- Die Kanzlerin und der britische Premier wollen ein neues Kapitel in den bilateralen Beziehungen aufschlagen.
- Trotzdem gibt es inhaltliche Distanz bei vielen Themen - etwa Corona.
- Bei der Privataudienz bei der Queen ist die Stimmung hingegen gelöst.
Freundliche Worte ja, Herzlichkeit weniger: Bei einem Treffen auf dem Landsitz der britischen Regierung Chequers haben
Ganz anders war die Stimmung hingegen auf Schloss Windsor. Dorthin reiste Merkel im Anschluss an das Treffen mit
Die Kanzlerin sagte dem britischen Premier zuvor zu, die strikten Einreisebeschränkungen für Großbritannien wegen der Verbreitung der Delta-Variante des Coronavirus bald zu lockern. Sie gehe davon aus, dass das Land "in wirklich absehbarer Zeit" vom Virusvariantengebiet zum Hochinzidenzgebiet heruntergestuft werde, so Merkel.
Merkel skeptisch angesichts voller EM-Stadien
Besorgt zeigte sie sich allerdings über die geplante Austragung der Halbfinalspiele und des Finales der Fußball-Europameisterschaft im Londoner Wembley-Stadion vor bis zu 60.000 Zuschauern. Sie verwies darauf, dass bei den Spielen in München deutlich weniger Zuschauer zugelassen worden seien. "Die britische Regierung wird ihre Entscheidungen treffen. Aber ich bin sorgenvoll und skeptisch, ob das gut ist und nicht ein bisschen viel."
Johnson wies hingegen auf die weit fortgeschrittene Corona-Impfkampagne in Großbritannien hin. "Der entscheidende Punkt ist, dass wir hier im Vereinigten Königreich eine beträchtliche Mauer aufgebaut haben durch das Impfprogramm", sagte er.
Großbritannien verzeichnet derzeit die höchste Zahl an Corona-Neuinfektionen in Europa und ist von Deutschland als einziges europäisches Land neben Portugal als Virusvariantengebiet eingestuft. Das bedeutet, dass von dort keine britischen Staatsbürger ohne Wohnsitz in Deutschland von Fluggesellschaften, Bahn- oder Busunternehmen nach Deutschland befördert werden dürfen. Diejenigen, die einreisen dürfen, müssen für 14 Tage in Quarantäne - auch wenn sie vollständig geimpft oder genesen sind. Bei einer Herabstufung zum Hochinzidenzgebiet können sich die Reisenden durch einen Impf- oder Genesenen-Nachweis von der Quarantäne befreien oder sich nach fünf Tagen von der Quarantäne freitesten lassen.
Streitpunkt Nordirland: Merkel mahnt Geduld an
Zu dem anhaltenden Streit über die Umsetzung des sogenannten Nordirland-Protokolls im Brexit-Abkommen betonte Merkel, es müsse eine Lösung gefunden werden, die für alle Seiten akzeptabel sei. Im Hinblick auf das angespannte Verhältnis zwischen London und Brüssel mahnte sie Geduld an. Es brauche Zeit, bis sich die Beziehungen normalisierten. "Mit gutem Willen und Geduld können wir das klären", sagte auch Johnson über die Konflikte mit der EU.
Die EU war London erst vor wenigen Tagen in einem Streit um die Einfuhr von gekühlten Fleischprodukten nach Nordirland entgegen gekommen und hatte eine Übergangsfrist verlängert. Wegen abweichender Hygieneregeln hätten solche Produkte eigentlich von Juli an nicht mehr von England, Schottland und Wales nach Nordirland eingeführt werden dürfen. Nun gab es drei Monate Aufschub. "Stellen Sie sich vor, Bratwurst könnte nicht von Dortmund nach Düsseldorf gebracht werden. Das müssen wir wirklich klären", betonte Johnson.
Heimliches Highlight der Reise: Eine Privataudienz bei der Queen
Um größtmögliche Harmonie bemüht, ließ der britische Gastgeber Würstchen auf dem Menüplan für das gemeinsame Mittagessen in Chequers daher lieber außen vor: Serviert wurde stattdessen eine Tarte mit englischem Spargel, gefolgt von Rinderfilet aus Oxfordshire und einem Pudding-Törtchen mit Brombeereis. Das wahre Sahnehäubchen ihrer Reise dürfte für Merkel jedoch der Besuch bei Königin Elizabeth II. gewesen sein.
In Corona-Zeiten ist eine persönliche Audienz bei der Queen eine Seltenheit und damit eine große Ehre für die scheidende Kanzlerin. Bislang hat die Monarchin ihre Audienzen während der Pandemie meist virtuell abgehalten.
Für Merkel ist es nicht der erste Besuch bei der Queen, in den Jahren 2008 und 2014 wurde sie ebenfalls empfangen. Ein Jahr später war die Königin zu Besuch in Berlin. Ihre Reise am Freitag dürfte ihr Abschiedsbesuch als Kanzlerin in Großbritannien sein. Bei der Bundestagswahl Ende September tritt Merkel nicht mehr an.
Für Queen Elizabeth II. ist hingegen auch nach 69 Jahren auf dem Thron kein Ende in Sicht: Die Monarchin hatte wiederholt versprochen, ihrem Land bis zum Ende ihres Lebens als Königin dienen zu wollen. (best/dpa)
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