Zusammenraufen oder hinschmeißen? Es herrscht Krisenstimmung in der Ampel. Der Kanzler trifft seine Kabinettskollegen Christian Lindner und Robert Habeck in dieser Woche zu Gesprächen. Die Ausgangslage ist ... schwierig.
Im festgefahrenen Streit in der Ampel-Regierung wird in dieser Woche viel geredet – SPD-Chef
Darunter die Zukunft des Ampel-Bündnisses, die Ausrichtung der Wirtschaftspolitik und das Ergebnis der US-Wahl. Bereits am Sonntagabend trafen sich Finanzminister
Der Terminkalender – Mittwoch Koalitionsausschuss
Am Mittwoch, dem Tag nach der US-Wahl, kommt der Koalitionsausschuss zusammen, dem auch die Partei- und Fraktionsvorsitzenden angehören. Dabei wird es vor allem um zwei Streitthemen der Ampel gehen: das Milliardenloch im Bundeshaushalt, das bis zur Bereinigungssitzung des Haushaltsausschusses gestopft werden muss, und den Kurs, um aus der Wirtschaftskrise zu kommen.
Klingbeil: "Haben alle noch genug Puste?"
SPD-Chef Klingbeil sprach in der ARD-Sendung "Bericht aus Berlin" von einer "Woche der Entscheidung". "Und ich glaube, was für den Koalitionsausschuss am Mittwoch wichtig ist, ist, erst mal zu klären: Haben alle noch genug Puste, dass wir diesen Weg, – der herausfordernd ist, der auch anstrengend ist – dass wir den jetzt weitergehen gemeinsam." Es müsse gemeinsam verabredet werden, was getan werden könne, um Arbeitsplätze zu sichern, die Wirtschaft voranzubringen und Wirtschaftswachstum zu fördern.
FDP-Chef Lindner sagte in der ZDF-Sendung "Berlin direkt", Deutschland brauche angesichts der aktuellen Herausforderungen und auch mit Blick auf die Zeit nach der US-Wahl "eine Regierung, die einen klaren Kurs hat".
Auf die Frage, ob er die Koalition mit SPD und Grünen beenden wolle, wenn es bis zu der für den 14. November geplanten Haushaltsbereinigungssitzung keine Einigung gebe, antwortete Lindner, er werde sich nicht dazu verleiten lassen, ein Ultimatum zu formulieren. Er habe einen Vorschlag gemacht, "wie wir unser Land auf einen Wachstumskurs führen".
Lindner: Warte auf die Vorschläge von anderen
Der Streit innerhalb der Koalition hatte sich zuletzt durch Habecks Vorschlag für einen staatlichen Investitions- und Infrastrukturfonds und ein Papier von Linder mit Ideen für eine wirtschaftspolitische Kehrtwende verschärft.
Darin fordert der FDP-Chef eine "Wirtschaftswende" mit einer "teilweise grundlegenden Revision politischer Leitentscheidungen". Konkret ist von einem sofortigen Moratorium zum Stopp aller neuen Regulierungen die Rede.
Weiter heißt es, als Sofortmaßnahme sollte der Solidaritätszuschlag für alle entfallen, und nationale Klimaziele müssten durch europäische ersetzt werden. Lindner beklagte "Indiskretion", nachdem das Papier am Freitag öffentlich geworden war.
Am Sonntag sagte Lindner, die Koalitionspartner würden nun miteinander die unterschiedlichen Konzepte ansehen. "Meine, unsere Vorschläge liegen auf dem Tisch", und er warte jetzt "auf die Vorschläge von anderen".
Klingbeil und Banaszak warnen Lindner vor der Präsidentenwahl in den USA
SPD und Grünen-Politiker ermahnten Lindner angesichts der Weltlage, sich am Riemen zu reißen. Der Bewerber für den Grünen-Vorsitz, Felix Banaszak, sagte in der ARD-Sendung "Bericht aus Berlin", er könne niemandem raten, "gerade öffentlich die ganze Zeit mit einem Koalitionsende zu spielen. Wie gesagt, in zwei Tagen wählen die USA und die Frage ist: Kommen wir da noch mal einigermaßen gut durch oder haben wir wieder Donald Trump?"
SPD-Chef Lars Klingbeil sagte in der Sendung: "Wir haben eine internationale Situation, die an vielen Stellen wirklich herausfordernd ist. Wir wissen nicht, was am Dienstag bei den Wahlen in den USA passiert." Deswegen mache der Hickhack an der Spitze der Bundesregierung und die Provokation durch den Koalitionspartner keinen Sinn und keinen Spaß.
Kritik aus der SPD an der Ampel
Der SPD-Abgeordnete Ralf Stegner warf der Ampel-Koalition Unprofessionalität vor. "Was sich zwischen den Ampel-Spitzen abspielt, ist an Unprofessionalität nicht mehr zu überbieten. Niemand im Land versteht mehr, warum sich die Verantwortlichen in der Regierung so zerlegen, wo es doch um uns herum riesige Probleme und eskalierende Kriege gibt", sagte Stegner der "Rheinischen Post".
Der Kanzler sei nun in der Verantwortung, betonte Stegner. "Olaf Scholz hat selbst für einen Hanseaten das maximale Maß an Langmut ausgeschöpft, jetzt wird das ein Ende haben müssen. Die Politik ist derzeit absurder, als es sich Kabarettisten ausdenken könnten, das darf so nicht weitergehen." (dpa/bearbeitet von ank)
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