• Er gilt als Kanzlerflüsterer, als wichtigster außenpolitischer Berater von Olaf Scholz: Jens Plötner war vielen kein Begriff.
  • Nun aber rückt der 54-Jährige in den Fokus: Mit Aussagen zu Russland und zur Ukraine zieht er massive Kritik auf sich.
  • Wer ist Jens Plötner?

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Wenn Berater eines Kanzlers in den Fokus geraten, dann ist meistens etwas schiefgelaufen. Denn eigentlich halten sich Männer wie Jens Plötner im Hintergrund. Hemd- und Anzugträger, grau gescheiteltes Haar, Brille. So war Plötner der Öffentlichkeit – wenn überhaupt – bislang bekannt.

Dabei mischt der 54-Jährige schon lange in Sachen Außenpolitik mit. Er war in der Vergangenheit nicht nur Botschafter in Sri Lanka, Griechenland und Tunesien, sondern auch Sprecher des Auswärtigen Amtes, stellvertretender Büroleiter von Frank Walter-Steinmeier (SPD) und Sprecher für den Mittleren Osten und Angelegenheiten der Vereinten Nationen im Auswärtigen Amt. Auch mit Heiko Maas hat er schon eng zusammengearbeitet. Ein SPD-Parteibuch besitzt er selbst nicht.

Plötner gilt als Kanzlerflüsterer

Plötner hat schon neben vielen wichtigen Männern gesessen. Er war mit zu Gast bei Amerikas John Kerry, Griechenlands Kyriakos Mitsotakis und auch zuletzt bei Scholz' Ukrainebesuch in Irpin und Kiew. Kanzlerflüsterer, Welterklärer oder Organisator von Waffendeals nennen ihn manche. In jedem Fall gilt Plötner als einer der wichtigsten außen- und sicherheitspolitischen Berater des Kanzlers. Zu Scholz' Beraterkreis gehört der gebürtige Schleswig-Holsteiner seit Dezember 2021.

Nach seinem Wehrdienst studierte Plötner Rechts- und Politikwissenschaften, unter anderem dort, wo auch der französische Präsident Emmanuel Macron immatrikuliert war: am Institut d’études politiques de Paris, der Sciences Po. Auch der frühere EZB-Chef Jean Claude-Trichet, der ehemalige französische Präsident Nicholas Sarkozy und Kanadas früherer Premier Pierre Trudeau studierten hier. Als er in den Auswärtigen Dienst eintrat, war er gerade einmal 27 Jahre alt. Einiges an Erfahrung und Kontakten hat sich seitdem angesammelt.

Umstrittene Äußerungen zum Krieg gegen die Ukraine

Dass Plötner nun doch zur breit diskutierten Personalie wurde, liegt an seinen Äußerungen zum aktuellen Ukraine-Krieg. Bei einer Veranstaltung der "Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik" (DGAP) zog er Kritik auf sich mit Aussagen wie: "Mit 20 Mardern kann man viele Zeitungsseiten füllen, aber Artikel darüber, wie wird in Zukunft unser Verhältnis zu Russland sein, gibt’s jetzt irgendwie weniger".

Plötner sagte zudem: "Nur weil man angegriffen wird, wird man ja nicht automatisch ein besserer Rechtsstaat"; und man solle "nicht in die Falle tappen: West against the rest".

Die Watschen ließen nicht lange auf sich warten, auch aus der eigenen Koalition. So twitterte FDP-Politikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann, Plötners Aussagen offenbarten Denken, "das uns in den letzten Jahrzehnten in diese furchtbare Situation gebracht hat". Jetzt sei nicht die Zeit, "um liebevoll über Russland nachzudenken, sondern der Ukraine zu helfen".

"Schockierende und zynische Aussagen"

Klaus Masuch, Mitarbeiter der Europäischen Zentralbank, sprach von "schockierenden und zynischen Aussagen" und Politikwissenschaftler Michal Bogusz fragte scharf: "Auf welchem Planeten hat er die letzten Jahre verbracht?". Bogusz Urteil: "Die Deutschen haben immer noch ein koloniales (aka "weißer Heiland"-) Syndrom, sie glauben, dass ihre Handlungen die Entscheidungen von anderen bestimmen."

Auch Rücktrittsforderungen wurden bereits laut: Der dänische Wissenschaftler Rune Linding sagte beispielsweise: "Jens Plötner unterhöhlt europäische Sicherheit mit jeder Stunde, die er Teil der Regierung bleibt". Dem ukrainischen Botschafter in Deutschland, Andrij Melnyk, war Plötner schon länger ein rotes Tuch.

"Fachlicher Blödsinn": Söder schießt gegen Scholz in Atom-Debatte

CSU-Chef Markus Söder wirft Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) vor, falsche Argumente zu verbreiten. Hintergrund ist die Debatte um eine vorübergehende Verlängerung der Atomkraft wegen der unsicheren Energielage durch den Krieg in der Ukraine.
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Unterstützung von Stegner

Er sei Teil des "Spinnennetzes der Kontakte nach Russland", das Bundespräsident Steinmeier gesponnen habe, hatte Melnyk gesagt. SPD-Mann Ralf Stegner sprang für Plötner in die Bresche: Die Interpretation von Strack-Zimmermann sei "oberflächlich". Die "Haltung von Jens Plötner ist sehr vernünftig", so Stegner.

Plötner, der auch bei Verhandlungen zum Waffenstillstandsabkommen Minsk II und der Entwicklung des Normandie-Formats mitgewirkt haben soll, hatte den russischen Angriffskrieg verurteilt. Anders als Steinmeier hatte er jedoch nicht explizit Fehler in der deutschen Russland-Politik eingeräumt.

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"Er hat alles blockiert, was ging"

Die Rolle des zweifachen Familienvaters und Ideengebers in der Russland-Politik genauer zu beleuchten, dazu hatten auch andere schon aufgerufen. Plötner und sein Team, das Waffenlieferungen an die Ukraine koordiniert, sollen Anträge der Ampel für schwere Waffen an die Ukraine weichgespült haben.

Die "Bild"-Zeitung zitiert einen ukrainischen Diplomaten: "Er hat alles blockiert, was ging, und immer erst dann reagiert, wenn der Druck maximal wurde. Mit dem Ringtausch, der viel zu lange dauert, lässt er uns jetzt erneut im Stich." Ob Plötner, angesichts der geballten Kritik, auch in Zukunft einen Platz an Olaf Scholz‘ Seite hat, wird sich zeigen.

Verwendete Quellen:

  • Linked-In Profil von Jens Plötner
  • Twitter-Profil von Marie-Agnes Strack-Zimmermann
  • Twitter-Profil von Michal Bogusz
  • Twitter-Profil von Rune Linding
  • Twitter-Profil von Ralf Stegner
  • Twitter-Profil von Klaus Masuch
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