• Der neue Corona-Krisenstab der künftigen Ampel-Koalition soll bald seine Arbeit aufnehmen.
  • Schon vor dessen Start werden massive Kontaktbeschränkungen im Kampf gegen Delta und auch die neue Variante Omikron diskutiert - genauso wie ein Vorziehen der Ministerpräsidentenkonferenz.

Mehr aktuelle Informationen zum Coronavirus finden Sie hier

Die Zeit drängt, die Corona-Fallzahlen klettern weiter. Der von der künftigen Ampel-Koalition geplante Corona-Krisenstab im Kanzleramt könnte bereits in den nächsten Tagen und damit noch vor Amtsantritt der Regierung aus SPD, Grünen und FDP seine Arbeit aufnehmen. Nach den Worten von FDP-Chef Christian Lindner soll das ständige Bund-Länder-Gremium in der neuen Woche starten, SPD-Chefin Saskia Esken nannte auf Twitter "in Kürze" als Zeithorizont.

Streit gibt es weiter, ob es wegen der extrem angespannten und durch die neu aufgetauchte Omikron-Variante weiter zugespitzte Lage ein rasches Bund-Länder-Treffen geben soll und ob der von den Ampel-Parteien geänderte Infektionsschutz ausreicht, um die vierte Corona-Welle zu brechen.

Massive Kontaktbeschränkungen in der Diskussion

Die Länderchefs hatten mit der geschäftsführenden Bundeskanzlerin Angela Merkel vereinbart, sich erst am 9. Dezember, also erst in der nächsten Woche zu treffen. Der Grund: Olaf Scholz (SPD) wäre aller Voraussicht nach bis dahin gewählt, die Ministerpräsidentenkonferenz (MPK) könnte dann die Wirkung des neuen Infektionsschutzgesetzes mit der neuen Ampel-Regierung evaluieren.

Doch immer mehr Ministerpräsidenten, vor allem aus der Union, sowie Experten sprechen sich für ein Vorziehen des Termins aus. Auch Grünen-Chefin Annalena Baerbock machte im Grundsatz deutlich, dass man nicht bis zum 9. Dezember warten könne.

Man werde den Krisenstab auf den Weg bringen und in den nächsten Tagen sehen, ob die Länder die Möglichkeiten umsetzen, die das Infektionsschutzgesetz ihnen gebe, sagte Baerbock. Wenn das nicht der Fall sei, müsse man über die MPK oder im Parlament handeln. Es müssten alle Maßnahmen ergriffen werden, massiv Kontakte zu beschränken, damit das Gesundheitswesen nicht kollabiere.

CSU-Generalsekretär Markus Blume plädierte für eine "Vollbremsung in ganz Deutschland" gegen die vierte Welle. Benötigt werde rasch eine weitere Ministerpräsidentenkonferenz, "um eine Bundesnotbremse zu verankern", sagte Blume am Sonntagabend bei Bild TV.

Blume sprach sich außerdem für eine 70-prozentige Kontaktreduzierung aus. Diese sei notwendig, um die Welle zu brechen. In Bayern habe man dafür regionale Lockdowns als Möglichkeit geschaffen. "Wir sind der festen Auffassung, dass ein solches Modell gut für ganz Deutschland wäre."

General soll Krisenstab leiten

Egal wann das Bund-Länder-Treffen nun stattfindet: Der Krisenstab der neuen Bundesregierung soll offenbar bis dahin einsatzbereit sein. An seiner Spitze soll ein General stehen, wie Linder am Sonntagabend in der ZDF-Sendung "Berlin direkt" und bei "Anne Will" in der ARD sagte.

Nach einem Bericht der "Süddeutschen Zeitung" ist für die Leitung des Stabes Generalmajor Carsten Breuer im Gespräch. Der 56-Jährige ist Kommandeur des Kommandos Territoriale Aufgaben der Bundeswehr, das für Einsätze der Streitkräfte im Inland zuständig ist.

Neben weiteren Politikern aus der Union, zeigten sich auch Vertreter von SPD, Grünen und FDP einig in der Forderung, Kontakte massiv zu reduzieren und große Veranstaltungen abzusagen. Der noch geschäftsführende Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) erneuerte in der ARD-Sendung "Anne Will" zudem seine Forderungen nach umfassenden 2G-Regeln im ganzen Land und nach einer umgehenden Ministerpräsidentenkonferenz (MPK). "Das Virus verzeiht keine Halbherzigkeit", mahnte der CDU-Politiker.

Dahmen fordert weitere Schritte

Der Grünen-Gesundheitsexperte Janosch Dahmen hält wegen der Zuspitzung der Corona-Lage weitere Schritte zum Infektionsschutz für notwendig. "Die geschäftsführende und neue Bundesregierung wird sich damit beschäftigen müssen, welche zusätzlichen Regelungen kurzfristig auf den Weg gebracht werden müssen, um flankierend zu den schon möglichen Schutzmaßnahmen eine noch konsequentere Bekämpfung der Pandemie zu ermöglichen", sagte Dahmen der "Welt".

Den Zeitungen der Funke-Mediengruppe sagte er: "Der Beschluss der Ampel im Bundestag kann nur ein erster gewesen sein." Bund und Länder müssten darüber sprechen, wie sichergestellt werde, dass die notwendigen Maßnahmen auch eingeführt und kontrolliert werden. "Und das müssen wir vor dem 9. Dezember tun", forderte Dahmen.

SPD und FDP sehen die Länder gefragt, die Möglichkeiten des Infektionsschutzgesetzes auszuschöpfen. SPD-Fraktionsvize Dirk Wiese sagte der Deutschen Presse-Agentur: "Wir müssen nun erst einmal ein paar Tage sehen, ob und wie die Maßnahmen des Infektionsschutzgesetzes wirken." Die gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, Sabine Dittmar, sagte der "Augsburger Allgemeinen": "Die Bundesländer haben alle rechtlichen Möglichkeiten in der Hand, um Beschränkungen im öffentlichen und privaten Raum anzuordnen. Diese müssen sie entschlossen nutzen." FDP-Fraktionsvize Michael Theurer rief die Ministerpräsidenten auf, den "vollen Instrumentenkasten des Infektionsschutzgesetzes" auszuschöpfen.

Lindner stellt sich gegen Ausgangssperren

FDP-Chef Lindner beurteilte Ausgangssperren skeptisch. Sie hätten einen sehr hohen sozialen Preis mit nicht klar nachgewiesenem Nutzen, sagte er im ZDF. Am Dienstag wird eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über Verfassungsbeschwerden gegen die Corona-Notbremse des Bundes aus dem Frühjahr erwartet. Lindner betonte, man werde sehr sorgfältig auswerten, was mit dem Grundgesetz vereinbar sei. Der voraussichtlich neue Kanzler Scholz hatte am Wochenende mit Blick auf die Corona-Bekämpfung betont, es gebe nichts, was nicht in Betracht gezogen werde.

Zusätzliche Sorgen weltweit wie auch in der deutschen Politik bereitet die neu entdeckte Omikron-Variante des Coronavirus. Sie ist mittlerweile in zahlreichen Ländern - auch in Deutschland - aufgetaucht. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat die zunächst im Süden Afrikas entdeckte Variante als "besorgniserregend" eingestuft. Mehrere Länder, darunter die Bundesrepublik, reagierten mit schärferen Reisebeschränkungen. Die Gesundheitsminister der führenden westlichen Wirtschaftsnationen (G7) wollen am Montag dazu beraten.

Der Berliner Virologe Christian Drosten sagte am Sonntagabend im ZDF-"heute journal", er sei wegen der Variante "ziemlich besorgt". Man wisse nicht allzu viel über sie. Berichte über milde Verläufe hätten noch nicht sehr viel Substanz angesichts von nur gut 1000 Fällen, so Drosten. Hier müsse man die klinischen Verläufe abwarten. Man sehe aber, dass sie häufig bei jungen Leuten in Südafrika auftauche und auch Menschen betreffe, die eine Erkrankung schon hinter sich haben. Er habe die Sorge, dass man die erste wirkliche "Immunfluchtmutante" vor sich habe. (dpa/afp/mf)

JTI zertifiziert JTI zertifiziert

"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.