Mit "TV-Total" feierte Stefan Raab Riesenerfolge als Late-Night-Show-Moderator. Nun versucht sich Raab wieder an einer TV-Show am späten Abend, nur diesmal als Produzent. Mit "Täglich frisch geröstet" macht Raab dabei vieles anders – nur leider nicht gut.

Christian Vock
Eine Kritik
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Eine Late-Night-Show ist wahrlich keine Raketenwissenschaft: Ein ebenso smarter wie schlagfertiger Gastgeber, ein paar Stand-up-Gags, eine Studioband und eine kleine Plauderei mit einem Promi – fertig ist die Late-Night-Show. Natürlich lässt sich dieses Grundrezept beliebig verfeinern. Mit einem Sidekick für den Moderator, Spielchen mit den Promis, lustige Einspieler und so weiter.

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Mit "Täglich frisch geröstet" gibt es nun eine neue Late-Night-Show, bei der zwar nicht alles, aber zumindest vieles neu ist. Das fängt bei der Definition von "Late Night" an. Late-Night-Shows findet man vor 23 Uhr in der Regel vergebens. "Täglich frisch geröstet" läuft dagegen immer montags und mittwochs um 20.15 Uhr beim Streamingdienst der RTL-Gruppe TVNow. Eine etwas merkwürdige Mischung, diesen klassischen Termin des linearen Fernsehens mit TV-Streaming zu verbinden.

Ebenfalls ungewohnt ist, dass der prominenteste Name der Show nicht vor, sondern hinter der Kamera steht: Stefan Raab. Der ehemalige "TV Total"-Moderator ist seit 2015 nur noch als Produzent tätig, zuletzt bei der ProSieben-Show "FameMaker". Nun macht Raab mit seiner Produktionsfirma Raab TV wieder eine Late-Night-Show, nur eben als Produzent. Und dabei will er Einiges anders machen.

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Wer soll moderieren? Raab: "Erst mal alle"

Die wichtigste Innovation, auf die Raab setzt, ist der Umstand, dass es keinen festen Gastgeber gibt. Stattdessen führt in jeder Ausgabe ein anderer Host durch die Show. Raab begründet das in einem Interview mit RTL wie folgt: "Die Idee kam zu mir. Wer soll's moderieren, war die Frage und die Antwort war: 'Wird man sehen, erst mal alle.'"

Ganz alleine will Raab den Show-Host aber nicht lassen und so würzt er seine Idee mit einem Konzept, das eigentlich eher im Anglo-Amerikanischen beheimatet ist, dem Roasten. Dabei wird eine Person geehrt, indem man sie teilweise sehr derbe und gemein durch den Kakao zieht. Bei "Täglich frisch geröstet" übernimmt das ein weiterer Prominenter, der die Arbeit des Gastgebers live kommentiert.

"Die Show hat auch den Zweck, einige Promis von ihrer Selbstüberschätzung zu überzeugen", sagt Raab. "Mit Sicherheit sehen wir einige überraschend sehr gute Gastgeber. Aber auch einige überraschend sehr schlechte." In Folge eins sind das Ralf Moeller als Gastgeber und Comedian Olaf Schubert als Roaster. Das Ergebnis, so viel sei schon einmal verraten, geht bei Ralf Moeller eher in die zweite Richtung.

"'Täglich frisch geröstet' wird Ihnen präsentiert von Stefan Raab. Er sitzt wirklich in der Regie und frisst Chips. Und hofft, dass Ralf Moeller deutlich mehr Text hat, als bei 'Gladiator'", begrüßt der Off-Sprecher in Folge eins die Zuschauer. Das ist so mittel witzig, was nicht schlimm wäre, wenn es danach lustiger werden würde. Wird es aber nicht.

"Täglich frisch geröstet": Kann Spuren von Röststoffen enthalten

Bevor Moeller das Studio mit einem Gladiator-Helm betritt, sieht man ein typisches Late-Night-Intro im feinsten 1990er-Jahre-Stil. Das Studio selbst wirkt mit viel Holz und Backstein klassisch zeitlos. Dann ist Moeller im Studio und hat die undankbare Aufgabe als erster Gastgeber das Konzept der Show zu erklären statt gleich mit einem Stand-up-Part das Eis zu brechen. Und so klingt der Einstieg für Moeller ein bisschen zu sehr nach Kinderfernsehen: "Ich hatte 300 Gäste eigentlich heute erwartet, aber jetzt muss ich alleine hier klarkommen. Aber ich denke, mit euch an den Bildschirmen schaffe ich das locker."

Als Moeller dann endlich zum eigentlich lustigen Teil kommt, hört sich das so an: "Amerika hat den fiesen Virus besiegt. Donald ist abgewählt." Ernsthaft. Moeller macht das in einer sympathischen, kumpelhaften Art, aber eben auch ein bisschen bräsig und schlecht getimt. Das mag zum großen Teil auch an den Witzen liegen, die man für ihn geschrieben hat, aber großes Late-Night-Stand-up sieht anders aus.

Echtes Roasten allerdings auch. Olaf Schubert kommentiert zunächst hinter den Kulissen und plaudert dann auf dem Gästesofa mit Moeller und eigentlich kennt sich Schubert mit dem Rösten aus, hat das an anderer Stelle bereits wirklich gut und bissig gemacht. Aber das, was er da am Montagabend zeigt, ist geradezu handzahm: "Ich dachte 'Ralf Moeller', wäre immer nur der Name als Platzhalter gewesen. Ich hatte gehofft, dass jemand kommt, den ich kenne", ist noch das fieseste, was Moeller aushalten muss.

Das muss besser werden

Und sonst so? Zwischendurch gibt es immer mal wieder ein paar Einspielfilmchen. Zum Beispiel den über die fiktive Fortsetzung von Moellers Trash-TV-Hit "Hai-Alarm auf Mallorca".

Die Pointe: Moeller liegt schlafend auf dem Bett und neben ihm klingelt ein Hai-Wecker. Ende. Oder den: Reggae-Sänger Gentleman muss mit einer Band spielen, die Lutz van der Horst aus Kunden eines Musikgeschäfts zusammengestellt hat. "Es gab ein paar Sekunden, wo ein Ansatz von Groove da war", so Gentlemans Fazit. Ein Ansatz von Unterhaltung fehlte hingegen vollkommen.

Das mag alles in sich logisch sein, zumindest wenn man Stefan Raab folgt, der ja einkalkuliert hat, dass es auch schlechte Gastgeber geben wird. Mit anderen Worten: Schlechte Unterhaltung soll also gute Unterhaltung sein?

Das funktioniert nicht. Zumindest nicht so. Das war nicht geröstet, das war noch nicht mal halb gar.

"Täglich frisch geröstet" Seit dem 16. November immer montags und mittwochs um 20.15 Uhr bei TVNow.

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