Bei der Impfpflicht ist die Europäische Union geteilt: In zwölf Mitgliedsstaaten ist sie Gesetz, während es in 16 Ländern nur Empfehlungen gibt, gegen welche Krankheiten geimpft werden sollte. Auch bei der Durchsetzung der Pflicht gibt es Unterschiede.
In Europa schlägt die Diskussion um die Einführung einer Impfpflicht aktuell hohe Wellen. Dazu trugen auch die Ergebnisse einer EU-weiten Umfrage bei.
Sie zeigten, dass 85 Prozent der EU-Bürger Impfungen für wirksam erachten, um ansteckende Krankheiten zu verhindern. Gleichzeitig glauben aber 48 Prozent, dass Impfungen häufig schwere Nebenwirkungen haben.
Dieser Glaube hat in den vergangenen Jahren zu einer zunehmenden Impfskepsis geführt, die in der Europäischen Union bereits gravierende negative Folgen hatte, weil die Impfraten sinken und die Anzahl an Infektionskrankheiten zunimmt: So hat sich der EU-Kommission zufolge die Zahl der Masernfälle von 2016 bis 2017 verdreifacht.
Die Krankheit ist hochinfektiös und kann einen tödlichen Verlauf nehmen: In den vergangenen zwei Jahren starben 50 Menschen in der EU an Masern.
Weitere gefährliche Krankheiten, deren Ausbreitung durch Impfungen gestoppt oder zumindest verringert werden könnten, sind etwa Diphterie, Kinderlähmung oder die saisonale Grippe. Doch die Durchimpfungsraten für diese Erkrankungen sinken laut der europäischen Kommission in der gesamten EU.
Mitgliedstaaten für Impfungen zuständig
Da die Zuständigkeit für die Impfprogramme bei den Mitgliedsstaaten liegt, gibt es in der Europäischen Union keine einheitlichen Gesetze, die festlegen, wie mit dem Thema umgegangen werden muss: Manche Länder haben eine gesetzliche Impfpflicht, andere sprechen nur Empfehlungen an ihre Bürger aus.
Doch die aktuelle Diskussion hat Bewegung in den Status quo gebracht: So wird etwa in Österreich und Deutschland über die Einführung einer gesetzlichen Impfpflicht nachgedacht. Aktuell gibt es allein im Land Brandenburg eine gesetzliche Pflicht für Eltern, ihre Kinder gegen Masern zu impfen.
Der europäische Vergleich zeigt, dass in der Mehrzahl der Mitgliedstaaten keine Impfpflicht herrscht: In 16 der 28 EU-Länder gibt es keine gesetzliche Verpflichtung für Eltern, ihre Kinder gegen Krankheiten immunisieren zu lassen. Zu diesen Ländern gehören neben Deutschland und Österreich auch Großbritannien, Spanien, Dänemark, Portugal und die Niederlande.
Zwölf EU-Länder haben Impfpflicht
In den zwölf Ländern, die eine Impfpflicht haben, gilt sie in einem sehr unterschiedlichen Ausmaß, wie eine Auflistung des europäischen Zentrums für die Prävention und Kontrolle von Krankheiten (ECDC) zeigt. So ist in Belgien nur die Impfung gegen Polio, also Kinderlähmung, Pflicht, während es in Lettland mit 14 Stück die meisten Pflichtimpfungen gibt. Im Mittelfeld bewegen sich Länder wie Italien (zehn Pflichtimpfungen) oder Frankreich (elf).
Zu den Krankheiten, gegen die geimpft werden muss, gehören in Italien Polio, Röteln, Diphtherie, Tetanus, Pertussis, Hib, Hepatitis B, Masern, Mumps und Windpocken. In Frankreich sind auch die Impfungen gegen Pneumokokken und Meningokokken verpflichtend, dafür ist die Windpockenimpfung nicht vorgeschrieben.
Unterschiede gibt es auch bei den Verfahren, mit denen die Einhaltung der Impfpflicht überprüft wird: Laut dem ECDC müssen Personen, die sich nicht an die gesetzlichen Vorgaben halten, in Malta, Kroatien, Tschechien, Ungarn, Italien, Polen, Slowenien und der Slowakei Geldbußen zahlen. In Tschechien, Italien, Polen und der Slowakei wird die Widersetzung gegen die Impfpflicht außerdem in der Krankenakte festgehalten.
Gemeinhin wird die Einhaltung der Impfpflicht kontrolliert, wenn die Kinder in den Kindergarten oder die Schule kommen: Zu diesem Zeitpunkt müssen die Eltern etwa in Italien oder Frankreich entsprechende Impfnachweise vorlegen.
Verwendete Quellen:
- europa.eu: "Fragen und Antworten: EU-weite Zusammenarbeit bei der Bekämpfung von durch Impfung vermeidbare Krankheiten" (PDF Download)
- ECDC (European Centre for Disease Prevention and Control): "Vaccine Scheduler"
- Telefonat mit dem ECDC
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