Brandenburgs Ex-Ministerpräsident Manfred Stolpe ist im Alter von 83 Jahren gestorben. Zu Lebzeiten schieden sich an ihm die Geister: In seiner Wahlheimat war er äußerst beliebt, bundesweit wurden aber auch seine Stasi-Kontakte heftig diskutiert. Kanzlerin Angela Merkel und weitere führende Politiker des Landes haben nun Stolpes Verdienste für das Zusammenwachsen Deutschlands gewürdigt.
Manfred Stolpe ist der erste Ministerpräsident des Landes Brandenburg nach der Wende gewesen. Doch für viele ist sein Name auch mit der Stasi-Debatte nach der Wiedervereinigung verbunden. Auch wenn viele Vorwürfe sich nicht belegen ließen, blieb die Rolle Stolpes umstritten. Im Alter von 83 Jahren ist er in der Nacht zum Sonntag gestorben.
Kanzlerin Angela Merkel hat am Montag die Verdienste Stolpes für das Zusammenwachsen Deutschlands gewürdigt. "Leidenschaftlich und geradlinig im Einsatz für seine Mitbürger prägte er die Politik unseres wiedervereinigten Deutschlands auf Landes- und Bundesebene entscheidend mit", erklärte
Stolpe habe als Ministerpräsident des neugegründeten Bundeslandes Brandenburg maßgeblich zum erfolgreichen Aufbau demokratischer Strukturen und Prozesse beigetragen. "Er war über viele Jahre Landesvater, Gesicht und Stimme Brandenburgs", sagte Merkel.
Stolpe habe auch als Bundesverkehrsminister und späterer Beauftragter der Bundesregierung für die neuen Länder wesentliche Akzente gesetzt, gerade auch für das Zusammenwachsen Deutschlands. Weiter erklärte Merkel: "Ich gedenke ebenso des engagierten Christen Manfred Stolpe, der auch unter widrigen Umständen ein lebendiges christliches Leben gestaltete."
Stolpe "Mann der Kirche und nicht der Stasi"
Stolpe hatte als Kirchenfunktionär Kontakte mit der Stasi, die Behörde führte ihn als inoffiziellen Mitarbeiter. Doch Verfahren der Potsdamer Staatsanwaltschaft wegen Falschaussagen wurden eingestellt und die Leitung der evangelischen Kirche erklärte Mitte der 1990er Jahre, Stolpe sei ein "Mann der Kirche und nicht der Stasi gewesen".
2005 – er selbst sprach von später Genugtuung – entschied das Bundesverfassungsgericht, dass Stolpe nicht als Stasi-Mitarbeiter zu bezeichnen sei.
Steinmeier: "Überragende politische Persönlichkeit"
Bundespräsident
Auch Altbundeskanzler
"Als Ministerpräsident in Brandenburg und später als Bundesminister arbeitete er darauf hin, dass das Zusammenwachsen von Ost und West nicht als die Übernahme eines neuen Systems, sondern als eine Einigung der Menschen zu begreifen sei", erklärte Schröder.
"Mittler zwischen Ost und West“
Als "Mittler zwischen Ost und West" bezeichnete Bundestagspräsident
Stolpe wurde 1936 bei Stettin geboren und studierte nach dem Abitur in Greifswald ab 1955 an der Uni Jena Rechtswissenschaften. 1959 trat er als Referendar in die Dienste der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg und wirkte an der Gründung des Evangelischen Kirchenbundes in der DDR mit. Dabei galt er als Vordenker einer Kirchenpolitik, die sich als "Kirche im Sozialismus" verstand.
1990 wurde Stolpe SPD-Mitglied, trat als Spitzenkandidat an und wurde im November von einer Ampelkoalition aus SPD, FDP und Bündnis 90 zum ersten Ministerpräsidenten des wieder neugegründeten Landes Brandenburg gewählt. Einen Namen machte sich Stolpe dabei als Vertreter der Interessen Ostdeutschlands. Er forderte staatliche Programme zur Schaffung neuer Arbeitsplätze und eine Kurskorrektur bei der Treuhandanstalt, die volkseigene Betriebe fit machen und privatisieren sollte.
Gescheiterte Vorzeigeprojekte und Bundesverkehrsminister
Angesichts weiter hoher Arbeitslosigkeit wuchs der Druck auf Stolpe nach der Jahrtausendwende aber zunehmend. Die SPD regierte zunächst mit absoluter Mehrheit, zuletzt führte Stolpe dann eine rot-schwarze Regierung. Vorzeigeprojekte wie der Lausitzring, der Cargolifter oder die Chipfabrik in Frankfurt an der Oder scheiterten oder liefen nicht wie erhofft.
Überraschend erklärte Stolpe 2002 auf einem SPD-Parteitag in Wittenberg seinen Rücktritt als Regierungschef. Ähnlich unerwartet wurde Stolpe wenige Monate später im zweiten Kabinett von Kanzler Schröder Verkehrsminister. Nach der vorgezogenen Bundestagswahl 2005 trat Stolpe dann von der politischen Bühne ab. (dpa/mf)
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