An Mallorca-Party-Musik scheiden sich die Geister, an klassischer Musik aber auch. Tommi Schmitt versöhnt in seiner Ausgabe von "Wer stiehlt mir die Show?" beide Seiten. Das macht er nicht nur unterhaltsam, originell und einfallsreich, sondern auch zum Entsetzen seiner Rate-Gäste.

Christian Vock
Eine Kritik
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"Seid doch mal bitte leise", herrschte Joko Winterscheidt in der vergangenen Folge das Publikum an, um sich besser konzentrieren zu können. Zuvor tigerte er bereits im Kreis herum, weil ihm die Antwort auf die entscheidende Finalfrage partout nicht einfallen wollte. "Um welchen Song geht es in 'The Greatest Night in Pop'?", wollte Katrin Bauerfeind wissen. Winterscheidts Finalgegner Tommi Schmitt hatte sich sehr schnell auf "We Are the World" festgelegt, Winterscheidt hingegen geriet ins Schwimmen.

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Doch so leise das Publikum auch war, Winterscheidts Erinnerung wollte einfach nicht auf den entscheidenden Song-Titel in der Netflix-Doku kommen, stattdessen schrieb er "Heal the World" auf. Damit gewann Tommi Schmitt das Finale, Winterscheidts Moderatoren-Job für die nächste Ausgabe und auch eine gehörige Portion Muffensausen. "Ich will gar nicht", erkannte Schmitt bei seinem Sieg. Aber "will nicht" gibt’s nicht, und so begrüßt diesmal eben Tommi Schmitt statt Joko Winterscheidt die Zuschauer in der neuesten Folge von "Wer stiehlt mir die Show?".

Das ist für Schmitt zwar Belohnung und Mutprobe zugleich, für die Zuschauer jedoch ein Segen. Schließlich lebt "Wer stiehlt mir die Show?" davon, dass sich die Sieger etwas ganz Besonderes für ihr Opening ausdenken. Bei Gladbach-Fan und Fußball-Podcaster Schmitt liegt da natürlich der Verdacht nahe, dass es bei seinem Auftritt in irgendeiner Weise um Fußball gehen wird – doch das ist nur zur Hälfte richtig, wie Schmitt zu Beginn seiner eigenen Ausgabe erklärt.

"Hochkultur, aber auch Malle und Bier"

Einerseits habe er etwas machen wollen, wofür er "vom Feuilleton gefeiert wird", andererseits stecke in ihm "aber auch so ein Kern-Assi" mit Mallorca, Gästeblock und Dosenbier. Doch statt sich zwischen beiden Extremen zu entscheiden, wählt Schmitt den Mittelweg: "Deswegen mach' ich jetzt einfach beides. In einer Show. Und dafür schon mal großes Sorry!", kündigt Schmitt an, und genau das passiert dann auch.

Schmitt sitzt im Frack an einem Flügel, das Licht gedimmt, dann singt er: "Studiolicht, allein an 'nem Flügel, hab für heute mein Shirt gebügelt, feine Welt, bin kultiviert, akademisch und gut studiert." Dann kippt die Stimmung im wahrsten Sinne des Wortes, denn plötzlich strömen zu Malle-Feier-Beats Menschenmassen auf die Bühne, reißen Schmitt die Hälfte des Fracks vom Leib und grölen im Konfetti-Regen mit ihm zusammen Schmitts Version des Malle-Hits "Johnny Däpp": "Schmitt, Schmitt, Schmitt, Tommi Schmitt, Schmitt, Tommi, Tommi Schmitt, Schmitt, Schmitt, ..."

Kaum ist der Party-Deckel wieder drauf, geht Schmitt zurück ans Klavier, halb im Frack, halb in T-Shirt und Jogginghose, und erklärt sich singend: "Was soll ich nur tun, trag zwei Herzen in mir, ich will Hochkultur, aber auch Malle und Bier." Ein genialer Schachzug, denn so hat Schmitt ein gelungenes Opening, mit Malle und Hochkultur gleich einen roten Faden und erklärt sich auch noch den Zuschauern, die ihn vielleicht noch nicht so gut kennen. Das funktioniert deshalb so gut, weil Schmitt in der wichtigsten Währung zahlt, die es gibt, um Menschen zu begeistern: Authentizität.

Wie zwei Zuschauer Winterscheidt beim Wildpinkeln überraschten

"Wir versuchen heute den großen Spagat zwischen Malle und Hochkultur", fasst Schmitt das Ziel des Abends zusammen, als die Malle-Piano-Sause vorbei ist – doch das ist natürlich nur der Rahmen. Inhaltlich ist "Wer stiehlt mir die Show?" immer noch eine Quizshow, und die funktioniert so: Moderator Schmitt stellt vier Quiz-Kandidaten in verschiedenen Runden diverse Fragen.

In dieser Ausgabe ist es das Stammpersonal aus Kurt Kroemer, Nina Chuba und Joko Winterscheidt, hinzu kommt diesmal Nicht-Promi-Kandidatin Salma. Nacheinander fliegt der jeweils Rundenletzte raus, wer zum Schluss noch steht, darf im Finale gegen Schmitt um die Moderation der nächsten Ausgabe spielen.

Doch egal, ob Winterscheidt oder Schmitt: "Wer stiehlt mir die Show?" beginnt wie immer mit den "leichten Fünf", nur heißen die diesmal mottogetreu "Die prolligen Fünf mit Niveau". Mit "Nenne ein bekanntes Werk von Thomas Mann – außer den Buddenbrooks!" deckt Schmitt den Niveau-Bereich ab und schwenkt danach zum prolligen Teil: "Susanne uriniert besoffen in Berlin an einen Baum. Wie hoch ist das Bußgeld, mit dem sie rechnen muss?" Damit lässt Schmitt nicht nur die Protagonistin von Winterscheidts Mathematik-Aufgaben auferstehen, sondern bietet auch noch unbewusst Raum für eine kleine Anekdote.

"Darf ich 'nen Funfact erzählen?", fragt Joko Winterscheidt, als er die Frage hört, und blickt dann ins Studiopublikum: "Wo sind die beiden? Zwei Leute müssten jetzt aufstehen", sagt Winterscheidt und erzählt dann, als sich tatsächlich ein Pärchen erhebt, seine Geschichte. Die beginnt damit, dass er bei der Anreise mit dem Auto dringend aufs Klo musste. Deshalb habe er erst geguckt, ob jemand zu sehen ist, und sich dann in die Büsche geschlagen. "Und dann hab' ich mich rumgedreht und dann waren die beiden da", erzählt Winterscheidt unter dem Gelächter des Publikums.

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"Ich pinkel' jetzt an 'nen Baum und leg' da 20 Euro hin"

Die richtige Antwort weiß trotzdem niemand, aber es wären 20 Euro gewesen. "Deswegen sieht die Stadt auch so aus", zieht Winterscheidt seinen Schluss aus der niedrigen Strafe, und Kurt Krömer kündigt an: "Ich pinkel' jetzt an 'nen Baum und leg' da 20 Euro hin." Berlin kann sich also freuen, die Zuschauer im Studio, vor allem aber zu Hause auch. Denn Schmitt und das Team der Produktionsfirma setzen Schmitts Malle-und-Niveau-Motto mit sichtbarer Euphorie und Liebe zum Detail um.

So hat man das Publikum unterteilt in Abendgarderobe und Malle-Party-Outfit, Nina Chuba und Winterscheidt haben Bierhelme auf, Kurt Krömer eine Lichterkette in der Jacke, von der Studiodecke baumelt ein Kronleuchter aus Bierdosen und statt der riesigen Münzen, mit denen man sich im Finale einen Vorteil erkaufen kann, gibt es Sauf-Eimer.

Es ist eine wirklich gelungene Umsetzung, die normalerweise im Final-Quiz ihren Höhepunkt erreicht. Doch Schmitt serviert das Filetstück seiner Show schon ein bisschen früher. So früh, dass er den gerade ausgeschiedenen Kurt Krömer überreden kann, die nächste Quizrunde noch mitzumachen.

"Weil's lustig ist"

Für die bittet Schmitt die Kandidaten sowie Teile des Publikums nach draußen, wo er einen klassischen Vokalmusikabend arrangiert hat. Nur singt die Sopranistin erst, wenn die Kandidaten eine Frage richtig beantworten. Als Winterscheidt genau das macht, begräbt zur großen Überraschung aller eine Schaumkanone das gesamte Publikum unter Schaum.

Und während die Sopranistin nun "Scheiß drauf, Malle ist nur einmal im Jahr" in der klassischen Variante anstimmt, schauen sich alle schaumbesetzt und entsetzt an. "Warum?", fragt Winterscheidt entgeistert und Schmitt antwortet: "Weil’s lustig ist."

Genau das ist es. Und ein paar Fragen und einen Klamottenwechsel später kann sich auch Winterscheidt freuen, als er sich im Finale seine Show von Tommi Schmitt zurückholt.

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