Die Hoffnung der betroffenen Menschen im syrischen Aleppo, die Europäische Union könne wegen der verheerenden Luftangriffe den Druck auf Russland erhöhen, haben sich zerschlagen. Kurz vor dem EU-Gipfel in Brüssel wurde auf dem EU-Außenministertreffen in Luxemburg klar, dass Europa Strafen gegen Russland scheut.

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Im Sommer 2014 hatte die EU aufgrund der russischen Annexion der Krim Sanktionen gegen das Land und die Regierung von Wladimir Putin verhängt. Über ähnliche Strafmaßnahmen wurde nun hinsichtlich der anhaltenden Luftangriffe auf das syrische Aleppo nachgedacht, unter denen vor allem die eingeschlossene Zivilbevölkerung leidet.

Entsetzen, aber keine Konsequenzen

Doch neue Sanktionen gegen Russland wird es nicht geben. Obgleich die Außenminister unisono betonten, sie seien über die Lage in Aleppo "entsetzt", wurde innerhalb der EU kein Konsens über den weiteren Umgang mit den Kriegsparteien in Syrien gefunden.

Die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini wollte dies nicht als Rückschlag in den Bemühungen um ein Ende des Sterbens in Aleppo verstanden wissen und erklärte, die EU habe "nicht nur Sanktionen in ihrem Werkzeugkasten". Es gebe "viele andere Instrumente, die wir einsetzen können". Welche genau, ließ Mogherini offen.

Dass die russischen Streitkräfte und das von ihr unterstützte syrische Militär nun eine Feuerpause für die Stadt ankündigten, kommentierte Mogherini mit den Worten: "Das kann ein Anfang sein." Eine Einschätzung, die nicht alle in der EU teilen. So hatten Großbritannien und Frankreich im Vorfeld des Treffens gefordert, den Druck auf Russland und Syriens Machthaber Baschar al-Assad zu erhöhen.

Der britische Außenminister Boris Johnson hatte die russische Regierung als Puppenspieler des Assad-Regimes bezeichnet. Sein französischer Amtskollege, Jean-Marc Ayrault, warf Russland eine "Logik der Zerstörung" vor. Alle Optionen, auch Sanktionen, müssten geprüft werden, so Ayrault.

Kanzlerin Merkel offen für Sanktionen

Und auch Kanzlerin Angela Merkel hatte signalisiert, mögliche Sanktionen gegen Russland mitzutragen. "Angesichts dieser ungebrochenen Gewalteskalation, dieser Kriegsgräuel bis hin zu Kriegsverbrechen" habe die Bundesregierung Verständnis, dass über alle Optionen nachgedacht werde, hatte Regierungssprecher Steffen Seibert jüngst erklärt. Dies schließe auch "Sanktionen gegen die, die diese Taten durchführen, beziehungsweise ermöglichen" ein.

Ob dies als einheitliche und abgestimmte Position der Bundesregierung gewertet werden kann, darf bezweifelt werden. Schließlich hatte sich Außenminister Frank-Walter Steinmeier skeptisch über Sanktionen geäußert. Er sehe "zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht, wie möglicherweise langfristig wirkende Sanktionen hier zur Verbesserung der Lage der Zivilbevölkerung beitragen sollen".

Kritik an der EU, die europäische Gemeinschaft würde erneut unentschlossen und zaghaft agieren und vor Russlands Präsidenten Wladimir Putin einknicken, entgegnete Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn, man müsse sich eben eingestehen, dass die Handlungsoptionen der EU begrenzt seien. "Wir als Europäische Union haben keinen Knopf, auf den wir drücken können, damit das aufhört", erklärte er über das Drama in Aleppo und forderte deswegen, die Diskussionen über Sanktionen abzubrechen.

Eine Meinung, die der UN-Sonderbeauftragte für Syrien nicht teilen dürfte. Würde man nicht bis spätestens Dezember eine Lösung gefunden haben, mahnte Staffan de Mistura, würde es die Stadt Aleppo nicht mehr geben.

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