Der scheidende Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen sorgt erneut für Kontroversen. Bei einer Abschiedsrede soll er von linksradikalen Kräften in der SPD gesprochen haben und seine umstrittenen "Hetzjagd"-Aussagen in Bezug auf eine Demonstration in Chemnitz wiederholt haben, heißt es aus gut informierten Kreisen. Nun will die Koalition die Reißleine ziehen.
Verfassungsschutzchef
Nach dpa-Informationen hatte Maaßen am 18. Oktober bei einer Abschiedsrede vor europäischen Kollegen in Warschau beklagt, seine Äußerungen zu den Vorfällen in Chemnitz seien für diese Kräfte willkommener Anlass gewesen, einen Bruch der großen Koalition zu provozieren. Er sei in Deutschland als Kritiker einer naiven und linken Ausländer- und Sicherheitspolitik bekannt. Dies sei für seine politischen Gegner und einige Medien Anlass gewesen, ihn aus dem Amt zu drängen. Seit dem 24. Oktober war die Rede im geschützten Bereich des Intranets für alle Mitarbeiter des Bundesamtes für Verfassungsschutz zu lesen.
Bundesinnenminister
Causa Maaßen löste Koalitionskrise aus
Maaßen, der seine Äußerungen zu rechtsextremen Ausschreitungen in Chemnitz auch vor dem Parlamentarischen Gremium zur Kontrolle der Geheimdienste und im Innenausschuss des Bundestages verteidigt hatte, sollte eigentlich Sonderberater von Seehofer für europäische und internationale Aufgaben werden - bei gleichem Gehalt wie bisher als BfV-Chef, im Rang eines Abteilungsleiters.
Der Streit um Maaßen hatte im September eine Koalitionskrise ausgelöst, die fast zum Bruch der Regierung geführt hätte. Im Zentrum stand die Äußerung Maaßens, ihm lägen "keine belastbaren Informationen" vor, dass in Chemnitz Hetzjagden auf Ausländer stattgefunden hätten. Vielmehr sprächen "gute Gründe" dafür, dass es sich bei einem entsprechenden Video "um eine gezielte Falschinformation handelt, um möglicherweise die Öffentlichkeit von dem Mord in Chemnitz abzulenken". In Chemnitz war am 26. August ein 35-jähriger Deutscher erstochen worden. Tatverdächtig sind Asylbewerber.
Rolle Rückwärts
Die SPD hatte den Abschied Maaßens als Verfassungsschutzchef verlangt. Die Koalitionsspitzen hatten sich zunächst darauf verständigt, den 55-Jährigen an der Spitze des Geheimdienstes abzulösen und ihn zum Innenstaatssekretär zu ernennen. Dies aber hätte eine Beförderung bedeutet - mit einem Gehalt von über 14 000 Euro im Monat. SPD-Chefin
Nach breiter Empörung hatte Nahles einen Irrweg eingeräumt und Bundeskanzlerin
Die Grünen im Bundestag verlangten am Sonntagabend eine Sondersitzung des Parlamentarischen Gremiums zur Kontrolle der Geheimdienste zu den neuen Vorwürfen gegen Maaßen. Die FDP schloss sich der Forderung an. Grünen-Innenexperte Konstantin von Notz sagte der Deutschen Presse-Agentur, man könne nur wünschen, dass Seehofer endlich handele, die Nachfolge von Maaßen ordentlich regele und das planlose Agieren ende, das alle Beteiligten beschädigt zurück lasse. Maaßen und Seehofer seien sich offenbar nicht im Klaren darüber, wie tief der Vertrauensschaden mittlerweile sei.
"An Absurdität nicht zu überbieten"
Der CDU-Bundestagsabgeordnete Patrick Sensburg kritisierte den Umgang mit Maaßen. "Das war keine klare Amtsführung. (...) So geht man auch nicht mit Beamten um", sagte er mit Blick auf Seehofer dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (Montag). Sensburg gehört wie von Notz dem Parlamentarischen Kontrollgremium des Bundestags an. Er kenne die Maaßen zugeschriebenen Äußerungen, sagte er. Maaßen setze nichts daran, Sonderbeauftragter zu werden. "Das hat er in seinen Äußerungen kundgetan." Er verstehe dies. "Das ist ja auch eher ein Abschieben."
Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) sagte im ZDF: "Das ist an Absurdität nicht zu überbieten, was wir da mit Herrn Maaßen und den Reaktionen darauf erlebt haben, dass man, wenn man Fehler macht, noch befördert wird." Dieser Stil müsse ein Ende haben.
Merkel hatte nach dem Koalitionsstreit ungewöhnlich offen Fehler im Fall Maaßen eingeräumt und sich bei den Bürgern entschuldigt. Sie habe sich bei der ursprünglich geplanten Beförderung Maaßens zum Staatssekretär "zu sehr mit der Funktionalität und den Abläufen im Bundesinnenministerium beschäftigt, aber zu wenig an das gedacht, was die Menschen zu Recht bewegt", sagte sie Ende September und fügte hinzu: "Dass das geschehen konnte, das bedauere ich sehr." (mc/dpa)
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