Bei der Rente war sich die Ampel im Kabinett schon einig. Im Bundestag meldet die FDP aber Bedenken an, was bei SPD und Grünen für wenig Begeisterung sorgt. Im Raum steht die Frage: Wie weit treiben es die Liberalen?
Eigentlich war die Sache klar. Als "ausverhandelt" und "zustimmungsfähig" hat FDP-Chef und Finanzminister
So weit, so ausverhandelt? Die FDP-Fraktion im Bundestag sieht das anders. Sie warnt vor zu hohen Kosten. Denn: Noch liegt der Beitragssatz in der Rentenversicherung bei 18,6 Prozent. Wird das Sicherungsniveau bei 48 Prozent fixiert, könnten die Beitragssätze in 15 Jahren bei über 22 Prozent liegen – trotz Aktien-Unterstützung.
Was ist das Rentenniveau?
- Das Rentenniveau ist eine statistische Größe. Es zeigt das Verhältnis zwischen einer standardisierten Rente – also der Rente, die ein Arbeitnehmer nach 45 Beitragsjahren genau zum Durchschnittslohn ausgezahlt bekommt, auch genannt Eck- oder Standardrente – und dem durchschnittlichen Einkommen eines Arbeitnehmers. Ein Rentenniveau von 48 Prozent bedeutet also nicht, dass Beschäftigte 48 Prozent ihres letzten Gehalts als Rente bekommen.
- Das Rentenniveau beschreibt vielmehr, wie sich Renten und Löhne entwickeln. – Steigen die Löhne schneller als die Renten, sinkt das Rentenniveau.
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SPD und Grünen verweisen auf den Koalitionsvertrag. Die Leitlinien in der Rentenpolitik sind demnach klar: Es gibt kein Rütteln an der Rente mit 67, das Sicherungsniveau wird bei 48 Prozent festgeschrieben und die Liberalen bekommen eine Reform der privaten Altersvorsorge sowie das Generationenkapital. "Die FDP hat schon jetzt mehr durchgesetzt, als im Koalitionsvertrag vereinbart", sagt der Grüne Kurth.
Denn: So sollen nicht nur einmalig zehn Milliarden Euro in den Aufbau eines Kapitalstocks fließen, sondern alljährlich. Im Koalitionsvertrag ist lediglich eine Anschubfinanzierung genannt.
Doch keine Partei leidet an der Ampel so wie die FDP. Die Rentenpolitik bietet – so eine mögliche liberale Lesart – einmal mehr die Gelegenheit, sich zu profilieren und den linkeren Koalitionspartnern Paroli zu bieten. Ein taktisches Foul also? FDP-Vize Lukas Köhler weist das zurück. Änderungen im parlamentarischen Verfahren seien normal. Die Fraktionen seien schließlich kein "Abnickverein für die Regierung", sagte Köhler in der ARD.
Was die Liberalen am Rentenpaket stört
Die Kritik der Liberalen zielt auf das Thema Generationengerechtigkeit. Beitragssatzsteigerungen werden von Arbeitgebern und Arbeitnehmern paritätisch getragen. Heißt also: Die Kosten für das festgeschriebene Sicherungsniveau tragen die Jüngeren. Renten und Löhne steigen dafür auch in Zukunft weiter im Gleichschritt. Grünen-Rentenexperte Kurth hält das für fair: "Die Rente darf nicht zu einer besseren Sozialhilfe verkommen", sagt er.
Es bringe nichts, nur auf die Beiträge zu schauen, wenn am Ende keine Rente stehe, die vor Altersarmut schütze. Kurths These: Die Umlage ist besser als ihr Ruf. Die Rentenausgaben in Relation zum Bruttoinlandsprodukt seien stabil. "Es gibt keinen Beleg dafür, dass die Rentenkasse aus dem Ruder läuft", sagt der Politiker.
Die Frage ist also: Was treibt die Liberalen an? Manche Medien sehen im Streit um die Rente bereits einen Machtkampf zwischen FDP-Chef Lindner und seinem Vize Johannes Vogel. Der 42-Jährige hätte die Rente gerne grundsätzlicher umgebaut. Als Vorbild dient ihm Schweden. Dort zahlen Beschäftigte direkt einen Teil ihrer individuellen Beiträge in einen Indexfonds, also Aktien, ein. So profitieren die Schweden vom langfristigen Aufwärtstrend der Märkte.
Hat FDP-Chef Lindner seinen Laden nicht im Griff?
Schaut Vogel, wie weit er gehen kann? Oder hat Parteichef Lindner seinen Laden nicht mehr im Griff? Es gibt noch eine weitere Erklärung: Die Nervosität bei der FDP ist groß. Es ist unklar, ob es die Partei nochmal in den Bundestag schafft. Entsprechend groß ist der Kampf um potenzielle Listenplätze. Und je mehr gegen die aus liberaler Sicht ungeliebte Koalition gestichelt und getreten wird, desto größter könnten die Chancen auf einen attraktiven Listenplatz sein.
Allerdings müssen die Liberalen aufpassen, den Bogen nicht zu überspannen. Auch sie haben noch Projekte, die sie in der Ampel umsetzen wollen. Eigentlich. Finanzminister Christian Lindner hat angekündigt, das Riester-System der privaten Altersvorsorge vom Kopf auf die Füße stellen zu wollen. So will er den Deutschen die Möglichkeit geben, auch mit staatlicher Förderung Aktien und ETFs zu besparen. Bis zu 600 Euro will der Staat jedes Jahr bezuschussen.
Zusammen mit dem Generationenkapital hätte die FDP der Rentenpolitik durchaus einen Stempel aufgedrückt. Die Kröte, die sie dafür schlucken muss: das fixierte Rentenniveau von 48 Prozent. Für SPD und Grüne ist die Abkehr davon eine rote Linie. "Wenn das wieder infrage gestellt werden soll, brauchen wir nicht anfangen zu verhandeln", sagt der grüne Rentenexperte Kurth. "Das ist albern".
Verwendete Quellen
- Gespräch mit Markus Kurth, Bundestagsabgeordneter und rentenpolitischer Sprecher der Grünen
- t-online.de: Es droht der große Renten-Knall
- tagesschau.de: Heil verteidigt Rentenpläne gegen scharfe Kritik
- tagesschau.de: Generationenkapital fließt vor allem in Aktien
- tagesspiegel.de: "Ausverhandelt": Lindner hält Rentenpaket II für zustimmungsfähig
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