich auch kognitiv ein Balanceakt: Heißt das jetzt, dass man rührende Videos von den Liebsten bekommen wird – oder handelt es sich doch eher um ein grenzdebiles PBB-Spiel, bei dem sie als Marionetten agieren müssen. Für seinen latenten Hang zu kleinen, fiesen Nickeligkeiten ist das Show-Mastermind Big Brother ja bekannt. Wir dürfen also gespannt sein.

Jürgen trägt dick auf

Zunächst aber geht es primär um Ernährungsfragen. Genauer gesagt um Unterernährungsfragen. Um den brutalen Kalorien-Entzug im Anti-Luxus-Resort für schwer karrierebeschädigte Instagram-Selbstdarsteller auf die Spitze zu treiben, kassiert Big Brother jeden Morgen alle verbliebenen Nahrungsmittel ein und hinterlässt der Container-Belegschaft als kulinarische Versorgung lediglich einige Kilo Haferflocken (O-Ton Matthias Mangiapane: "Ein Sack Pferdefutter"). Folgerichtig sind die Mägen der Kandidaten demnächst beinahe noch leerer als ihre Konten.

Diese Vollkorn-Getreide-Diät führt zwangsläufig zu befremdlichen Einzelschicksalen. Jürgen Milski beispielsweise, der sich für "den fittesten fast 60-Jährigen der Welt" hält, fatshamed ansatzlos Berufs-Magier Philo. Hat sich Magier Philo etwa einige Kilo zu viel auf die Rippen gezaubert? Oder warum verwechselt Millski Container-Chef mit Container-Schiff? Philos Beschwerde-Attitüde über zu wenig Essen und zu viel Sport kommentiert der Dieter Bohlen des "Oberbayern" jedenfalls mit den Worten: "Das tut dir auch mal gut". Auf Twitter würde man fragen: Hat Jürgen Milski Philo gerade Fettsack genannt?

Yeliz Koc in ihrem Element

Viel Zeit für Mobbing-Diskussionen bleibt allerdings nicht, denn "Bachelor"-Beau Dominik Stuckmann eröffnet feierlich die PBB-Zoten-Festspiele. Veterinärmediziner Dominik enthüllt der staunenden Haferflocken-Gang: "Ein Pferd hat schon ein fettes Rohr". Umgehend entspannt sich eine Fachkonferenz über kuriose primäre Sexualorgane. Von dieser unterleibsorientierten Stimmung aufgeputscht lässt sich sogar Iris Klein zu einem Plauderstündchen über das zarte Gebälk von Noch-Gatte Peter Klein hinreißen: "Wenn er durchhängt wie eine Cannelloni, das ist auch nicht schön."

Roberto Blancos Lieblingstochter Patricia Blanco dagegen hadert eher mit dem Großvolumen: "Die meisten, die so ein dickes Ding haben, können damit nicht umgehen." Paulina Ljubas sieht das anders und schüttelt vehement mit dem Kopf. Von jemandem, der schon mal Live-Sex vor einer Reality-TV-Kamera hatte ("Ex on the Beach"), aber nicht verwunderlich. Außerdem ist sie aktuell wohl mit Tommy Pedroni liiert. Das aber hier nur fürs Protokoll. Hashtag: #LongTommy. Für alle, die jetzt denken: "Hä? Wer ist Tommy Pedroni?" hier eine vollständige, ausführliche Zusammenstellung seiner größten Erfolge:

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Nein, kleiner D-Promi-Diss. Tommy Pedroni ist nahezu weltbekannt. Tommy Pedroni klingt nicht nur wie eine Kult-Pizzeria in Spandau, sondern war auch schon mal mit Paulina Ljubas in Venedig. Quasi von seinem Instagram-Kanal auf den Canale Grande. Passend dazu gibt es in der Trash-TV-Gemeinde Gerüchte, Paulina würde Tommys bestes Stück "Canale Grande" nennen - und da schließt sich unser Sextalk-Kreis. Und gleichzeitig auch die Tür für diese Kolumne, auf der "Niveau" stand.

Strafe folgt auf dem Fuß

Obwohl, im wilden Ritt durch das Obszönitäten-Kabinett geht es nahtlos weiter mit dem nächsten Ausflug in die präpubertäre Phase der männlichen Container-Fraktion. Aber mal der Reihe nach: Auch Yeliz Koc ist hungrig und durstig. Sogar den Lack, den sie diversen Instagram-Kommentaren zu ihren Social Media Einlassungen zufolge normalerweise in handelsunüblichen Großmengen konsumiert, konnte sie während des vorangegangenen Dr. Sommer Specials "Penisgrößen" nicht saufen, weil sie ihn komplett für ihre Fußnägel verbraucht hat. Das allerdings hat sich gelohnt. In einer repräsentativen Umfrage bei sich selbst wählt Ron Bielecki die Füße von Yeliz Koc zu den schönsten Füßen des Universums. Und outet sich nebenbei als Fußfetischist.

Sat.1 gibt Rons Hauptberuf kryptisch mit "Skandal-Streamer" an. Was mag sich dahinter wohl für eine Profession verbergen? Überträgt Ron AfD-Parteitage live? Dann wäre er ein Fußfetischist beim Vollfaschist. Fuß-Lukullus Ron ist mit seiner Vorliebe übrigens nicht allein: Statistisch betrachtet haben 18 Prozent aller Männer einen Fußfetischist. 18 Prozent, oder wie die SPD sagt: Schön wär’s.

Um den Iris/Peter Klein Fremdscham-Marathon weiter auszuschlachten, beichtet Matthias Mangiapane Yeliz Koc anschließend seine eigene Leidensgeschichte mit Iris Klein. Die zeigt sich sowohl desinteressiert als auch ahnungslos. Umgehend zeigt sich Mangiapane zickiger als Oliver Kahn, wenn er auf Uli Hoeneß trifft: "Hast du damals kein RTL gesehen?" Hat Yeliz offensichtlich nicht. Ich allerdings auch nicht. Dafür aber "Promis unter Palmen". Ein Format, bei dem Matthias Mangiapane offenbar seinen Vertrag nicht richtig gelesen hatte.

Fälschlicherweise ging er damals davon aus, er nähme an "Peinlich unter Palmen" teil. Vertragskonform nutzte er daher die vollständige Sendezeit, um gemeinsam mit seiner Läster-Entourage (Carina Spack, wer auch immer das ist, und Bastian Yotta, der nach sexistischen Ausfällen und massiver Tierquälerei inzwischen bei den deutschen Reality-TV-Leuchttürmen RTL und Sat.1 auf der Blacklist steht) ausschließlich auf Claudia Obert rumzuhacken. Claudia Obert kennen Sie vielleicht. Sie gehörte zum engsten Freundeskreis von Karl Lagerfeld. Der Star-Designer erwähnte sie einst sogar in seinem legendären Markus-Lanz-Interview, in dem er sagte: "Ich habe auch Claudia gefragt, in der Entzugsklinik kennt die keiner!"

Nominierung Las Vegas Style

Um den Zwietracht-Katalysator anzuwerfen, sollen die Haferflocken-Avengers anschließend in einer Art Insolvenz-Memory spielerisch den nächsten Nominierten küren. Die Kandidaten müssen aus einem Haufen Karten mit den Konterfeien aller Insassen die Karte mit genau dem Mithäftling heraussuchen, den sie gerne für den Auszug nominieren würden. Damit füllt Sat.1 geschlagene 25 Minuten, entsorgt aber gleichzeitig immerhin noch eine knappe halbe Stunde der von "Galileo Mystery" übriggebliebenen Dramamusik. Matthias Mangiapane, dessen letzter TV-Erfolg bereits mehr als drei Jahre zurückliegt, als er die Regina Halmich der Celebrity-Deathmatch-Branche, Julian F. M. Stoeckel, beim "Promiboxen" auf die Bretter schickte, wird von seinen Trash-WG-Kollegen auf die Abschussliste gesetzt.

Im obligatorischen Spiel um ein Abendessen versagen die Pisa-Studienabbrecher spät in der Nacht dann spektakulär. Sie halten Istanbul für die Hauptstadt der Türkei, Toronto für einen US-Bundesstaat und Scheidenheim für eine Stadt in Deutschland. Scham sucht man für diese Wissens-Bankrotterklärung allerdings vergeblich. Paulina Ljubas ist sogar fassungslos: "Wir sind doch alles Menschen mit sehr guter Allgemeinbildung!" Verpassen Sie morgen also auf keinen Fall Tag 4, wenn Paulina Schützenhilfe von Lothar Matthäus erhält, der ihr versichert: "Wir sind doch alles Menschen mit sehr guten Englischkenntnissen". Oder falls Sie es doch verpassen, halb so wild: Ich werde berichten! Bis dann!

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